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Lieber ein schlechter Vertrag als gar keiner

Vor der UN-Konferenz zur Kontrolle des Waffenhandels hält die Bundesregierung die Erwartungen niedrig

Von Jenny Becker *

Eine Tagung im Auswärtigen Amt beschäftigte sich mit der deutschen Sicht auf die bevorstehende Ausarbeitung eines internationalen Waffenhandelsvertrags. Lieber ein schlechtes Abkommen als gar keins, lautet die Devise der Regierung.

Es ist nicht mehr lange hin, bis sich die Vereinten Nationen Anfang Juli in New York zusammenfinden, um einen internationalen Waffenhandelsvertrag auszuarbeiten. Mit der deutschen Sicht auf das geplante Abkommen befassten sich am Mittwoch die Teilnehmer des Forums Globale Fragen im Auswärtigen Amt in Berlin, das in Kooperation mit der Deutschen Stiftung Friedensforschung veranstaltet wurde. Politiker und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen (NGO) - darunter Amnesty International, das Rote Kreuz und das Friedensforschungsinstitut SIPRI - diskutierten die Chancen des Waffenhandelsvertrags, des Arms Trade Treaty (ATT).

Die Vertreter der Bundesregierung warnten vor zu hohen Erwartungen. »Eine umfassende Kontrolle in allen Einzelheiten wird schwierig sein«, sagte Rolf Nikel, Beauftragter für Fragen der Rüstungskontrolle. Den privaten Waffenbesitz und illegale Märkte werde man mit dem ATT nicht direkt beeinflussen können. Auch Roderich Kiesewetter, stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses für Rüstungskontrolle, wies darauf hin, dass man im Juli nicht auf alle Probleme eingehen könne. »Lieber ein Vertrag, an dem wir nachverhandeln, als gar kein Abschluss.« Die Kompromissbereitschaft ist also schon vor Konferenzbeginn hoch, bei den Zivilisten im Publikum stieß das auf Kritik. Ebenso wie die Ankündigung von Jörg Ranau, Beauftragter des Auswärtigen Amts für Exportkontrolle, die angedachte Transparenzberichterstattung könnte in Form von vertraulichen Mitteilungen der Staaten untereinander erfolgen.

Die Regierungsvertreter und der Vorsitzende des Vorbereitungsausschusses für den ATT, Roberto García Moritán, betonten zudem die Freiheit des Handels und das Recht eines jeden Landes auf Rüstungsproduktion. »Es handelt sich in erster Linie um einen regulierenden Vertrag, keinen Verbotsvertrag«, erinnerte Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt.

Bei den Verhandlungen wolle Deutschland sich dafür einsetzen, dass auch Klein- und Leichtwaffen sowie Munition unter die Bestimmungen des ATT fallen, hieß es - damit folgt die Bundesregierung den Forderungen der NGO. Zudem werde man sich um eine verstärkte Kontrolle des Verbleibs der Waffen bemühen. »Wir waren in den letzten zehn Jahren bei der Endverbleibskontrolle nicht so rigoros, wie wir es hätten sein sollen«, räumte Kiesewetter ein.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag 7. Juni 2012


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