Merkel auf Afrikatour – mit dem Tod im Gepäck
Von Walter Listl, isw München *
Nachdem der fragwürdige Titel “Exportweltmeister” von Deutschland an die VR China abgegeben
werden musste, versuchte Bundeskanzlerin Merkel auf ihrer Afrikareise wenigstens den Platz drei der
Rüstungsexportnationen für Deutschland zu sichern. Im Stil einer Drückerkolonne der bundesdeutschen
Rüstungsindustrie werden Waffen an reaktionäre Regimes geliefert, die sich laut Beschreibung
der Herstellerfirmen bestens eignen, mit asymmetrischen Kampfaufträgen fertig zu werden.
So sind z.B. die Leopard 2 Panzer für Saudi Arabien mit vorne montierten Räumschaufeln wohl kaum
dazu gedacht, Sand von verwehten Wüstenstraßen zu räumen, sondern wohl eher zum Beseitigen
von Barrikaden bei zu erwartenden Aufständen. Diese Panzer sind laut Hinweis vieler Kommentatoren
bestens geeignet, um in Städten für den Häuserkampf eingesetzt zu werden. Die blutige Niederschlagung
des Aufstandes in Bahrein durch saudisches Militär ist ein deutlicher Hinweis darauf, wie
mit diesen Panzern künftig Menschenrechte verteidigt werden sollen.
Aber diese Panzerlieferung an Saudi Arabien ist nur die Spitze eines Eisberges aus Doppelmoral,
Rüstungsprofiten und Kriegsvorbereitung durch Waffenexporte und setzt die unselige Tradition der
vorherigen Regierungen fort.
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Zwischen 2004 und 2009 stiegen die deutschen Rüstungsexporte um 70 %
(M. Maus in AZ 12.7.11)
- Schon unter der rot/grünen Bundesregierung von 2005 bis 2008 haben sich die
Exportgenehmigungen für deutsche Rüstungsgüter vervierfacht (S. Carlens jw 7.711)
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Während der großen Koalition stimmte der Bundessicherheitsrat dem möglichen Verkauf von
124 Eurofightern an Indien zu, um den es auch beim kürzlichen Besuch der Kanzlerin in Indien
ging. Ein Deal von sieben bis zehn Milliarden Euro und ein Supergeschäft für EADS.
- Schon 2005 genehmigte Rot/Grün den Verkauf von 300 Leopard-Panzern an den NATO-Partner
Türkei, wo immer wieder deutsche Waffen gegen kurdische "Rebellen“ eingesetzt werden.
Besonders makaber: Griechenland, als “Pleitestaat” gescholten, hat mehr Leopard-Panzer in seinen
Kasernen als die Bundeswehr. Griechenland gibt 3,6 % seines BIP für Waffen aus. Vor allem für
Waffen aus Deutschland. Das ist mehr als das Doppelte des Durchschnitts in den EU-Staaten.
Noch im vergangenen Jahr schlossen Thyssen-Krupp und Athen einen Vorvertrag über zwei neue
U-Boote. Vier solcher Boote sind bereits geliefert. Kostenpunkt insgesamt 2,3 Milliarden Euro. (AZ
12.7.11). Schon 2003 kaufte Griechenland 170 Leopard-Panzer für 1,7 Milliarden Euro. (SZ 6.7.11.)
Sowohl Panzer als auch U-Boote als auch die Kredite für ihre Bezahlung lieferte Deutschland, dessen
Politiker ansonsten immer behaupten, Griechenland lebe über seine Verhältnisse. Das stimmt. Aber vor allem in Bezug auf die Waffenimporte des Landes.
Oft unbeachtet von der Öffentlichkeit ist Deutschland dick drin um Geschäft mit den tödlichen Waffen:
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An die VAR gingen allein 2009 Artilleriewaffen im Wert von über 156 Mio. Euro.
- Maschinenpistolen an Mexiko
- gepanzerte Fahrzeuge nach Brasilien
- Munition für über 400 Millionen Euro an Brunei
- Pistolen an Saudi Arabien für 10 Millionen
- Fuchs-Panzer und Fregatten für Algerien
- Panzerfäuste für Kuwait für 11 Millionen (alle Angaben Matthias Maus AZ)
- U-Boote an Israel, die mit atomaren Marschflugkörpern ausgerüstet werden können und mit
deutschen Steuergeldern großzügig mitfinanziert wurden.
Bei ihrer Afrikareise bot die Kanzlerin Angola, eines der ölreichen Länder Afrikas und zugleich eines
der ärmsten Länder der Welt, an, die angolanische Marine mit sechs bis acht Kriegsschiffe zum
Stückpreis von 10 bis 25 Millionen Euro aufrüsten. Die Nachrichtenagentur dapd dazu: „Deutschland
will Angola aufrüsten“.
Angola hat die zweithöchste Kindersterblichkeit weltweit und ein Drittel der Bevölkerung ist auf
Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland angewiesen. (AZ 14.7.11) Kriegsschiffe sind wohl das Letzte,
was dort gebraucht wird.
Für die Produzenten des Todes wie Krauss Maffei-Wegman, EADS, Heckler und Koch und andere
Rüstungskonzerne hat sich Merkels Reise gelohnt. Sie hilft die Profite der Rüstungsbranche zu
sichern und bewaffnet CIA-gesteuerte "Befreiungsbewegungen" ebenso wie despotische Herrscherfamilien
und reaktionäre Regimes überall dort, wo strategische Interessen der westlichen Staaten in
Gefahr geraten könnten.
Es ist der Kapitalverwertungsdruck der Waffenschmieden, der die Vorgaben für „die Politik“ liefert, die
dann bei der Reise von Frau Merkel artig umgesetzt werden.
Ein besonders dreistes Beispiel dafür liefert EADS. Laut SZ vom 15.7.11 beschweren sich deutsche
Polizeiausbilder, die saudische Polizisten trainieren, darüber, dass sie „ständig neue Aufgaben für
EADS“ übernehmen müssten. Die Inhalte der Polizeiausbildung würden unter Anleitung des Konzerns
auf die Bedürfnisse von EADS abgestimmt. (jw vom 16./17.7.11) Nur folgerichtig, dass Saudi Arabien
die Gelder für die Auslandszulagen und Reisekosten der deutschen Polizeibeamten direkt an EADS
überweist.
Das oft gehörte „Argument“, wenn Deutschland die Waffen nicht liefert, dann liefert halt ein anderer
Staat, erinnert an den Bankräuber, der dem Richter erklärt, dass wenn er den Bankangestellten nicht
erschossen hätte, es bestimmt ein anderer getan hätte.
19. Juli 2011
* Aus: isw-Newsletter, 22. Juli 2011; www.isw-muenchen.de
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