SPD nickte Saudi-Waffenexporte ab
Gespielte Empörung über unlautere G36-Sturmgewehr-Lizenz-Vergabe von Heckler&Koch
Von René Heilig *
Wenn die politische Klasse sich zum Urlaub verabschiedet, dann nimmt sie zumeist auch einige unbequeme Themen mit, um sie im Sommerloch zu versenken. So ist das auch mit dem Thema deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien.
Kaum war der Aufbau einer »Mauer« durch EADS und die Ausbildung der saudi-arabischen Grenzwächter durch die Bundespolizei bekannt geworden, da »flüsterten« Insider, dass deutsche Rüstungsfirmen 200 deutsche Leopard A2A7-Panzer nach Saudi-Arabien liefern wollen und dazu die Zustimmung der Bundesregierung vorliege. Bei entsprechenden Vergleichstests hat sich der Tank, der für den Kampf in urbanem Gelände optimiert wurde, hervorgetan. Es gab im Bundestag eine erhitzte Debatte über den Deal, denn die komplette Opposition meinte zu Recht, das Fürstenregime in Riad könne keineswegs die Gewähr dafür bieten, dass die Tanks nicht zur Aufstandsbekämpfung in Saudi-Arabien oder in benachbarten Ländern eingesetzt werden.
So rasch die Debatte aufgekommen ist, so rasch versiegte sie. Lediglich ein paar Vertreter der Linksfraktion und der Grünen bekunden weiteres Interesse. Christian Ströbele trug Ende Juli ein Organstreitverfahren zu den Verfassungsrichtern nach Karlsruhe, dem sich zwei weitere Grüne angeschlossen haben. Sie fordern, dass die Bundesregierung zumindest ihrem Auskunftsrecht gegenüber Abgeordneten nachkommt.
Ins Sommerloch verschieben will die Regierung auch einen Rüstungsdeal des Handfeuer-Waffenherstellers Heckler&Koch. Wie ND bereits mehrfach berichtete, vergab die Firma die Lizenz zur Herstellung ihres Sturmgewehres G36 an den langjährigen Partner MIC im saudischen Al Kharj. Dort wird bereits seit Jahren der deutsche Heckler&Koch-Exportschlager G3 produziert und in alle Welt verkauft.
Der Export in Drittstaaten ist zwar offiziell illegal, doch seit Langem als zusätzliche Einnahmequelle Praxis. Vor allem werden Länder beliefert, deren demokratisches Wesen so unterentwickelt ist, dass man direkte deutsche Waffenexporte scheut. Was beim G3 üblich ist, wird beim G36 nicht anders sein. Das ARD-Politikmagazin »Kontraste« berichtete am Donnerstag, dass MIC das G36 bereits auf einer Waffenmesse präsentiert hat. SPD-Fraktionsvizechef Gernot Erler sprach von einem »empörenden Vorgang«, der aufgeklärt werden müsse. »Wenn Waffen aus deutscher Produktion angeboten werden auf dem internationalen, unkontrollierten Waffenmarkt, dann ist das ein so starker Verstoß gegen die Richtlinie, dass eine grundsätzliche Diskussion über die Lizenzvergabe angestoßen wird.«
Erler sollte mal in seiner Partei nachfragen, wann der Aufbau der G36-Gewehrfabrik genehmigt worden ist. Hilfsmittel ist die Bundestagsdrucksache 17/1333, der Rüstungsexportbericht 2008. Damals regierte Schwarz-Rot und genehmigte unter anderem den Export von »Herstellungsausrüstungen für Handfeuerwaffen« sowie »Herstellungsteile für Munition«. nach Saudi-Arabien.
Da solche sensiblen Exporte vom Bundessicherheitsrat abgesegnet werden müssen, sollten sich neben Merkels CDU-Ministern die damaligen Mitglieder des Gremiums Frank-Walter Steinmeier (Außenminister), Peer Steinbrück (Finanzen) und Heidemarie Wieczorek-Zeul (wirtschaftliche Zusammenarbeit) an ihr Okay zum Rüstungsdeal mit dem Folterregime erinnern. Alle drei sitzen heute noch im Bundestag und zumindest die zwei Herren gieren schon wieder nach Regierungsfunktionen.
* Aus: Neues Deutschland, 13. August 2011
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