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Befreiungskampf oder Terrorismus?

Widerstand gegen eine fremde Besatzungsmacht ist völkerrechtlich grundsätzlich zulässig

Von Gregor Schirmer*

Widerstand gegen eine fremde Besatzungsmacht ist völkerrechtlich grundsätzlich zulässig. Über die Frage jedoch, welches Recht in einem bewaffneten Befreiungskampf gilt, streiten sich die Gelehrten – und die Staaten.

Ich will mich hier zu drei Fragen äußern: Erstens: Gibt es ein völkerrechtlich verankertes Recht der Völker zum bewaffneten Kampf gegen fremde Herrschaft und Besetzung? Zweitens: Wenn ja, wer ist das legitime Subjekt dieses Kampfes und welches Recht gilt zwischen den Kämpfenden? Drittens: Wie kann man Befreiungskampf und Terrorismus voneinander unterscheiden? Es geht um die völkerrechtliche Bewertung des bewaffneten Widerstands. Daß ziviler Widerstand ohne Anwendung von Waffengewalt gegen eine, zumal illegale, Besatzungsmacht völkerrechtlich zulässig ist, steht außer Frage.

Prinzip der Selbstbestimmung

Erstens. Der bewaffnete Befreiungskampf gegen eine mit Waffengewalt aufrechterhaltene fremdländische Besetzung ist völkerrechtlich zulässig und legitim. Es wäre naiv anzunehmen, daß sich die Völkerrechtswissenschaft darüber einig ist. Aber es gibt gewichtige Stimmen, die diese Rechtsauffassung vertreten. Ich nenne hier nur den italienischen Völkerrechtler Antonio Cassese, der dieses Recht als eine Regel des Gewohnheitsrechts auffaßt: »Diese Regel bestimmt, daß, wenn Völkern, die ... fremder Besetzung unterliegen ... gewaltsam das Recht auf Selbstbestimmung verweigert wird, solche Völker ... rechtlich befugt sind, zu bewaffneter Gewalt zu greifen, um ihr Recht auf Selbstbestimmung zu verwirklichen.« 1)

Diese Rechtsauffassung kann sich auf zahlreiche Resolutionen der UN-Generalversammlung stützen. In der Deklaration der Generalversammlung über die Prinzipien des Völkerrechts von 1970 wird festgestellt: »die Unterwerfung von Völkern unter fremdes Joch, fremde Herrschaft und fremde Ausbeutung stellt eine Verletzung [des Prinzips der Selbstbestimmung – G.S.] als auch eine Mißachtung grundlegender Menschenrechte dar; und steht im Widerspruch zur Charta«. 2) Dann heißt es: »Bei ihren Aktionen und ihrem Widerstand gegen solche Gewaltmaßnahmen in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts sind diese Völker berechtigt, ... um Unterstützung nachzusuchen und diese zu erhalten.« Das Wort »bewaffnet« wurde vermieden, weil sonst die einstimmige Annahme der Deklaration nicht erreicht worden wäre. Daß mit »Aktionen« und »Widerstand« auch bewaffneter Kampf erfaßt ist, geht aus dem Zusammenhang hervor.

In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht vom gleichen Jahr 3) wird die Legitimität des Kampfes zur Wiedererlangung des Rechts von Völkern auf Selbstbestimmung »durch jegliche, ihnen zur Verfügung stehende Mittel« proklamiert. In der Resolution zum Selbstbestimmungsrecht von 1973 wird dann eindeutig formuliert: Die Generalversammlung »bestätigt die Legitimität des Kampfes der Völker für die Befreiung von kolonialer und Fremdherrschaft und ausländischer Unterjochung mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich des bewaffneten Kampfes«. 4) Die Resolution wurde mit 97 Stimmen der sozialistischen und der Dritte-Welt-Staaten gegen fünf Stimmen bei 28 Stimmenthaltungen angenommen. In jeder der einschlägigen Resolutionen zum Selbstbestimmungsrecht der folgenden 17 Jahre bis 1990 wurde die Formel »einschließlich des bewaffneten Kampfes« wiederholt.

Zwischenzeitlich hatte die UN-Generalversammlung 1974 die Aggressionsdefinition verabschiedet. 5) In Artikel 7 dieser Definition wird der bewaffnete Befreiungskampf vom Aggressionsverbot ausgenommen. Es wird bestimmt: »Nichts in dieser Definition ... kann in irgendeiner Weise das Recht auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit ... von Völkern, denen dieses Recht gewaltsam entzogen wurde, beeinträchtigen, insbesondere von Völkern unter kolonialen und rassistischen Regimes oder anderen Formen der Fremdherrschaft; noch das Recht dieser Völker, für dieses Ziel zu kämpfen und dafür Unterstützung zu suchen und zu empfangen.« Der Terminus »bewaffnet« wird wiederum aus dem gleichen Grund vermieden. Aber gerade dieser bewaffnete Kampf ist eingeschlossen. Das geht allein daraus hervor, daß es sich um einen Kampf handelt, der nicht unter das Verbot der Anwendung von Waffengewalt fällt. Die Ausnahme von verbotener Waffengewalt kann logischerweise nur zulässige Waffengewalt sein.

Aus meiner Sicht ist durch die genannten und weitere Resolutionen sowie die entsprechende Staatenpraxis Völkergewohnheitsrecht entstanden. Das wird mit Berufung darauf bestritten, daß westliche und direkt betroffene Staaten denjenigen Resolutionen, in denen bewaffnete Gewalt ausdrücklich sanktioniert wird, nicht zugestimmt haben. Es ist jedoch zumindest ein starkes Argument für die Existenz von Völkergewohnheitsrecht, wenn über Jahrzehnte der bewaffnete Befreiungskampf von der überwältigenden Mehrheit der UN-Mitglieder als legitim betrachtet wird.

Nach dem Epocheneinschnitt von 1990 fällt die Bereitschaft der Generalversammlung zur Legitimierung des bewaffneten Befreiungskampfes merklich zurück. Das Bekenntnis zum Selbstbestimmungsrecht und zu dessen Durchsetzung wird zwar bekräftigt, aber von »bewaffnetem Kampf« als legitimem Mittel ist in den einschlägigen Resolutionen nicht mehr die Rede. Bis 1994 behilft man sich mit dem Rückgriff auf die Formel von der Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts »durch alle verfügbaren Mittel«. Ab 1995 verschwindet das Recht auf bewaffneten Befreiungskampf aus dem Repertoire der einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung.

Ist mit diesem beredten Schweigen die Legitimität von Befreiungskriegen etwa »erloschen«? Das bestreite ich. Ein einmal entstandenes Völkergewohnheitsrecht kann nicht einfach durch dessen opportunistisches Verschweigen außer Kraft gesetzt werden. Dazu bedürfte es der Schaffung entgegengesetzten Gewohnheitsrechts. So weit ist es aber (noch) nicht.

Für die juristische Begründung der Rechtmäßigkeit des bewaffneten Befreiungskampfes sind zwei Wege möglich. Der eine Weg ist die Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Der bewaffnete Befreiungskampf zur Durchsetzung dieses Rechts wird als dritte, eigenständige Ausnahme vom Gewaltverbot erfaßt, neben dem Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 der Charta und militärischen Sanktionsmaßnahmen des UN-Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta. Der andere Weg führt über das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der Charta, welches jedem Staat das Recht gibt, »im Falle eines bewaffneten Angriffs« mit bewaffneter Gewalt zurückzuschlagen. Diese Rechtsauffassung geht davon aus, daß die Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts eines Volkes durch fremdländische militärische Besetzung und gewaltsame Herrschaft eine fortdauernde Aggression darstellt, die ein schwerer Völkerrechtsbruch ist und gegen die das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung gegeben ist. Beide Wege sind nach meiner Meinung geeignet, das Recht der Völker zum bewaffneten Befreiungskampf zu begründen.

Gewaltfreie Lösungen im Kampf der Völker um Selbstbestimmung sind allemal besser. Wenn aber fremdländische Besetzung mit militärischer Gewalt aufrechterhalten wird, dann ist es das Recht des betreffenden Volkes, sein Selbstbestimmungsrecht auch mit Waffengewalt durchzusetzen.

Das Gesagte gilt selbstverständlich auch für das Volk im Irak. Das Recht dieses Volkes kann zudem damit begründet werden, daß der Aggressionskrieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak nicht beendet ist, sondern fortdauert, das Selbstverteidigungsrecht des Irak also fortbesteht und auf das Volk übergegangen ist.

Aber steht dem Recht auf bewaffneten Widerstand nicht entgegen, daß die provisorische Regierung des Irak der Besetzung des Landes zugestimmt hat? Ist damit nicht die ursprüngliche Völkerrechtswidrigkeit der Besetzung »geheilt«, zumal der UN-Sicherheitsrat den Aggressionskrieg zwar nicht autorisiert, aber das Besatzungsregime durch nachfolgende Resolutionen akzeptiert oder toleriert hat und inzwischen Wahlen stattgefunden haben? Mit den Resolutionen 1483 und 1546 wurde der Status des Irak als illegal besetztes Land jedoch nicht verändert. Der Sicherheitsrat hat nicht die Befugnis, Unrecht in Recht umzuwandeln, eine illegale Besetzung zu legitimieren. Die Wahlen haben aus meiner Sicht nichts an diesem Status geändert. Der Irak bleibt auch danach ein illegal besetztes Land, das seine Souveränitätsrechte nicht voll wahrnehmen kann, weil die einheimischen Behörden dem Willen der Besatzer unterliegen. Diese sind weiterhin die eigentlichen Machthaber im Lande. Die nachträgliche Zustimmung einer von der Besatzungsmacht abhängigen Regierung zu einer im Wege einer völkerrechtswidrigen Aggression erreichten fremdländischen Besetzung kann das Recht des Volkes auf bewaffneten Widerstand gegen die Besatzer nicht beenden.

Einhaltung des Kriegsrechts

Zweitens. Das Subjekt des bewaffneten Befreiungskampfes ist das jeweilige Volk. In den Resolutionen der Generalversammlung wird der bewaffnete Kampf der Völker für legitim erklärt. Die Kategorie »Volk« als Träger von Rechten ist in concreto schwer handhabbar. Wer vertritt das Volk? Wer ist berechtigt, im Namen des Volkes einen bewaffneten Befreiungskampf zu führen?

In den Zeiten der Dekolonisierung war diese Frage relativ leicht zu beantworten. Es gab eindeutig identifizierte, organisierte und international anerkannte Befreiungsbewegungen. In bezug auf den Irak ist die Lage unübersichtlich und von hier aus schwer zu beurteilen, zumal wir der Desinformation der herrschenden Medien ausgesetzt sind. Es agieren offenbar unabhängig voneinander zivile und bewaffnete Widerstandskräfte. Neben dem legitimen Widerstand gibt es terroristische Gruppen, mit deren Verbrechen der irakische Widerstand nichts zu tun hat. Für die Legitimität des bewaffneten Widerstandes ist zwar nicht erforderlich, daß das Volk durch eine einzige und international anerkannte Bewegung vertreten wird. Aber die gegenwärtige Situation erschwert die Identifizierung einer irakischen Widerstandsbewegung, die im Volk verwurzelt ist und dessen Selbstbestimmungsrecht repräsentiert. Das ändert allerdings nichts am Recht des irakischen Volkes, bewaffneten Widerstand zu leisten.

Welches Recht gilt in einem bewaffneten Befreiungskampf? Aggression ist ein völkerrechtliches Verbrechen. Die daraus resultierende fremde Besetzung eines Landes ist völkerrechtswidrig. Aber die Anwendung von Waffengewalt in einem aus einer solchen Situation entstandenen bewaffneten Konflikt zwischen illegalen Besatzern und legitimen Widerstandskämpfern unterliegt auf beiden Seiten dem humanitären Kriegsrecht, vor allem den Genfer Konventionen von 1949 und dem Protokoll I dazu von 1977. Nach dem Protokoll 6) gehören »auch bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regimes in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen« zu den internationalen bewaffneten Konflikten, in denen das humanitäre Kriegsrecht Anwendung findet. Der wesentliche Inhalt der Genfer Konventionen und des Protokolls ist dem Völkergewohnheitsrecht zuzurechnen.

Die Folge der Geltung des humanitären Kriegsrechts ist, daß Widerstandskämpfer den Kombattanten- und Kriegsgefangenenstatus innehaben und damit den Schutz des humanitären Kriegsrechts genießen. Sie sind keine Terroristen. Voraussetzung ist, daß die bewaffneten Kräfte einer Befreiungsbewegung einer Führung unterstehen, die für die Untergebenen verantwortlich ist, daß ein internes Disziplinarsystem wirksam ist, welches die Einhaltung des humanitären Kriegsrechts gewährleisten kann. Nach Artikel 43 des Protokolls sind Kombattanten »berechtigt, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen«. Aber sie müssen sich dabei an das humanitäre Kriegsrecht halten. Das humanitäre Kriegsrecht ist auch für den bewaffneten Konflikt im Irak verbindlich. Schwere Verstöße gegen das humanitäre Kriegsrecht sind Kriegsverbrechen. Das gilt für beide Seiten, unabhängig davon, daß die Besetzung illegal und der Kampf dagegen legal ist. Was schwere Kriegsverbrechen sind, ist in Artikel 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998 in 34 Tatbeständen zusammengefaßt. Die Kriegführung der USA und Großbritanniens und ihr Verhalten als Besatzer beinhalten zahlreiche Kriegsverbrechen, die zu verurteilen sind, ebenso wie Kriegsverbrechen des irakischen Widerstands, die nicht dadurch zu entschuldigen sind, daß dieser Widerstand legitim ist. Durch die Verübung von Kriegsverbrechen verlieren jedoch weder die einzelnen Widerstandskämpfer ihren Status als Kombattanten, noch die bewaffneten Widerstandskräfte insgesamt ihren Status als Teilnehmer an einem internationalen bewaffneten Konflikt, noch verliert ihr Kampf an Legitimität.

Terrorismusdefinition

Drittens. Wie kann man den Befreiungskampf vom Terrorismus auf juristisch einwandfreie Weise unterscheiden? Zuerst ist festzustellen, daß die verbreitete Gleichstellung von Widerstand gegen illegale fremdländische Besetzung und Terrorismus völkerrechtlich unzulässig ist.

Es gibt bislang nur Ansätze einer allgemein anerkannten, völkerrechtlich verbindlichen Definition des internationalen Terrorismus. Das Zustandekommen des seit 1996 in den UN debattierten Entwurfs eines umfassenden Übereinkommens über den internationalen Terrorismus ist bisher gescheitert, weil die Staaten sich nicht über eine Definition verständigen konnten. Der Hauptstreitpunkt war von Anfang an und ist noch heute, den Befreiungskampf eindeutig vom Terrorismus zu unterscheiden und den Staatsterrorismus durch staatliche Streitkräfte von der Definition nicht auszuschließen, sondern mitzuerfassen.

Über wichtige Elemente einer Definition wurde unter den Mitgliedstaaten der UN weitgehend Einigkeit erzielt 7): Erstens. Ein terroristisches Verbrechen ist die gesetzwidrige und absichtliche Tötung oder schwere körperliche Verletzung einer Person sowie die Verursachung schweren materiellen Schadens. Zweitens. Auf die Mittel der Begehung eines solchen Verbrechens kommt es nicht an. Alle denkbaren und möglichen Mittel sind als Mittel des Terrorismus erfaßt. Drittens. Hinzu kommen muß ein bestimmter Zweck des verbrecherischen Handelns, nämlich der Zweck, eine Bevölkerung einzuschüchtern oder eine Regierung oder internationale Organisation zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen zu nötigen. Viertens. Einigkeit besteht darüber, daß »solche kriminellen Handlungen ... unter keinen Umständen durch Erwägungen politischer, philosophischer, ideologischer, rassischer, ethnischer, religiöser oder ähnlicher Natur zu rechtfertigen« sind.

Es bleibt der Dissens über die völkerrechtliche Einordnung der Handlungen bewaffneter Kräfte einer Befreiungsbewegung und der Handlungen der bewaffneten Kräfte eines Staates. In den Verhandlungen im Rahmen der UN gibt es zwei gegensätzliche Vorschläge. Der eine läuft darauf hinaus, daß Streitkräfte von Staaten per definitionem keine Terrorismusverbrechen, sondern höchstens Kriegsverbrechen begehen können. Der andere Vorschlag, unterbreitet von den Mitgliedern der Organisation der Islamischen Konferenz, will Sicherheit erreichen, daß den Kämpfern einer Befreiungsbewegung nicht der Status als Kombattanten im Sinne des humanitären Völkerrechts verweigert wird und sie während eines bewaffneten Konflikts, »einschließlich in Situationen fremder Besetzung«, dem humanitären Völkerrecht und nicht dem Antiterrorismus-Übereinkommen unterliegen.

Vielleicht wird auf der 60. (Jubiläums-)Tagung der UN im Herbst ein Kompromiß über eine Definition erreicht. Der sollte jedoch nicht auf Kosten der Legitimität jetziger und zukünftiger Befreiungsbewegungen gehen und darf Staatsterrorismus nicht ausschließen. Ein entscheidendes Kriterium der Abgrenzung legitimen Widerstands vom Terrorismus besteht darin, daß der Widerstandskämpfer seine bewaffneten Angriffe gegen die bewaffneten Kräfte der Besatzer und deren einheimische bewaffnete Handlanger richtet, aber nicht gegen Zivilisten, seien es Iraker oder Ausländer. Fest steht: Selbstmordattentate gegen Zivilisten, Geiselnahmen und Hinrichtungen durch Kräfte, die sich als irakischer Widerstand ausgeben oder von anderen so bezeichnet werden, sind keine völkerrechtlich zulässigen Mittel des Widerstands. Sie haben mit legitimem bewaffneten Widerstand nichts zu tun. Sie sind Verbrechen nach Völkerrecht, ebenso wie Mißhandlungen von Kriegsgefangenen, Mord an Zivilisten und Zerstörung ziviler Objekte durch die Besatzer. In der Berichterstattung und Kommentierung der Medien und in den Erklärungen der Politiker werden gewöhnlich alle bewaffneten Aktionen gegen die Besatzer und ihre einheimischen Handlanger ohne Unterschied dem Terrorismus zugerechnet. Dagegen kommt auf der Seite der Besatzer möglicherweise dieses oder jenes vereinzelte Kriegsverbrechen vor, das milde bestraft wird oder auch gar nicht. Aber vor dem Vorwurf des Terrorismus sind sie von vornherein geschützt. Es wird überhaupt nicht geprüft, ob die Besatzer Staatsterrorismus praktizieren. Diese Einäugigkeit ist inakzeptabel.

Terrorismus ist ein Verbrechen, von wem auch immer es begangen wird. Aber eines darf nicht vergessen werden: Die USA und ihre Verbündeten haben mit ihrem Aggressionsverbrechen und der völkerrechtswidrigen Besetzung des Irak eine wesentliche Ursache für abscheuliche terroristische Reaktionen gelegt. Die illegale Besetzung muß beendet werden.

Fußnoten:
  1. Antonio Cassese, International Law, Oxford 2001, S. 322
  2. A/Res/2625 (XXV) vom 24. 10. 1970
  3. A/Res/2649 (XXV) vom 30. 11. 1970
  4. A/Res/3070 vom 30. 11. 1973
  5. A/Res/3314 (XXIX) vom 14. 12. 1974
  6. BGBl. 1990 II S. 1551
  7. 7 Vgl. den Entwurf eines Übereinkommens über den Internationalen Terrorismus, GA, Official Records, Fifty-seventh Session, Supplement No. 37 (A57/37)
* Vortrag bei der "Internationalen Irak-Konferenz. Besatzung, Widerstand, internationale Solidarität" in Berlin am 12. März 2005.

Aus: junge Welt, 16. März 2005



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