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Deutsche Waffen bestimmen den Trend

BICC-Jahresbericht: Stetige Zunahme der Rüstungsexporte / Lieferung in Spannungsgebiete

Von Olaf Standke *

Einen ungebrochenen Trend steigender deutscher Rüstungsexporte hat der soeben vorgelegte Jahresbericht 2010 [externer Link!] des Internationalen Konversionszentrums Bonn (BICC) konstatiert.

Das renommierte Bonner Institut, das »als international anerkannter 'Think Tank' einen aktiven Beitrag zur Konfliktlösung und -prävention leisten will«, wie es BICC-Direktor Peter J. Croll formuliert, analysiert seit Jahren systematisch und kritisch deutsche Rüstungsexporte auf Grundlage des EU-Verhaltenskodex. Wie die Friedens- und Konfliktforscher belegen, haben die Ausfuhren deutscher Waffensysteme in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Erteilte die Bundesregierung etwa im Jahr 2007 Einzelausfuhrgenehmigungen im Wert von 3,67 Milliarden Euro, stieg diese Zahl 2008 auf 5,78 Milliarden Euro.

Der BICC-Report nennt hier insbesondere Lieferungen deutscher Leopard-Panzer nach Chile und Brasilien sowie die zahlreichen U-Boot-Exporte in verschiedene Staaten. So verdeutliche auch der Ende 2008 geschlossene Vertrag zwischen der HDW-Werft und Südkorea über den Kauf weiterer sechs U-Boote des Typs 214 die besondere Stellung deutscher Unternehmen bei konventionell betriebenen U-Booten.

Mehr über den BICC-Jahresbericht:

Rüstungsexporte und globale Militarisierung im Brennpunkt
BICC wartet mit einer neuen Datenanalyse zur Politikberatung auf - Auszug aus dem Jahresbericht 2009/2010



Dabei zeige sich, dass viele Rüstungsgüter nicht nur in EU- und NATO-Staaten, sondern auch in Drittstaaten exportiert werden, die als »bedenklich« eingestuft werden müssen. Unter ihnen befinden sich zudem Empfänger offizieller Entwicklungshilfe aus Berlin, wie Pakistan, Angola oder Sudan.

Die größten Abnehmer deutscher Waffenlieferungen im Jahr 2008 außerhalb von EU und NATO waren jedoch Südkorea (1,87 Milliarden Euro), Singapur (339 Millionen Euro), Saudi-Arabien (170,4 Millionen Euro) sowie die Vereinigten Arabischen Emirate (142 Millionen Euro). Auf Grundlage der vom BICC bereit gestellten Datenbank lässt sich nachweisen, dass in den vergangenen Jahren in über 40 Länder Rüstungsgüter verkauft wurden, deren Menschenrechtssituation als kritisch eingestuft wird. Das betrifft vor allem den Nahen und Mittleren Osten - laut BICC-Analysen die weltweit am stärksten militarisierte Region - Lateinamerika sowie Südostasien.

In all diesen Gebieten haben umfassende Waffenlieferungen - nicht nur aus Deutschland - zur regionalen Instabilität beigetragen und die regionale Sicherheitskooperation erschwert. Der Bericht erinnert unter anderem an die andauernde Debatte über den geplanten U-Boot-Transfer nach Pakistan, der vor dem Hintergrund des fortgesetzten Konflikts und der schlechten Menschenrechtsstandards in diesem Land selbst sowie angesichts der Spannungen mit dem Nachbarn Indien aus entwicklungspolitischer und konfliktsensitiver Sicht nur schwer nachvollziehbar sei.

* Aus: Neues Deutschland, 2. Juli 2010


Der falsche Trend

Von Olaf Standke **

Glaubt man Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), werden deutsche Rüstungsexporte in Entwicklungsländer grundsätzlich sehr restriktiv gehandhabt. Der Bundessicherheitsrat genehmige solche Exporte nur im Einzelfall. Sie summieren sich offensichtlich. Das renommierte Internationale Konversionszentrum in Bonn (BICC) hat in seinem gerade vorgelegten Jahresbericht 2010 einen ungebrochenen Trend stetig wachsender deutscher Rüstungsexporte nachgewiesen. Die Kollegen vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI platzieren die Bundesrepublik bei schweren konventionellen Waffen hinter den USA und Russland inzwischen schon auf Platz 3 der globalen Hitliste der Todeshändler. Kein anderer der weltweit führenden Waffenlieferanten hat in der vergangenen Dekade derart zugelegt wie Deutschland, allein in den letzten fünf Jahren haben sich die Exporte verdoppelt.

Aber nicht nur das. Was den Friedens- und Konfliktforschern vom BICC zusätzliche Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass das begehrte Kriegsgerät nicht nur in EU- und NATO-Staaten, sondern auch in solche Drittstaaten exportiert wird, die als sicherheitspolitisch »bedenklich« gelten. Deutschland hat in den vergangenen Jahren in mehr als 40 Staaten Rüstungsgüter verkauft, obwohl deren Menschenrechtssituation als kritisch eingestuft wird. Und man scheute und scheut auch nicht vor Waffenlieferungen in Spannungs- und Kriegsgebiete zurück, etwa nach Pakistan oder in den Nahen Osten, die laut Analysen am stärksten militarisierte Region der Welt. Diese Fakten zeigen, wie restriktiv man in Berlin wirklich vorgeht. Völlig unzureichend nämlich.

** Aus: Neues Deutschland, 2. Juli 2010 (Kommentar)


Export-Nationalismus

Von Fabian Lambeck ***

Die Exporte ziehen wieder an und die Arbeitslosenquote sinkt: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sieht die Republik auf dem richtigen Weg. Deutschland sei wieder da, tönte der sonst oft unbedarft und blass wirkende Ressortleiter in seiner Regierungserklärung am Donnerstag. Und weil der Aufschwung endlich da sei, könne man nun auf staatliche Konjunkturprogramme verzichten und das Haushaltdefizit durch eisernes Sparen verringern, so die schlichte Logik des Ministers. Dabei ignoriert er die Bitten ausländischer Staatschefs, wonach der Export-Europameister doch endlich seine schwache Binnennachfrage stärken möge - auch mit Hilfe von kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen und vor allem durch Lohnerhöhungen.

Doch Deutschland bleibt seiner wirtschaftsnationalistischen Linie treu. In den vergangenen zwölf Jahren haben die Deutschen ihre Exportüberschüsse in der EU beinahe verdreifacht. Mittlerweile machen Ausfuhren schon die Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung aus. Mit dem nun von Brüderle bestätigten Ende der Konjunkturprogramme, die vor allem die Binnennachfrage ankurbelten, setzt Deutschland wieder einseitig auf den Export. Somit saniert man sich auf Kosten der Handelpartner - und der sozial Schwachen. Denn die Sparpläne der Regierung gehen vor allem zu Lasten der Armen. Das gerühmte Erfolgsmodell Soziale Marktwirtschaft ist längst einem asozialen Export-Nationalismus gewichen.

*** Aus: Neues Deutschland, 2. Juli 2010 (Kommentar)


Zu weiteren Beiträgen über Rüstung und Rüstungsexport

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