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Marshallplan für Klimaschutz

UNO fordert in einem Bericht massive Hilfen für Entwicklungsländer

Von Annegret Mathari, Genf *

Die UNO fordert einen globalen, nachhaltigen »New Deal« sowie ein Zusammengehen der Bekämpfung des Klimawandels und des Wirtschaftswachstums. Massive Investitionen sollen es Entwicklungsländern ermöglichen, ihr Wachstum auf sauberer Energie aufzubauen.

Die Begrenzung des Klimawandels muss einem UNO-Bericht zufolge mit der wirtschaftlichen Entwicklung verbunden werden. Andernfalls könnten Entwicklungsländer sich nicht daran beteiligen, was jedoch notwendig sei. Eine Umstellung auf wirtschaftliche Aktivitäten mit geringem Ausstoß von Treibhausgasen bei einem Wachstum von jährlich sechs bis acht Prozent in Entwicklungsländern sei nötig und machbar, schreiben die Autoren des Berichts »Entwicklung fördern - den Planeten retten«, der am Dienstag (1. Sept.) anlässlich der Klimakonferenz in Genf veröffentlicht wurde.

Eine Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien setzt massive Investitionen voraus. Die bislang zugesagten bi- und multilateralen Beträge, um den Auswirkungen der Erderwärmung zu begegnen, sind den Autoren zufolge völlig unzureichend. Schätzungen, welche Summen zusätzlich benötigt werden, um den Klimawandel zu begrenzen und Anpassungsmaßnahmen zu finanzieren, schwanken zwischen 0,2 Prozent und 2 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP); dies wären bis zu 1200 Milliarden Dollar. Zu Anpassungsmaßnahmen zählen etwa wetterresistentere Nahrungsmittelpflanzen. Zur Finanzierung der massiven Investitionen in neue Infrastrukturen in Entwicklungsländern schlägt die UNO unter anderem die Schaffung eines neuen internationalen Fonds für saubere Energie vor.

Die Autoren fordern einen »globalen, nachhaltigen New Deal« und plädieren dafür, so rasch wie möglich jährlich mindestens ein Prozent des globalen BIP, also rund 600 Milliarden Dollar, zu investieren. »Wir sprechen über einen neuen Marshallplan«, sagte Richard Kozul-Wright, einer der Autoren des Berichts und Abteilungsleiter bei der UNO-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten. Ein Prozent des globalen BIP entspreche dem Betrag, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg in den Wiederaufbau Europas investierten.

Nach Angaben des Weltklimarats IPCC, der 2007 den Friedensnobelpreis erhielt, müssen die Treibhausgasemissionen weltweit bis 2050 um 50 bis 80 Prozent gesenkt werden. Die Autoren warnen daher davor, weiterhin auf verschmutzende Energien zu setzen, die den Klimawandel nur verschärfen würden. Die Erderwärmung bis Ende dieses Jahrhunderts auf durchschnittlich zwei Grad zu begrenzen, sei bereits ein Lauf gegen die Zeit. Kozul-Wright wies darauf hin, dass der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in den Industrieländern durchschnittlich siebenmal höher ist als in Entwicklungsländern. Selbst der Pro-Kopf-Ausstoß von China liege heute auf dem Niveau der USA vor dem Ersten Weltkrieg. Von den Entwicklungsländern zu verlangen, ihren Treibhausgas-Ausstoß zu verringern, während ihr Bedarf an Energie stark zunehmen werde und das Wirtschaftswachstum ihre Priorität bleibe, um die Armut zu reduzieren, führe in eine Sackgasse, warnte Kozul-Wright. Die heute bestehende ungleiche Verteilung des Reichtums weitere 50 Jahre beibehalten zu wollen, sei wirtschaftlich, politisch und moralisch inakzeptabel.

Wetterexperten

Noch bis Freitag (4. Sept.) beraten in Genf mehr als 2500 Wetterexperten aus 150 Ländern über ein weltweites Klimanetzwerk. Schirmherrschaft hat die Weltmeteorologieorganisation (WMO), eine Fachorganisation der UNO. Ziel ist ein umfassender Austausch von Klimadaten, um Entscheidungsträger weltweit besser auf die Folgen der Erderwärmung vorzubereiten. Groß sind vor allem die Informationslücken zwischen Industrie- und Entwicklungsstaaten. ND

* Aus: Neues Deutschland, 2. September 2009

Promoting Development, Saving the Planet

Hier geht es zum Bericht "Promoting Development, Saving the Planet" (englisch, 242 Seiten:
pdf-Datei - externer Link




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