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Flüsse bedroht

Studie: Verschmutzung gefährdet 80 Prozent der Weltbevölkerung

Von Walter Willems *

Gifte, Staudämme, fremde Arten: Die Flüsse der Erde sind ökologisch zunehmend bedroht. Dies berichtet ein internationales Forscherteam im Magazin »Nature« (Bd. 467, S. 555).

In einer ersten globalen Bestandsaufnahme untersuchten Wissenschaftler den Einfluss von 23 Umweltfaktoren auf Fließgewässer - mit Blick sowohl auf den Menschen als auch auf die Artenvielfalt. 65 Prozent der Flusssysteme werden nun dabei als bedroht eingestuft. Die Gewässer versorgen fünf Milliarden Menschen, 80 Prozent der Weltbevölkerung, mit Trinkwasser und sind Lebensraum von Tausenden Pflanzen- und Tierarten. »Wenn man die vielen Gefahrenquellen analysiert, findet man, dass sich der Zustand der Flüsse weltweit verschlechtert«, sagt Charles Vörösmarty von der City University of New York.

Wie die Mitarbeiter von neun Forschungseinrichtungen betonen, steht der Zustand der Gewässer in direktem Zusammenhang zum Menschen: In wenig besiedelten Gegenden wie den Polarregionen oder Amazonien sind die Flüsse noch weitgehend intakt. Beunruhigend dagegen ist die Situation in den dicht bevölkerten Gebieten - weite Teile Zentralasiens, Indien, Ostchina sowie Regionen Nordamerikas und nahezu ganz Europa. Dort verschmutzen viele Schadstoffe, darunter Pestizide oder Düngemittel, zunehmend auch Rückstände von Medikamenten die Gewässer. »Durch unsere Wasserwege strömt ein wahrer Chemikaliencocktail«, mahnt Vörösmarty.

Gleichzeitig wird von den Flüssen immer mehr Wasser abgezweigt - zur Versorgung der Bevölkerung oder zur Bewässerung von Feldern. Viele Ströme wie der nordamerikanische Colorado River versickern inzwischen schon vor ihrer einstigen Mündung.

Staudämme und Wasserreservoirs bedrohen gewöhnlich zwar nicht die Trinkwasserversorgung von Menschen. Sie gefährden aber die Wanderung von Wasserbewohnern und lassen flussabwärts gelegene Feuchtgebiete vertrocknen. Durch die Veränderungen seien Tausende Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht, mahnen die Wissenschaftler.

»Die Flüsse weltweit befinden sich in einem ausgesprochenen Krisenzustand«, mahnt der Süßwasser-Zoologe Peter McIntyre von der Universität von Wisconsin. »Aber dass einige der größten Bedrohungen in den USA und Europa liegen, ließ uns wirklich die Kinnlade runterklappen.«

Der sich verschlechternde Zustand der Flüsse belastet auch die Wirtschaft, vor allem in den armen Entwicklungsländern. »In den Industrieländern gefährden wir unsere Oberflächengewässer und verschleudern dann Milliarden Dollar, um die Probleme zu regeln«, sagt Vörösmarty. »Arme Länder können sich das nicht leisten.« Die Wissenschaftler schlagen vor, nicht nur die Symptome zu kurieren, sondern auch die Wasserressourcen systematisch zu schützen, von den Einzugsgebieten bis zu den Mündungen der großen Ströme - etwa durch bessere Landnutzung oder sparsamere Bewässerungstechniken. Da viele Flüsse Ländergrenzen überqueren, fordern sie einen internationalen Ansatz.

Der sich verschlechternde Zustand der Flüsse belastet auch die Wirtschaft, vor allem in den armen Entwicklungsländern. »In den Industrieländern gefährden wir unsere Oberflächengewässer und verschleudern dann Milliarden Dollar, um die Probleme zu regeln«, sagt Vörösmarty. »Arme Länder können sich das nicht leisten.« Die Wissenschaftler schlagen vor, nicht nur die Symptome zu kurieren, sondern auch die Wasserressourcen systematisch zu schützen, von den Einzugsgebieten bis zu den Mündungen der großen Ströme - etwa durch bessere Landnutzung oder sparsamere Bewässerungstechniken. Da viele Flüsse Ländergrenzen überqueren, fordern sie einen internationalen Ansatz.

* Aus: Neues Deutschland, 4. Oktober 2010


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