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"Die Deutsche Bank ist der Hauptprofiteur"

Sie ist mit einer Milliarde Euro am Geschäft mit geächteter Munition beteiligt. Ein Gespräch mit Thomas Küchenmeister


Thomas Küchenmeister ist Koordinator der Kampagne »Facing Finance –Finanzmärkte im Visier«. Das Bündnis aus Nichtregierungsorganisationen informiert über Unternehmen, die mit ihren Geschäften gegen Menschen- und Arbeitsrechte sowie Umweltschutznormen verstoßen, und will dafür sensibilisieren, nicht in diese Unternehmen zu investieren

Sie haben in der Studie »Tödlicher Profit« aufgedeckt, daß deutsche Banken und Versicherer weiterhin in das Geschäft mit Streumunition und Antipersonenminen verstrickt sind. Welcher Art sind diese Machenschaften?

Die Geschäftsbeziehungen bestehen in direkten Investments, z.B. der Erwerb von Aktien- oder Fondsanteilen, die Ausgabe von Unternehmensanleihen und die Vergabe von Krediten an die Hersteller dieser Waffen sowie im Bereich Vermögensmanagement, also im Auftrag von Dritten.

Welche Summen stecken hinter diesen Geschäftsbeziehungen?

Die von uns in der Studie recherchierten deutschen Beteiligungen belaufen sich auf 1,3 Milliarden Euro. Wir sind allerdings in den vergangenen Tagen gerade im Bereich der Riester-Rente auf eine Reihe weiterer Beteiligungen gestoßen, so daß wir inzwischen fast 1,6 Milliarden Euro nachweisen können. Und auch das ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs, weil wir große Teile der Investitionen gar nicht untersuchen konnten. So haben wir keine Informationen in bezug auf große Versicherungsunternehmen und ihre Anlagen bei kapitalgedeckten Lebensversicherungen.

Streumunition wurde mit dem zum 1. August 2010 in Kraft getretenen und auch von Deutschland unterzeichneten Oslo-Abkommen international geächtet. Ist die deutsche Geschäftstätigkeit mit diesem Datum zurückgegangen?

Im Vergleich zu einer Studie von Pax Christi, die kurz vor Inkrafttreten der Konvention veröffentlicht wurde, haben wir jetzt beispielsweise in bezug auf die Deutsche Bank sogar umfassendere Geschäftsbeziehungen nachweisen können.

Wer sind die größten Profiteure unter Deutschlands Banken?

Die Deutsche Bank ist mit großem Abstand der Hauptprofiteur. Sie und ihre Tochterunternehmen sind nach unseren Nachforschungen mit knapp einer Milliarde Euro am Geschäft mit Streumunition und Antipersonenminen beteiligt. An zweiter Stelle folgt die UniCredit/Hypovereinsbank mit 225 Millionen Euro. Dazu kommen einige staatliche Institute mit kleineren Beteiligungen wie die DekaBank und auch drei Landesbanken. Es gibt aber auch Lichtblicke: So ließen sich für die Commerzbank keine Beteiligungen nachweisen. Gleiches gilt für alternative Banken wie etwa die GLS. Und auch Union Investment soll auf das belastete Investment verzichtet haben.

Eine Reihe von Riester-Produkten setzt auf das Geschäft mit dem Tod. Um welche Größenordnung geht es hier?

Wir haben 21 Anbieter von Riester-Fonds ausfindig gemacht, die mit insgesamt 500 Millionen Euro in die Herstellung geächteter Waffen investieren. Dabei muß man bedenken, daß die Bundesregierung diese Art der Altersvorsorge mit Steuergeldern fördert. Die Regierung gibt offen zu, die Verwendung der Förderung nicht zu kontrollieren. Statt dessen setzt sie auf den mündigen Anleger und die Selbstverpflichtung der Branche. Das ist aber hochgradig fahrlässig, denn die wenigsten können durchschauen, welche Beteiligungen ein Fonds umfaßt. Oder es werden Anleger von den Anbietern darüber gar nicht informiert, daß sie gegebenenfalls vom Geschäft mit dem Tod profitieren.

Müssen die von Ihnen bloßgestellten Banken und Versicherer jetzt mit Konsequenzen rechnen?

Die Bundesregierung nimmt den Standpunkt ein, daß das Investment in die Herstellung der Waffen durch die Oslo-Konvention nicht verboten ist. Wir widersprechen dem und berufen uns auf Artikel 1c des Abkommens, der jegliche Unterstützung der Herstellung bzw. der Hersteller untersagt. Wir werden jetzt eine Lobbyinitiative im Bundestag starten und für ein Gesetz werben, welches jede Art der Finanzierung von geächteten Waffen, das heißt auch jede Beteiligung daran, verbietet.

Andere EU- oder NATO-Partner wie Belgien, Luxemburg oder Irland sind diesen Schritt längst gegangen. Warum Deutschland nicht?

Es darf nicht dazu kommen, daß am Ende den Regierenden die Interessen von Banken und Finanzdienstleistern näher sind als die der Opfer völkerrechtswidriger Waffen.

Interview: Ralf Wurzbacher

* Aus: junge Welt, 14. Dezember 2010

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