Globale Trends bei Verteidigungsausgaben, Streitkräftestärke, Waffeneinfuhren und Militarisierung
Zusammenfassung des BICC-Jahresberichts - Von Marc von Boemcken
Im Folgenden dokumentieren wir die Zusammenfassung des Jahresberichts 2008 des Bonner Internationalen Konversionszentrums (BICC) - allerdings ohne die Tabellen und Schaubilder. Der Gesamtbericht ist als pdf-Datei beim BICC herunterzuladen: BICC Jahresbericht 2008 (externer Link).
An anderer Stelle haben wir die Presseerklärung bei der Vorlage des Jahresberichts sowie den einleitenden Beitrag von Hans Blix dokumentiert.
Der Gesamttrend hin zu erneuter globaler Aufrüstung,
der Ende der 1990er Jahre begann und nach
den Terroranschlägen des 11. September 2001 einen
markanten Anstieg zeigte, setzte sich auch im gesamten
Jahr 2006 – dem letzten Jahr, für das umfassende
Zahlen vorliegen – fort. Zwischen 2001 und 2006 nahmen
die weltweiten Militärausgaben real um etwa 30
Prozent zu. Für 2006 beliefen sie sich auf
geschätzte 1,179 Billionen US-Dollar, berechnet auf der
Basis internationaler Marktwechselkurse zu konstanten
Preisen von 2005. Fast die Hälfte des Gesamtbetrags
entfi el auf die Verteidigungsausgaben der USA, die sich
auf insgesamt 528 Milliarden US-Dollar beliefen.[1] Die
kontinuierliche Erhöhung des US-Verteidigungshaushalts
in den vergangenen sechs Jahren war somit für einen
beträchtlichen Teil des Gesamtanstiegs der weltweiten
Verteidigungsausgaben im selben Zeitraum verantwortlich.
Aber auch unabhängig von den USA haben
die Verteidigungsausgaben weltweit zwischen 2001
und 2006 zugenommen, wenn auch nur mit einer relativ
niedrigen Zuwachsrate von ca. 15 Prozent. Von den 171
Staaten, die vom BICC untersucht wurden, haben 69
ihren Verteidigungshaushalt in den letzten Jahren deutlich
erhöht, während nur in 22 Ländern eine spürbare
und dauerhafte Senkung der Militärausgaben festzustellen
war.
In der OECD lagen die Militärausgaben etwa neunmal
so hoch wie die Ausgaben für die staatliche Entwicklungszusammenarbeit.
Während sich die offi zielle Entwicklungshilfe
(ODA) 2006 auf 104 Milliarden US-Dollar
belief, wendeten die 30 OECD-Mitgliedstaaten 891 Milliarden
US-Dollar für die Verteidigung auf.
Neben den USA hatten folgende Staaten 2006 die größten
Militärhaushalte: Großbritannien (59 Milliarden USDollar),
Frankreich (53 Milliarden US-Dollar), China (50
Milliarden US-Dollar) und Japan (44 Milliarden US-Dollar).
Es ist allerdings zu beachten, dass diese Zahlen anhand
von Marktwechselkursen errechnet wurden und ausschließlich
die staatlichen Mittelzuweisungen erfassen,
die überwiegend an die Verteidigungsministerien flossen.
Somit repräsentieren diese Zahlen nicht unbedingt
die tatsächlichen Mittel, die den Militärapparaten zur
Verfügung standen, und sie spiegeln auch nicht immer
deren relative Größe und Kapazität wider. So sind z.B. in
den oben genannten Verteidigungsausgaben der USA
die für den „Krieg gegen den Terrorismus“ aufgewandten
Ressourcen, die in erster Linie durch außerplanmäßige
Sonderzuweisungen bereit gestellt werden, nicht enthalten
(2006 waren dies etwa 120 Milliarden US-Dollar).
Außerdem sind viele Militärapparate – allen voran die
chinesische Volksbefreiungsarmee – unternehmerisch
tätig, wobei die erwirtschafteten Profite dem offiziellen
staatlichen Haushalt in der Regel nicht zugeschlagen
werden. Das Gleiche gilt für Indonesien, wo die offi ziellen
Verteidigungsaufwendungen der Regierung Schätzungen
zufolge lediglich ein Drittel der gesamten Mittel
des Militärs ausmachen.
Um Vergleiche zwischen den Verteidigungshaushalten
zweier oder mehrerer Staaten zu ermöglichen, ist
es sinnvoll, die Militärausgaben in BIP-Kaufkraftparität
(PPP) auszudrücken. Das gilt besonders dann, wenn die
betreffenden Staaten über eine große eigene Rüstungsindustrie
verfügen. Allerdings sind die so gewonnenen
Daten auf grobe Schätzungen angewiesen und daher
nicht sehr zuverlässig. Am Beispiel Chinas wird das deutlich:
Berücksichtigt man PPP-Schätzwerte und Einkünfte,
die das Militär selbst erwirtschaftet, so belaufen sich die
Militärausgaben Chinas auf wesentlich mehr als die offiziellen 50 Milliarden US-Dollar. Die Zahlen variieren hier je nach Datenquelle von 117 Milliarden US-Dollar bis 188 Milliarden US-Dollar.
Militärausgaben nach Regionen
Wenngleich bei den globalen Militärausgaben insgesamt
eine Zunahme festzustellen war, zeigten sich bei
regionaler Betrachtung deutliche Unterschiede. Die Regionen
mit den weitaus höchsten Ausgaben in absoluten
Zahlen waren Nordamerika und Westeuropa. Während jedoch die Verteidigungsausgaben in Nordamerika von 2001 bis 2006 um 52 Prozent
stiegen – was die höchste Zuwachsrate weltweit bedeutet
– nahmen sie in Westeuropa im selben Zeitraum
nur um vier Prozent zu. Damit war Westeuropa weltweit
die Region mit der geringsten Steigerungsrate. Tatsächlich
sind die Militärausgaben hier seit 2004 sogar gesunken,
was in erster Linie auf Kürzungen in den Wehretats
Deutschlands und Italiens zurückzuführen ist (siehe Kasten
zu Rüstungstrends in Deutschland).
In den Regionen Zentral- und Südasien, Ost- und Südostasien,
Nahost/Nordafrika und Osteuropa/Kaukasus/
Russland stiegen die Militärausgaben seit 2001 im
Durchschnitt um 25 bis 30 Prozent.
Der Zuwachs der Verteidigungsausgaben in Südasien
ist vor allem dem anhaltenden indisch-pakistanischen
Konflikt über die Kaschmir-Region zuzuschreiben. Trotz
Waffenstillstand von 2003 versuchsweise initiiert wurden,
geht das Wettrüsten weiter, und beide Seiten bauen
ihre Streitkräfte beständig aus.
Zunehmende Aufrüstung als Folge regionaler Spannungen
ist auch in Teilen Ost- und Südost asiens zu beobachten,
wo insbesondere China, Südkorea, Indonesien,
Malaysia und Singapur einen wachsenden Anteil ihrer
Ressourcen für den Ausbau ihres Militärs einsetzen. Insbesondere
die Militärausgaben Chinas sind mehreren
Quellen zufolge zwischen 2001 und 2006 um 77 Prozent
gestiegen, doch ist die genaue Zahl aufgrund mangelnder
Transparenz wie gesagt umstritten. China hat
Taiwan 2007 erneut mit einem militärischen Angriff für
den Fall gedroht, dass es sich für unabhängig erklären
sollte.
Regionale Instabilität im Nahen Osten hat eine Reihe von
Ländern in der Region dazu veranlasst, ihre militärischen
Kapazitäten auszubauen. Vor allem der Iran und Saudi-
Arabien wetteifern mit militärischen Machtprojektionen
um regionalen Einfl uss. Eine deutliche Zunahme der
Verteidigungsausgaben war auch in Kuwait und
Oman zu beobachten. Seit 2001 hat sich kein einziges
Land in der Region ernsthaft darum bemüht, seine
Militärausgaben nachhaltig zu reduzieren.
Ein uneinheitlicheres Bild bietet sich in Osteuropa. Auf
der einen Seite haben die russischen Militärausgaben
von 2001 bis 2006 beträchtlich zugenommen. In Reaktion auf die Pläne der Vereinigten Staaten, in Osteuropa
ein Raketenabwehrsystem aufzustellen, erklärte
Russland 2007 seine Absicht, die Militärausgaben im
Laufe der kommenden Jahre weiter zu erhöhen. Auf
der anderen Seite haben einige osteuropäische Länder
ihre Verteidigungsetats seit 2001 verkleinert. Am deutlichsten
ist dies auf dem Balkan, wo Bosnien-Herzegowina,
Kroatien, Serbien, Mazedonien und Albanien ihre
Militärhaushalte um insgesamt fast 30 Prozent reduziert
haben. Kroatien, Mazedonien und Albanien vollziehen
derzeit weit reichende Verteidigungsreformprozesse,
die darauf abzielen, kleine, moderne, effektive und einsatzfähige
Berufsstreitkräfte zu schaffen.
Mit Ausnahme Australasiens sind die Regionen, die dem
Militär die geringsten Ressourcen zuwenden, gleichzeitig
die ärmsten, was die wirtschaftliche und menschliche
Entwicklung angeht. Sowohl in Lateinamerika als auch in
Subsahara-Afrika wurden die Militäretats zwischen 2001
und 2006 im Durchschnitt lediglich um zehn Prozent aufgestockt.
Während die Verteidigungsausgaben in Kolumbien
und Chile deutlich zugelegt haben, stehen Guatemala,
El Salvador, die Dominikanische Republik und Uruguay
offenbar in einem langfristigen Prozess der Kürzung
ihrer Verteidigungsetats. In Afrika südlich der Sahara hat
Liberia seine Verteidigungsausgaben nach dem Ende
des Bürgerkriegs 2003 im Zuge eines umfassenden Demobilisierungsprogramms
deutlich verringert.
Militärausgaben und Entwicklungsstand
Die Verteidigungsausgaben der verschiedenen Länder
weisen Unterschiede auf, die hier mit ihrem allgemeinen
Entwicklungsstand in Zusammenhang gebracht
werden. Staaten, denen das Entwicklungsprogramm
der Vereinten Nationen (UNDP) ein hohes Niveau
menschlicher Entwicklung bescheinigt, steigerten
ihre Militärausgaben von 2001 bis 2006 um insgesamt
29 Prozent (wird der US-Verteidigungshaushalt
ausgeklammert, waren es allerdings nur sieben Prozent).
Im Vergleich dazu nahmen die Militärausgaben in
Ländern mit mittlerem Niveau menschlicher Entwicklung
im selben Zeitraum wesentlich stärker zu, nämlich um
50 Prozent. Die kleinste Zuwachsrate zeigten Staaten
mit geringer menschlicher Entwicklung. Hier stiegen die
Verteidigungsetats zwischen 2001 und 2006 lediglich
um acht Prozent.
Abgesehen von den Vereinigten Staaten sind es große
aufstrebende Schwellenländer mit rasch wachsenden
Volkswirtschaften, wie z.B. China, Indien, Indonesien
und Pakistan sowie Russland, in denen sich der aktuelle
globale Trend zur Aufrüstung am
deutlichsten zeigt. Im Gegensatz
dazu sind die Militärausgaben in
den hoch industrialisierten und
wohlhabenden Ländern, insbesondere
in Westeuropa, im Wesentlichen
gleich bleibend oder
sogar rückläufig.
Auch in den ärmsten Ländern
spiegelt sich der weltweite Anstieg
der Verteidigungsetats nicht
in vergleichbarer Weise. Damit
ist jedoch nicht ausgeschlossen,
dass in einem großen Teil der am
wenigsten entwickelten Regionen
dieser Erde die menschliche Entwicklung
durch exzessive Militärausgaben ernsthaft beeinträchtigt wird. So stellen z.B.
die Regierungen in Zentralasien und in einigen Ländern
Subsahara-Afrikas mehr Ressourcen für das Militär als für
das Gesundheitswesen bereit.
Globale Trends in der Personalstärke der Streitkräfte und der paramilitärischen Kräfte
Trotz der globalen Zunahme der Militärausgaben
ist die Zahl der bei den regulären Streitkräften und
paramilitärischen Kräften beschäftigten Personen seit
2001 leicht rückläufig. 2006 standen
Schätzungen zufolge 27,73 Millionen Menschen im
Dienst nationaler Streitkräfte, was gegenüber 2001 einen
Rückgang um rund zwei Prozent bedeutet.[2] Das legt
den Schluss nahe, dass zusätzliche Finanzmittel in erster
Linie dazu verwendet werden, neue Waffensysteme zu
beschaffen und/oder vorhandene zu modernisieren.
Militärisches und paramilitärisches Personal nach Regionen
Die höchste Zahl von Soldaten steht in Ostasien in
Dienst, vor allem in China, das gemessen an personeller
Stärke weltweit die größten Streitkräfte unterhält. China plant jedoch seine Streitkräfte zu verkleinern und gleichzeitig die Ausbildung und Ausrüstung
zu verbessern. Eine weitere deutliche Zunahme
war in Indonesien zu beobachten, nämlich von 492.000
Soldaten im Jahr 2001 auf 582.000 im Jahr 2006. Doch
auch nach dieser personellen Verstärkung haben die
indonesischen Streitkräfte weiterhin große Mühe, in diesem
territorial großen Staat für Stabilität zu sorgen. Auch
2007 waren gewaltsame Zusammenstöße zwischen
Muslimen und Christen in vielen Gebieten Indonesiens
immer noch an der Tagesordnung.
Entgegen dem allgemeinen globalen Trend zum Truppenabbau
war in Zentral- und Südasien, Lateinamerika
und Nordamerika eine Zunahme der regulären Truppen
und/oder paramilitärischen Kräfte um durchschnittlich
vier bis acht Prozent zu beobachten. Die bedeutendste
Zunahme war sicherlich die Aufstockung der US-Streitkräfte
von 1,48 Millionen Soldaten 2001 auf 1,58 Millionen
2006 zur Deckung des zusätzlichen Personalbedarfs
für die großen Auslandseinsätze im „Krieg gegen den
Terrorismus“.
In den Ländern des Nahen Ostens ist die Truppenstärke
zwischen 2001 und 2006 um rund vier Prozent zurückgegangen.
Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung
war natürlich die Auflösung der irakischen Streitkräfte
nach der Invasion durch die Vereinigten Staaten 2003.
Im Gegensatz dazu hat jedoch eine beträchtliche Zahl
anderer Länder in der Region ihren Militärapparat stetig
ausgebaut. Ein Beispiel hierfür ist Saudi-Arabien: Im Rahmen
der allgemeinen Aufrüstung des Landes sind die
Streitkräfte von 2001 bis 2006 von 217.000 auf 241.000
verstärkt worden.
In Europa dagegen ging der Trend hin zu einer Verkleinerung
der Streitkräfte. In Westeuropa nahm die Zahl
der Soldaten zwischen 2001 und 2006 um neun Prozent
ab, in erster Linie aufgrund des Truppenabbaus in
Deutschland und Großbritannien (siehe Kasten zu Rüstungstrends
in Deutschland). Die deutlichste Reduzierung
der Streitkräfte fand allerdings in Osteuropa statt,
wo die Truppenstärke infolge der Demobilisierung auf
dem Balkan (Bosnien-Herzegowina, Kroatien) und den
Verteidigungsreformprogrammen der neuen NATO-Mitglieder
um 15 Prozent zurückging.
In Subsahara-Afrika führten Demobilisierungsprogramme
in Liberia, der Demokratischen Republik Kongo,
Äthiopien und Angola ebenfalls zu einem Abbau der
Truppenstärke um insgesamt zwölf Prozent.
Trends bei Waffeneinfuhren nach Regionen 2001 bis 2006
Die wertmäßig größte Menge an Waffen – in absoluten
Zahlen – wurde zwischen 2001 und 2006 nach Ostasien
und in den Nahen Osten exportiert. In diesem Zeitraum war China mit Einfuhren von Waffensystemen im Wert von rund 26,680 Milliarden US-Dollar – in erster Linie Kampfflugzeugen aus Russland – der größte Waffenimporteur weltweit. Russland exportierte auch Flugzeugtechnologie nach Laos, das
zwischen 2001 und 2006 mehr als 50 Prozent seiner
gesamten Militärausgaben für die Waffenbeschaffung
auf dem internationalen Markt einsetzte. Die kommunistische Regierung von Laos steht in einem langjährigen Konflikt mit royalistischen Kräften
der Volksgruppe der Hmong. Laut Berichten von
Menschenrechtsbeobachtern ist es in diesem Konfl ikt
während des Jahres 2007 zu mehreren organisierten
Angriffen des laotischen Militärs gegenüber Zivilisten
gekommen.
Im Nahen Osten wandten die Vereinigten Arabischen
Emirate (VAE) mehr Geld für Waffeneinfuhren auf als
jedes andere Land der Region, seit 2001 insgesamt
10,810 Milliarden US-Dollar. Die wichtigsten Lieferanten
der VAE waren Frankreich und die Vereinigten Staaten,
von denen in erster Linie Flugkörper und Kampfflugzeuge
bezogen wurden.
Innerhalb Europas war Griechenland der bei weitem
größte Waffenimporteur. Seit 2001 hat das Land
Waffen im Wert von rund 11,870 Milliarden US-Dollar
hauptsächlich aus Frankreich und den USA (Flugkörper,
Kampfhubschrauber, Flugzeuge) sowie aus Deutschland
(überwiegend Panzer) bezogen. An zweiter und dritter
Stelle lagen Großbritannien (Importe im Wert von 5,060
Milliarden US-Dollar) und Italien (3,299 Milliarden USDollar),
wobei die meisten Einfuhren beider Länder aus
den Vereinigten Staaten kamen. Im Gegensatz dazu
tätigten die Streitkräfte Frankreichs und Deutschlands
weitaus weniger Waffenimporte, zwischen 2001 und 2006
machten sie lediglich 0,1 bzw. 0,5 Prozent der gesamten
Verteidigungsausgaben dieser beiden Länder aus.
Ebenso wie die USA beziehen diese Länder ihre Waffen
in erster Linie von der einheimischen Rüstungsindustrie
und weniger von ausländischen Herstellern.
In Südasien wurden die meisten Waffen von Indien –
dem mit Importen im Wert von 16,59 Milliarden US-Dollar
zweitgrößten Waffenimporteur weltweit – und Pakistan
(3,666 Milliarden US-Dollar) eingeführt. Während
Russland der bei weitem wichtigste Waffenlieferant
für Indien war, bezog Pakistan den größten Teil seiner
Rüstungsimporte aus China. Allerdings erhielten beide
Länder auch beträchtliche Waffenlieferungen aus
Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ungeachtet
des EU-Verhaltenskodexes für Waffenexporte von 1998,
der den Export von Waffen verbietet, wenn die Gefahr
besteht, dass sie zur Destabilisierung einer Region
beitragen könnten (Kriterium 4), beliefen sich die
Waffenexporte aus der EU von 2001 bis 2006 nach Indien
auf rund 1,876 Milliarden US-Dollar und nach Pakistan
auf rund 1,076 Milliarden US-Dollar. Pakistan schloss 2007
außerdem mit Deutschland einen Beschaffungsvertrag
im Wert von 1,2 Milliarden Euro über drei U-Boote des
Typs U-214 ab.
In Lateinamerika wurden die meisten Waffen nach Chile
geliefert, das Waffensysteme im Wert von insgesamt
2,882 Milliarden US-Dollar importierte – hauptsächlich UBoote
(aus Frankreich und Spanien) und Fregatten (aus
den Niederlanden und Großbritannien).
In Subsahara-Afrika hat Südafrika ebenfalls beträchtliche
Mittel in die Modernisierung seiner Seestreitkräfte
investiert. Mit den seit 2001 getätigten U-Boot- und Fregattenimporten
aus Deutschland war es in absoluten
Zahlen der größte Waffenimporteur auf dem afrikanischen
Kontinent.
Relativ gesehen hat vor allem Eritrea enorme Ressourcen
für die Rüstungsbeschaffung aufgewandt. Zwischen
2001 und 2006 machten Waffenimporte de facto über
70 Prozent der gesamten Militärausgaben des Landes
aus. Fast alle eritreischen Waffenimporte
waren russischer Herkunft, wobei es sich hauptsächlich
um Kampfflugzeuge handelte. Angesichts der
2007 erneut verstärkten Spannungen im Grenzkonfl ikt
zwischen Eritrea und Äthiopien sind diese massierten
Waffenkäufe eine äußerst Besorgnis erregende Entwicklung.
Globale Militarisierung
2006 belief sich der Anteil der weltweiten Militärausgaben
an der Gesamtsumme des Bruttoinlandsprodukts
auf 2,7 Prozent; die Verteidigungsausgaben pro Kopf
betrugen weltweit 180 US-Dollar. Das zahlenmäßige
Verhältnis von Zivilisten zu Soldaten lag weltweit bei 251
zu 1. Allerdings variierte der Grad der
Militarisierung von Region zu Region gewaltig.
Im Hinblick auf die Verteidigungsausgaben als Anteil
des BIP und die Zahl der Bürger je Soldat war der Nahe
Osten die am stärksten militarisierte Region der Welt.
Dies ist besonders auffällig in Syrien, Oman und Saudi-
Arabien. Im Gegensatz dazu wiesen
Subsahara-Afrika ebenso wie Lateinamerika die geringsten
Militärkapazitäten im Verhältnis zum BIP und zur
Zahl der Bürger auf. Dennoch zeigten einige Länder insbesondere
in Subsahara-Afrika, wie z.B. Angola, Burundi
oder Guinea-Bissau, einen Militarisierungsgrad, der weit
über dem Weltdurchschnitt lag. In Eritrea betrug das
Verhältnis Bürger zu Soldaten 14:1.
Fußnoten-
Diese Zahl beinhaltet nicht nur den Etat des US-Verteidigungsministeriums,
sondern auch militärbezogene Ausgaben anderer
staatlicher Organe, insbesondere des Energieministeriums.
- In dieser Zahl werden nur staatliche Streitkräfte berücksichtigt.
Personen, die bei nicht staatlichen bewaffneten Gruppen in
Dienst stehen oder beschäftigt sind, sind nicht erfasst.
Wieder steigende Rüstungsausgaben in Deutschland seit 2006
Die Militärausgaben Deutschlands sind im europäischen
Vergleich eher gering und im Zeitraum zwischen
2001 und 2006 um insgesamt etwa neun Prozent gesunken.
Obgleich in absoluten Zahlen an dritter Stelle hinter
Frankreich und Großbritannien, belief sich der bundesdeutsche
Verteidigungshaushalt relativ zum Bruttoinlandsprodukt
2006 auf 1,3 Prozent und lag damit deutlich
unter dem westeuropäischen Durchschnitt von 1,7
Prozent.
2006 setzte jedoch eine Trendwende in der deutschen
Rüstungspolitik ein: die Militärausgaben begannen wieder
zu steigen – zunächst von 27,87 Milliarden Euro 2006
auf 28,4 Milliarden Euro 2007. Das neue Haushaltsgesetz,
welches am 30. November 2007 vom Bundestag
beschlossen wurde, sieht für das Jahr 2008 im „Einzelplan
14“ einen Verteidigungsetat von 29,45 Milliarden
Euro vor. Die schrittweise Erhöhung der deutschen Rüstungsausgaben
soll offenbar auch in der künftigen Finanzplanung
fortgesetzt werden und bis zum Jahr 2010
die 30-Milliarden-Marke überschreiten.
Steigende Investitionen bei sinkenden Betriebsausgaben
Überdies zeichnet sich eine Verschiebung bei der Verwendung
der Ausgaben aus. Die Mittel für den rüstungsinvestiven
Bereich stiegen zwischen 2007 und 2008 um
1,3 Prozent. Es wird beabsichtigt, die Investitionsquote
des Verteidigungshaushalts von derzeit etwa 25 Prozent
bis 2012 auf 30 Prozent zu erhöhen. Parallel zur Investitionssteigerung
sinkt der Anteil der Betriebsausgaben im
Etat. Einsparungen können hier insbesondere im Personalbereich
gemacht werden. Der Personalbestand der
Bundeswehr hat zwischen 2001 und 2008 um etwa 20
Prozent abgenommen, nämlich von 308.400 Soldaten
(2001) auf 244.800 Soldaten (2008). Dies konnte u.a. dadurch
erreicht werden, dass immer mehr Funktionen,
vor allem im Logistik-, Instandsetzung- und IT-Bereich, an
private Unternehmen ausgelagert wurden.
Die Erhöhung der Gesamtausgaben bei gleichzeitigen
Einsparungen in den laufenden Betriebsausgaben soll
zum einen dazu beitragen, die teuren Auslandseinsätze
der Bundeswehr auch weiterhin finanzieren zu können.
Anfang 2008 beteiligte sich die Bundeswehr mit
insgesamt etwa 6.640 Soldaten an acht Einsätzen im
Ausland. Die größten davon waren die ISAF-Mission in
Afghanistan (3.350 Soldaten) sowie der KFOR-Einsatz im
Kosovo (2.200 Soldaten). Die Kosten für diese Einsätze
belaufen sich auf etwa eine Milliarde Euro jährlich und
waren in der Vergangenheit meist deutlich teurer als ursprünglich
in der Haushaltsplanung vorgesehen.
Gleichzeitig soll die Erhöhung der Investitionsausgaben
die Beschaffung neuer bzw. Modernisierung bereits
vorhandener Waffensysteme fi nanzieren. So plant das
Heer die Anschaffung von 272 gepanzerten Transportfahrzeugen
„Boxer“ für 891 Millionen Euro. Mit der Herstellung
ist die ARTEC GmbH in München beauftragt,
die u.a. auch den deutschen Rüstungsunternehmen
Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall gehört. Ebenso
wurden für 2,2 Milliarden Euro vier Fregatten vom Typ
125 sowie für 864 Millionen Euro zwei U-Boote der Klasse
212A bestellt, die bis 2012/2013 ausgeliefert werden sollen.
An der Fertigung sind die Unternehmen Howaldtswerke-Deutsche Werft und die Nordseewerke beteiligt. An die deutsche Niederlassung der Eurocopter-Gruppe
ging schließlich der Auftrag, für zunächst 176,6 Millionen
Euro eine umfassende Modernisierung der CH-53 Transporthubschrauberfl
otte der Bundeswehr vorzunehmen.
Deutscher Rüstungsexport
Nicht nur das Verteidigungsministerium ist ein wichtiger
Kunde deutscher Rüstungsfirmen. Auch der Export deutscher
Rüstungsgüter ins Ausland hat 2006 beträchtlich
zugenommen. Zwar war der Wert der Kriegswaffenausfuhren
mit 1,3 Milliarden Euro gegenüber 1,6 Milliarden
Euro in 2005 rückläufi g. Der Wert der erteilten Einzel- und
Sammelausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter ist
hingegen von 6,2 Milliarden Euro (2005) auf 7,7 Milliarden
Euro (2006) gestiegen. Rüstungsexporte im Wert
von 933 Millionen Euro gingen 2006 in Entwicklungsländer.
Deutschland ist damit in der Europäischen Union
der größte, weltweit hinter den Vereinigten Staaten und
Russland der drittgrößte Exporteur von Rüstungsgütern.
mvb
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