Deutsche Waffen gehen in alle Welt – Rüstungsexportbericht der Bundesregierung ein "Offenbarungseid"
Pressemitteilung Des Bundesausschusses Friedensratschlag
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Rüstungsexportpolitik der rot-grünen Regierung katastrophal
- Deutscher Kriegswaffenexport auf Zehnjahreshoch
- Genehmigungen für Rüstungsgüterexport in sogenannte Drittländer auf
Höchststand
- Regierung verstößt systematisch gegen die eigenen Richtlinien
- Noch nie so viele Genehmigungen für Kleinwaffenexporte wie 2005 erteilt
- Verschrottung statt Export ausgedienter Kriegswaffen
Kassel/Hamburg, 28. September 2006 - Anlässlich der Veröffentlichung des
Rüstungsexportberichts 2005 durch die Bundesregierung stellen die
Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag Dr. Peter Strutynski
(Kassel) und Lühr Henken (Hamburg) fest:
Der von der Bundesregierung gestern (27. September) vorgelegte
Rüstungsexportbericht für das Jahr 2005 ist ein Offenbarungseid der
rot-grünen Vorgängerregierung. Das Ergebnis ist auf der ganzen Linie
katastrophal. Da die schwarz-rote Bundesregierung laut
Koalitionsvereinbarung an den Rüstungsexportbestimmungen festhalten
will, ist eine Fortsetzung des Waffenexportbooms zu befürchten.
Gegenüber dem Jahr 2004 stieg der deutsche Kriegswaffenexport um 44,3
Prozent (von 1,13 auf 1,63 Mrd. Euro) und erreichte damit den höchsten
Wert, seitdem die Regierung offizielle Zahlen herausgibt: seit 1996. Wir
stellen fest: Mit diesem höchsten Exportwert - zumindest der vergangenen
zehn Jahre - tritt die Regierung ihren eigenen Grundsatz, "ihre
Rüstungsexportpolitik restriktiv zu gestalten", mit Füßen. Wer
regierungsseitig in diesem Zusammenhang das Wort restriktiv in den Mund
nimmt, betreibt eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit.
Deutschland trug in den vergangenen zehn Jahr niemals mehr zur
internationalen Waffenschwemme bei wie 2005.
Auch die Erteilung von neuen Genehmigungen für die Ausfuhr von
"Rüstungsgütern", was Kriegswaffen und Ausrüstungen wie Elektronik und
militärische Bauteile einbezieht, in sogenannte Drittländer (d.h. in
Staaten außerhalb der EU, der NATO und der NATO-gleichgestellten Länder
Australien, Japan, Liechtenstein, Neuseeland und Schweiz) erreichte den
höchsten Wert seit 1996! Mit 1,655 Mrd. Euro lag er 2005 um 53,3 Prozent
über dem Vorjahrswert. Die Gruppe der Drittländer umfasst genau 93
Staaten. Darunter auch solche, die in Spannungsgebieten liegen, wie
Chile, Bolivien und Peru, Indien und Pakistan, Israel, Jemen, Jordanien,
Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen
Emirate, Kolumbien, Südkorea und Taiwan. Wir stellen fest, diese Exporte
dienen nicht der Entspannung in Konfliktregionen, sondern sie tragen
eher zu ihrer Verschärfung bei.
Die Praxis der Rüstungsexporte und –genehmigungen verstoßen auch noch
gegen zwei weitere zentrale Vorgaben der Rüstungsexport-Richtlinien der
Bundesregierung vom Januar 2000: Dort heißt es einmal, dass die
"Beachtung der Menschenrechte" für jede Exportentscheidung von
"hervorragender Bedeutung" ist; eine ähnliche Bestimmung enthält auch
der EU-Verhaltenskodex vom Juni 1998. Zum Zweiten verpflichtet sich die
Bundesregierung, nicht in Staaten zu liefern, die auf
Entwicklungshilfeleistungen angewiesen sind (Richtlinien Ziffer III,6).
Das Versprechen, in solchen Fällen "grundsätzlich nicht" zu liefern,
wird durch die Genehmigungspraxis geradezu ins Gegenteil verkehrt:
Grundsätzlich wird genehmigt und geliefert und nur ausnahmsweise wird
abgelehnt. Die Zahlen belegen das: Laut Exportbericht wurden 2005
insgesamt 11.855 Einzelanträge für die Ausfuhr von Rüstungsgütern
genehmigt, lediglich 58 wurden abgelehnt.
Ganz besonders negativ sticht die Bilanz der Genehmigungen von
Kleinwaffenexporten in Drittländer ins Auge. Bekanntlich führt das
Internationale Komitee vom Roten Kreuz 95 Prozent der Getöteten heutiger
Kriege auf den Einsatz von Kleinwaffen zurück. Hatten schon die Werte
für 2003 (8,59 Mio. Euro) und 2004 (8,17 Mio. Euro) das Doppelte der
Vorjahre betragen, bescherte das Jahr 2005 noch einmal eine satte
Steigerung um 53,8 Prozent auf 12,57 Mio. Euro!
Anstatt nicht mehr benötigtes Bundeswehrmaterial der Schrottpresse
zuzuführen und damit Arbeitsplätze zu schaffen, verkauft die Bundeswehr
das ausrangierte Kriegsgerät. Diese Art von Geschäft boomt in den
letzten Jahren. Der Wert liegt 2005 bei 87,8 Millionen Euro. Zwar sind
die Werte seit drei Jahren rückläufig, aber immerhin ist es immer noch
der dritthöchste Wert in den sieben Jahren seit 1999. Wir bekräftigen
unsere Forderung nach Verschrottung alten Bundeswehrmaterials statt
diese Kriegswaffen zu exportieren.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken, Hamburg
Peter Strutynski, Kassel
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