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"Streubomben verstoßen gegen das internationale humanitäre Recht und die Genfer Konvention"

Europaweite Kampagne von "Handicap International" - Hintergrundinformationen

Mit einer neuen Medienkampagne und einem Aktionstag am 8. Oktober ruft Handicap International zu einem Verbot von Streubomben auf. In München und anderen europäischen Städten wie Luxemburg, Paris und Lyon werden Schuhpyramiden als Mahnmal für die Opfer dieser Waffen errichtet.

Auf der Kampagnen-Webseite protestieren Anne Will, Ulrike Folkerts, Juliette Binoche und zahlreiche weitere, vor allem junge Menschen mit Bildern persönlicher Gesten gegen Streubomben. Ulrike Folkerts und Anne Will engagieren sich schon seit einigen Jahren für ein Verbot von Landminen und auch Streubomben.

In einer am 27. September veröffentlichten Pressemitteilung wird betont, dass zahlreiche Blindgänger dieser Bomben täglich in Afghanistan oder im Irak spielende Kinder oder Bauern bei der Arbeit töten und verstümmeln. "Eigentlich verstoßen Streubomben gegen das internationale humanitäre Recht und die Genfer Konvention, die dem Schutz der Zivilbevölkerung bei bewaffneten Konflikten dienen soll", töten und verstümmeln François De Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International Deutschland. Dennoch besitzen immer noch 70 Länder diese Waffen, darunter Deutschland, China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA. Die vier letztgenannten haben sie in den Kriegen der vergangenen Jahre auch eingesetzt.

Offensichtlich fühlen sich die Militärmächte durch die internationalen Kampagnen bereits herausgefordert. Bei den letzten UN-Verhandlungen über Streubomben im August bemühte sich die russische Delegation offensichtlich, die Gefahren herunterzuspielen und die Kampagne zu diskreditieren. Dabei gehört Tschetschenien zu den Regionen, in denen die Zivilbevölkerung besonders unter Streubomben leidet. Auch der US-Vertreter schloss bei den Verhandlungen in Genf aus, dass Streubomben je weltweit verboten werden könnten.

Um so wichtiger ist der öffentliche Protest der Zivilgesellschaft. Immerhin zeigt sich in anderen Staaten bereits Bewegung: Belgien hat im Juli dieses Jahres als erstes Land Streubomben verboten. Das Europaparlament forderte bereits im vergangenen Jahr die EU-Staaten zu einem Moratorium über Einsatz, Lagerung und Produktion dieser Waffen auf. In Deutschland hat das Aktionsbündnis Landmine.de, dem Handicap International angehört, dem letzten Bundestag eine entsprechende Resolution vorgeschlagen. Es ist überfällig, dass die nächste deutsche Regierung hier klare Schritte unternimmt.

Quelle: www.kobinet-nachrichten.org


DIE WAHRHEIT ÜBER STREUBOMBEN

Streubomben sind dazu bestimmt, viele kleine Geschosse über einen großen Umkreis zu verteilen. Das Prinzip ist einfach: Ein großer Container ist mit Bomblets (Submunition) gefüllt. Der Container öffnet sich, verteilt die Submunition und bildet so einen Explosionsteppich, der mehrere Hektar abdecken kann! Jedes Bomblet wiegt rund 2 kg und hat einen Zerstörungsradius von bis zu 200 Metern.

EINE UNERTRÄGLICHE BLINDGÄNGERRATE

Das Hauptproblem bei Submunition ist ihre besonders hohe Blindgängerrate. 5 bis 30% der Submunition explodiert nicht beim Aufschlag. Sie bleibt explosionsbereit und kann jederzeit einen Menschen, der sich nähert oder die Munition berührt, töten oder verstümmeln. Damit wirken die Blindgänger im Prinzip genau gleich wie Landminen. Die Gründe dafür, dass ein so großer Teil der Submunition nicht explodiert, sind verschiedenartig:
  • die Komplexität des Zündmechanismus
  • Produktions- und Anwendungsfehler (ein fehlerhafter Auswurf aus dem Container führt unweigerlich zum „Versagen“ der Submunition)
  • wirtschaftliche Rentabilität bei ihrer Herstellung (maximale Produktion zu minimalem Preis)
  • natürlicher Zerfall der Bestandteile während der Lagerung
  • die klimatischen und Umweltbedingungen bei der Bombardierung (weicher Boden, Geäst, starker Wind, extreme Temperaturen)
GEDULDETE UNZUVERLÄSSLIGKEIT ODER GAR ABSICHT?

Auch wenn all diese Gründe das häufige Versagen erklären können, so beantworten sie doch nicht die entscheidende Frage: Warum verwendet man eine so ausfall- und störanfällige Waffe, die durch die hohe Fehlerquote zur extremen und langjährigen Bedrohung für die Zivilbevölkerung wird? Welcher General würde es akzeptieren, dass ein Drittel seiner Panzer unbrauchbar ist? Welcher Admiral würde einen Angriff starten, wenn ein Drittel seiner Schiffe defekt ist? Keiner.

Und was soll man über die äußerlichen Besonderheiten mancher Submunitionen denken, wie etwa eine Farbe, die sie sonderbarerweise Überlebenspaketen ähneln lässt, die auch von Flugzeugen abgeworfen werden. Wie kann ein Kind, das auf der Suche nach Nahrung ist, zwischen einer gelben BLU-97 Submunition, die nicht explodiert ist, und einer Überlebensration, die genauso gelb ist und eine ähnliche Form hat, unterscheiden?

Zu störanfällig, zu leicht zu verwechseln. Natürlich stellt sich da die Frage, ob hinter dem Einsatz solcher Waffen nicht in Wahrheit die Absicht steckt, die Operationsgebiete zu „verminen“. Anti-Personen-Minen selbst sind heute dank des wachsenden internationalen Widerstands in den meisten Ländern verboten.

ZERSTÖRUNGEN ÜBER DEN KONFLIKT HINAUS

Im Grunde sind diese Waffen gegen feindliche Militärkräfte gerichtet. Aber im Irak beispielsweise hatte die Armee oft in Wohngebieten Stellung bezogen und die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde benutzt. Trotz allem wurde Streumunition eingesetzt. Und auch wenn die Militärs abgezogen sind, bleiben die nicht ausgelösten Streubomben weiter inmitten der Zivilbevölkerung zurück.


Die Zahlen

Mindestens
20Anzahl der durch das Vorkommen von Streumunition betroffenen Länder, darunter Afghanistan, Albanien, Äthiopien, Irak (zwei Millionen Streubomben wurden 2003 abgeworfen), Kosovo, Laos, Tschetschenien, Vietnam.
34Anzahl der Staaten, die Streumunition herstellen oder bis vor kurzem hergestellt haben, darunter China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Iran, Israel, Nordkorea, Russland, Schweiz, Türkei, USA.
70Anzahl der Staaten, die Streumunition besitzen, darunter Algerien, Bosnien-Herzegowina, China, Deutschland, Griechenland, Japan, Pakistan, Russland, Südafrika, USA (eine Milliarde Submunitionen im Arsenal).
12Anzahl der Staaten, von denen bekannt ist, dass sie Submunition exportieren oder exportiert haben: Ägypten, Brasilien, Chile, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Jugoslawien, Russland, Südafrika, Schweden, USA
11Anzahl der Staaten, die Streumunition bereits eingesetzt haben: Äthiopien (in Eritrea), Eritrea (in Äthiopien), Frankreich (in Tschad, Irak, Kuwait), Großbritannien (in Ex-Jugoslawien, Irak, Kuwait), Israel (im Libanon), Niederlande (in Ex-Jugoslawien), Russland (in Afghanistan, Tschetschenien, Tadschikistan), Saudi Arabien (in Saudi Arabien), Ex-Jugoslawien (in Albanien, Bosnien, Kosovo), Sudan (im Sudan), USA (in Afghanistan, Irak, Kambodscha, Kosovo, Kuwait, Laos, Saudi Arabien, Vietnam)

Quelle: www.streubomben.de


DIE GESCHICHTE

Nachdem schon bei der Bombardierung von Süd-Ost-Asien durch die USA vor über 30 Jahren Streubomben eingesetzt wurden, deren Überreste heute noch dort liegen, hat der Golfkrieg 1991 diese Waffen wieder zum Vorschein gebracht. In den sechs Wochen des Krieges wurden nämlich mehrere Millionen Streubomben über dem Irak und Kuwait abgeworfen.

Seitdem haben die westlichen Nationen nicht aufgehört, Streubomben einzusetzen: der Kosovokrieg (1999), der Angriff auf Afghanistan (2001-2002) und der Irakkrieg (2003) waren weitere Schauplätze für den Einsatz von fast einer Million Streubomben. Dies bedeutet eine Verbreitung von 50.000 nicht detonierter Sprengkörper, die potentiell gefährlich bleiben; pessimistische Schätzungen sprechen sogar von 300.000.

Was wird aus ihnen werden?

Schon jetzt sind mehr als 4.000 dieser Clusterbomben außer Funktion - durch Menschenopfer.v


WARUM "NEIN" SAGEN?

Während ein internationales Abkommen bereits in über 150 Staaten Anti-Personen-Minen verbietet, scheinen manche Regierungen eine Antwort auf dieses Verbot gefunden zu haben - den massiven Einsatz einer vergleichbaren Waffe: Streubomben.

Wenn ein Krieg beendet ist, sind es zumeist Zivilisten, vor allem Kinder, die unfreiwillig zum Opfer der zahlreichen Blindgänger dieser Waffen werden.

Diese neue militärische Barbarei muss ein Ende haben. Auch diese feigen Waffen müssen verboten werden.

Nach internationalem humanitären Recht ist der Einsatz von Streumunition eigentlich bereits geächtet, denn die Genfer Konvention verbietet „unterschiedslose“ Angriffe – also Angriffe, die militärische Ziele und Zivilpersonen gleichermaßen treffen. (Artikel 51 des ersten Zusatzprotokolls zur Genfer Konvention von 1977.)

Danach dürfen Angriffe niemals vorsätzlich auf die Zivilbevölkerung abzielen, und es dürfen nur Waffen verwendet werden, die gezielt militärische Objekte treffen. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verbietet alle militärischen Angriffe, wo die erwarteten Verluste und Schäden im Verhältnis weit über die Wichtigkeit des militärischen Ziels hinausgehen. Nun dienen Streubomben aber dazu, eine größere Fläche zu verseuchen, in der ein bestimmtes Ziel liegt, treffen also immer mehr als das konkrete Ziel. Im Irakkrieg 2003 breiteten sich zum Beispiel viele Angriffe auf bevölkerte Gebiete aus, insbesondere auf Bagdad, Nadschaf, Kerbela, al-Hilla und Basra. Angriffe, die mit dem Verlust Hunderter Zivilisten endeten - und lange nach dem Angriff noch Opfer fordern.


DIE KAMPAGNE

Handicap International unterstützt in vielen Ländern Menschen mit Behinderungen, die häufig bei Unfällen mit Landminen oder Blindgängern schwer verletzt wurden. Doch um nicht nur den Opfern zu helfen, sondern auch die Ursachen zu bekämpfen, bauen wir außerdem Projekte zur Räumung von Minen und nicht explodierten Bomben sowie zur Aufklärung der Bevölkerung über mögliche Vorsichtsmaßnahmen auf.

Für die Zukunft entscheidend ist jedoch, dass solche Waffen gar nicht mehr produziert und eingesetzt werden. Deshalb hat Handicap International gemeinsam mit anderen Organisationen im letzten Jahrzehnt die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen gegründet und zu ersten Erfolgen geführt. Nachdem die Kriege der letzten vergangenen Jahre immer mehr auch Streubomben als tödliche Bedrohung hinterlassen haben, gründeten Handicap International und andere Organisationen der Landminenkampagne 2003 außerdem die Cluster Munition Coalition.

Genauso wie die Landminenkampagne wendet sich die Cluster Munition Coalition an die verantwortlichen Politiker, um eine Beseitigung dieser Gefahr zu erreichen. Wir mischen uns in internationale Verhandlungen über Waffenkontrolle ein und dringen auf effektive Ergebnisse. Gleichzeitig wenden wir uns an die Öffentlichkeit und die Medien, damit eine möglichst breite Basis unsere Ziele unterstützt.

Eine große internationale Kampagne bedeutet natürlich auch eine ständige Diskussion innerhalb der verschiedenen beteiligten Organisationen. So ist zum Beispiel umstritten, ob man Schritt für Schritt vorgehen muss, um etwas erreichen zu können, oder von Anfang an das bestmögliche Ziel, also ein völliges Verbot von Streubomben fordern muss. Handicap International spricht sich für die Forderung eines Verbots von Streubomben aus. Die gemeinsame Basis aller CMC-Mitglieder ist: Diese Waffen richten großen Schaden an. Den Opfern muss geholfen werden, und weitere Opfer müssen vermieden werden - so bald und so effektiv wie möglich!

Immerhin hat bereits das Europaparlament ein Verbot von Streubomben* gefordert. Um so wichtiger, unsere Regierungen dazu zu drängen, dieser Forderung zu folgen und auch auf Länderebene Streubomben zu verbieten und zu vernichten. Das Aktionsbündnis Landmine.de, zu dem Handicap International gehört, fordert engagiert sich in Deutschland für ein Verbot von Landminen und Streubomben und schlägt dem Bundestag eine Resolution hierzu vor.

Wir alle müssen uns gegen diese feigen Waffen wehren. Wenn wir mit all unserem Einfluss auf Regierungen einwirken, können wir ein Verbot von Streubomben erreichen. UM ERFOLG ZU HABEN, BRAUCHEN WIR IHRE UNTERSTÜTZUNG!

* European Parliament resolution on cluster munitions
Resolution des Europäischen Parlaments vom 28. Oktober 2004 zum Verbot von Streubomben.


Die Informationen auf dieser Seite stammen alle von der sehr gut sortierten Website der "Streubomben"-Kampagne von Handicap International. Hier sind die entsprechenden Links:
www.handicap-international.de;
www.streubomben.de



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