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Für den Frieden

Bewegung Blockfreier Staaten feierte in Belgrad ihr 50jähriges Bestehen

Von Zoran Sergievski *

Anfang der Woche fanden sich in Belgrad Delegationen aus über 110 Ländern ein, um den 50. Geburtstag der Bewegung der Blockfreien Staaten (Non-Aligned Movement, NAM) zu begehen. Das Gastgeberland Serbien selbst hat im Bündnis nur ein Beobachtermandat inne. Die Feierlichkeiten fanden zum Teil im Belgrader Parlament, der Skupstina, statt.

Ägyptens Außenminister Mohamed Kamel Amr steht der NAM momentan als turnusmäßiger Generalsekretär vor. Bei seiner Eröffnungsrede in der Skupstina sagte er, daß diese Konferenz zeige, »wie stark unsere Bewegung heute noch ist«. Es sei ihm zudem eine besondere Ehre, am selben Ort zu reden, an dem auch seine Idole bereits standen. Der Kairoer Diplomat spielte auf einen der Gründer der Blockfreien an, Ägyptens damaligen Präsidenten Gamal Abdel Nasser.

Die NAM wurde gegründet, um im Kalten Krieg eine »dritte Macht« zwischen den großen globalen Militärblöcken zu bilden. Seit damals setzen sich die Blockfreien für Frieden und atomare Abrüstung ein. Das Bündnis versteht sich zudem als antiimperialistisch und hat diese Linie auch nach 1991 offiziell beibehalten, obwohl die Mehrheit der Mitgliedsstaaten nicht sozialistisch verfaßt ist. Ein Beispiel für den Kurs der NAM ist die konsequente Position zu Palästina, einem offiziellen Mitglied des Bündnisses. Sie hat sich seit der Gründung nicht wesentlich verändert. So beschreibt eine Resolution vom Mai die Beschränkungen im Aufenthaltsrecht für Palästinenser in Israel dezidiert als »rassistisch«. Ebenda ruft die NAM das Nahost-Quartett und die UN dazu auf, die Lage der Palästinenser zu verbessern – etwa mit der Durchsetzung der Grenzen von 1967. Mit rund 120 von 193 UN-Mitgliedsstaaten haben die Blockfreien in dieser Frage auch international Gewicht. Noch in diesem Jahr wollen sie der Autonomiebehörde vor der UN-Generalversammlung zum Erfolg verhelfen. Amr forderte die anwesenden Vertreter aller Nachfolgestaaten Jugoslawiens auf, Palästina als souveränen Staat anzuerkennen. Ob allerdings auch ein Land wie das NATO-Mitglied Kroatien dementsprechend handeln wird, ist derzeit noch unklar.

Serbiens Präsident Boris Tadic betonte in seiner Rede, daß sein Land trotz EU-Ambitionen die Prinzipien der Bewegung befolgen würde. Daß dies dem Vertrag von Lissabon widerspricht, der die EU-Mitgliedstaaten zu Aufrüstung zwingt, störte Tadic dabei nicht weiter. Auch in anderen Bereichen ist die Haltung der Blockfreien widersprüchlich. So sind unter den 81 Staaten, die mittlerweile Kosovo als souveränen Staat anerkannt haben, auch 32 NAM-Mitglieder. Diese verstoßen damit gegen einen ihrer eigenen Grundsätze – die Achtung der territorialen Integrität aller Staaten.

* Aus: junge Welt, 8. September 2011


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