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US-Militär wird seine Präsenz in Deutschland verringern

Weiter Spekulationen zu den Hintergründen der Verlagerung von Militärstützpunkten

Von Thomas Klein, Wiesbaden

Bei der geplanten Reform der Stationierung von US-Truppen in Deutschland ist nach Angaben von General James Jones noch keine Entscheidung über eine Schließung von militärischen Standorten gefallen. Jones, Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, erklärte zu Beginn der Woche in Stuttgart: Berichte der Tageszeitung "Die Welt", die in ihrer Montagsausgabe berichtet hatte, von den in Deutschland stationierten US-Kampftruppen solle nach einem Irak-Krieg allenfalls noch eine Panzerbrigade an ihren bisherigen Standort zurückkehren, könne er nicht bestätigen.

Nach den Zeitungsangaben sind von der geplanten Reform u.a. Kampftruppen in Heidelberg betroffen. Auswirkungen hätte ein Abzug vor allem in den südlichen und südwestlichen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz. Hier sind die meisten US-Soldaten in Deutschland stationiert.

Gemäß der bisher bekannt gewordenen Aufmarschplanung möchte die US-Regierung in der Türkei 62.000 Soldaten zur Errichtung einer Nordfront zusammenziehen. Bisher verweigert das Parlament in Ankara hierfür seine Zustimmung. Ein großer Teil dieser Nordfront käme vom V. Korps aus Deutschland, genauer gesagt aus Wiesbaden. Der Kommandeur der etwa 40.000 Soldaten des V. Korps hat sein Hauptquartier in Heidelberg. Nach Kuwait verlegt wurden in den letzten Wochen u.a. eine Hubschrauberstaffel und eine Feldjägerbrigade aus Mannheim, zwei Pioniereinheiten aus Bamberg, und ein Versorgungskommando aus Wiesbaden. Ein großer Teil des 52. Jagdgeschwaders, das in dem Eifel-Ort Spangdahlem stationiert ist, wurde inzwischen ebenfalls in die Golfregion ausgeflogen.

Jones hielt unterdessen den Gerüchten eines in den nächsten Jahren erfolgenden Abzugs großer Teile der US-Armee aus Deutschland entgegen, die Pläne zur Umstrukturierung seien noch in einem "embryonalen Stadium". Es gebe deshalb auch keine Liste "welche Stützpunkte geschlossen werden könnten". Ziel sei es aber in der Tat, zukünftig kleinere, flexiblere Einheiten und Standorte mit weniger Infrastruktur zu schaffen. Dabei werde auch an neue US-Basen in Osteuropa gedacht. Die Umstrukturierung habe jedoch rein militärische Gründe, so Jones weiter, und sei nicht Ausdruck der Differenzen zwischen Deutschland und den USA.

Richtig ist, dass es in den USA nicht erst seit der deutschen Ablehnung eines Waffengangs im Irak, sondern schon seit geraumer Zeit Überlegungen gibt, die Einsatzdauer der US-Soldaten in Europa drastisch zu verkürzen. Einhergehen würde eine solche Entscheidung mit einer Reduzierung bei der bisherigen Infrastruktur. Der Stopp von geplanten Ausbauten bei Unterkünften, Hospitälern, Supermärkten und anderen Einrichtungen stünde außerdem auf der Tagesordnung.

Genau das ist gegenwärtig schon beim laufenden Ausbau der rheinland-pfälzischen US-Airbase Spangdahlem der Fall. Hier hat das US-Verteidigungsministerium den geplante Bau eines neuen, 33 Millionen Dollar teuren Hospitals definitiv auf Eis gelegt.

Als wahrscheinlich gilt, dass aktuelle politische Differenzen bei den beschlossenen Maßnahmen und angestellten Überlegungen höchstens eine untergeordnete Rolle spielen, und militär-strategische Optionen klar im Vordergrund stehen. In diesem Zusammenhang von Bedeutung: Mit dem Bau von neuen Stützpunkten und entsprechender Infrastruktur in Polen, Ungarn oder Rumänien würde das US-Militär auch bei den wichtigen, europäischen "Sprungbrettern" in den Nahen und Mittleren Osten näher an die Krisenregion "heranrücken".


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