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Washington Post: Bush ermächtigt CIA zur Ermordung Bin Ladens

Nach einem Bericht des Korrespondenten Bob Woodward der Washington Post vom 21. Oktober unterzeichnete US-Präsident Bush im September einen Befehl, wonach der amerikanische Geheimdienst CIA zur weitreichendsten und tödlichen verdeckten Aktion ermächtigt wird, die das CIA seit seiner Gründung durchführte. Ausdrücklich geht es darin um die Vernichtung von Bin Laden und seines weltweiten Netzwerks Al Quaida.

Der Präsident bewilligte außerdem eine Miiliarde US-Dollar zusätzlich für den Krieg des CIA gegen den Terrorismus. Die Operation schließe die bisher beispiellose Koordination zwischen CIA und dem Militär ein. Offizielle Stellen sagten, dass der Präsident versprochen habe, dafr auch militärische Einheiten zur Verfügung zu stellen.

Bush's Befehl lautet, das CIA solle Bin Ladens Kommunikationssystem, seinen Sicherheitsapparat und seine Infrastruktur angreifen. Der US-Geheimdienst habe neue und wichtige spezifische Schwächen in der Bin-Laden-Organisation ausfindig gemacht, die nicht öffentlich bekannt seien. Diese verwundbaren Stellen würden im Zentrum der tödlichen verdeckten Aktion stehen.

"Die Schonzeit ist vorbei", sagte ein Regierungsvertreter. "Der Präsident hat dem Geheimdienst grünes Licht gegeben, alles zu tun, was ihm notwendig erscheint. Tödliche Operationen, die vor dem 11. September noch undenkbar waren, sind nun in Gang."

Die Washington Post weist im Übrigen darauf hin, dass diese Aktion des CIA nicht nur im gegenwärtigen Kampf des Präsidenten gegen den Terrorismus, sondern auch bei zukünftigen Operationen eine Schlüsselrolle spielen.

Jeden Tag landet ein CIA-Dokument mit dem Titel "Bedrohungs-Matrix" auf dem Schreibtisch des Präsidenten, in dem die neuesten und sensibelsten ungeschönten Berichte über Dutzende von Bomben-, Flugzeugentführungs- und Vergiftungsdrohungen enthalten sind. Dabei handelt es sich nur um die Meldungen, die einige Glaubwürdigkeit besitzen. Allein an einem Tag in der letzten Woche habe die Matrix 100 Drohungen gegenüber US-Einrichtungen in de3n Vereinigt5en Staaten und weltweit enthalten: Einkaufszentren, besondere Städte, Plätze, auf denen sich Tausende von Menschen aufhalten, Botschaften. Obwohl fast alle darin aufgelisteten Drohungen ohne tatsächlichen Zwischenfall vorüber gegangen seien und sich 99 Prozent als grundlos erwiesen haben, werden soie jeden Tag durch Dutzende anderer Drohungen ersetzt.

So könnte weiter gehen. Vicepräsident Ceheney jedenfalls erklärte laut Washington Post in einem Interview: Der gegenwärtige Krieg gegen den Terrorismus unterscheide sich vom Golfkrieg 1991 (damals war Cheney Verteidigungsminister unter Bush sen.) dadurch, dass der jetzige Krieg "niemals" enden werde. "Mindestens nicht zu unseren Lebzeiten."

Am Ende des Artikels geht Woodward auch auf die nicht eben rühmliche Geschichte der CIA-Aktionen ein. Die bekanntesten tödlichen Operationen habe das CIA gegen den Führer der kubanischen Revolution, Fidel Castro, in den 50er und 60er Jahren durchgeführt. Unter anderem sei ein Plan schief gegangen, Fidel Castro mit dem hochgradigen Gift "Blackleaf-40" zu ermorden. Das war am 22. November 1963, zur gleichen Zeit, als Präsident Kennedy erschossen wurde. Andere Pannen geschahen bei verdeckten Operationen in Nicaragua (in den 80er Jahren), im Iran (Iran-Contra-Affäre) oder im Libanon (1985).

Dies alles geschah, obwohl seit der Amtszeit von Präsident Ford alle Präsidenten einen Erlass unterzeichneten, wonach es dem CIA und anderen Regierungsstellen verboten sei, in politische Morde verwickelt zu werden. Das CIA und Rechtsanwälte des Weißen Hauses haben aber immer darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Verbot nicht auf Kriegszeiten anwendbar sei. Außerdem können sich die Vereinigten Staaten bei ihrem Kampf gegen die Terroristen auf ihr Selbstverteidigungsrecht berufen.

Zusammenstellung: Pst nach dem Artikel in der Washington Post: "CIA Told to Do 'Whatever Necessary' to Kill Bin Laden" von Bob Woodward, 21. 10. 2001.

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