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1753 Milliarden Dollar für den Krieg

Die reichen Länder geben deutlich mehr fürs Militär als für Entwicklungshilfe aus

Von Olaf Standke *

Nach Berechnungen des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstitutes SIPRI investierte die Menschheit im Vorjahr 1753 Milliarden Dollar (1,33 Billionen Euro) und damit etwa 2,5 Prozent ihres Wirtschaftsvermögens in Rüstungsgüter und Soldaten. Das war zwar ein Rückgang um 0,5 Prozent gegenüber 2011, doch seien die Militärhaushalte aller Staaten mehr als zwei Jahrzehnte nach Ende des Ost-West-Konflikts noch immer wesentlich größer als auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Die Daten des Instituts umfassen nach eigenen Angaben alle Ausgaben im Verteidigungssektor. Neben den Kosten für Waffen und andere Ausrüstung schließe das auch jene für den Bau von Infrastruktur, für Forschung sowie die Personal- und Verwaltungskosten mit ein.

Auffallend dabei ist, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise mit ihren Sparzwängen und der begonnene Rückzug aus Afghanistan vor allem in den USA und den europäischen NATO-Ländern zu leichten Reduzierungen der Kriegsetats führte, während in anderen Regionen sogenannte Schwellenländer oftmals ihre Militärausgaben ebenso erhöht haben wie Staaten in Konfliktgebieten. So fallen Nordafrika (plus 7,8 Prozent), der Nahe Osten (plus 8,3) und hier vor allem Saudi-Arabien (plus zwölf) und Kuwait (plus zehn) durch hohe Steigerungsraten auf.

Auch deutsche Waffenschmieden – die Bundesrepublik wird von SIPRI als drittgrößter Lieferant der Welt geführt – verdienen an Rüstungsexporten in Spannungs- und Kriegsgebiete und befeuern so die Gewalt. Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung hat 2012 weltweit insgesamt 396 Konflikte beobachtet, 43 davon hochgewaltsam bis hin zum Krieg und Bürgerkrieg.

Trotz aller Rückgänge sind aber die USA und die anderen Staaten des Nordatlantikpaktes nach wie vor für den Großteil der globalen Militärausgaben verantwortlich. »Die NATO-Mitglieder haben zusammen eine Billion Dollar für den Militärsektor ausgegeben«, so der SIPRI-Experte Sam Perlo-Freeman. Allen voran die Vereinigten Staaten, die mit 682 Milliarden Dollar weiter deutlich vor China (166 Milliarden) und Russland (90 Milliarden) lagen und deutlich über vier Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts auf diese Weise verpulverten (China etwa zwei Prozent). Die NATO-Staaten rüsten sich heute weniger für die konventionelle Kriegführung, sie konzentrieren sich auf schnelle, hoch spezialisierte Interventionstruppen. Allein zwischen 2006 und 2011 stieg die Zahl dieser Einheiten um 40 Prozent.

Deutschland fand sich 2012 auf Platz neun wieder und steigerte nach Analyse des Friedensforschungsinstituts im Unterschied zu den meisten anderen EU-Staaten seine Militärausgaben – um 0,9 Prozent auf geschätzte 45,7 Milliarden Dollar. Während die europäischen NATO-Staaten von 2008 bis 2012 ihre Ausgaben um 7,5 Prozent senkten, wuchsen sie in der Bundesrepublik um 2,6 Prozent. Nur Russland und die Ukraine (plus 24 Prozent) weisen in Europa noch einen Zuwachs auf. In Deutschland flossen im Vorjahr so 1,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts in den militärischen Bereich, dreieinhalbmal mehr als in die Entwicklungshilfe.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 31. August 2013


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