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Die Amis bleiben uns erhalten

Keine US-Truppenreduzierung in Deutschland / Russland als Buhmann

Von René Heilig *

US-Verteidigungsminister Robert Gates hat laut einem Bericht der »New York Times« den von seinem Vorgänger Donald Rumsfeld geplanten Truppenabzug von Standorten in Deutschland und Italien gestoppt.

Gates will die derzeit 43 000 in Europa stationierten US-Soldaten an ihren dortigen Stützpunkten belassen. Sein Vorgänger Donald Rumsfeld hatte – nach der Weigerung Deutschlands, mit in den Irak-Krieg zu ziehen – die Anzahl der US-Truppen in Deutschland von 62 000 im Jahr 2005 auf nur 24 000 bis Ende 2008 verringern wollen. Dieser Plan, der als wichtigste Umgruppierung der US-Truppen seit dem Ende des Kalten Krieges bewertet wurde, ist nunmehr hinfällig. Problematisch erscheinen die Gründe. Gates folgt angeblich einer Empfehlung der Europa-Kommandeure Bantz Craddock und David McKiernan. Letzterer habe die Sorgen vor einem »wiedererstarkten Russland« angeführt. Wichtig ist den US-Generalen in dem Zusammenhang auch das gemeinsame Training mit den europäischen NATO-Truppen. Gates wolle nun unter anderem drei schwer bewaffnete Kampfbrigaden – darunter vermutlich vor allem rasch verlegbare Striker-Einheiten – in Deutschland belassen.

Experten vermuten hinter der Entscheidung auch Signale der Dankbarkeit für die langjährige logistische Unterstützung bei den Irak- und Afghanistan-Feldzügen. Weder in den neuen bulgarischen noch in den jüngst eröffneten rumänischen US-Stützpunkten sind die ökonomischen Voraussetzungen so optimal wie in Deutschland. Zugleich seien GIs außerhalb der USA nirgends sicherer als in Deutschland.

Unberührt von der Entscheidung über die weitere massive Präsenz der US-Truppen in Deutschland ist die Entscheidung über die Lagerung von US-Atomwaffen. Noch lagern vermutlich 20 Nuklearwaffen in Büchel, dem Standort des zum Transport der Bomben auserwählten Bundeswehr-Jagdbomber-Geschwaders 33. Der Abzug der Massenvernichtungswaffen, der offenbar von der Bundesregierung im Rahmen der nationalen Teilhabe nicht forciert wird, wäre ein Beitrag zur Vertrauensbildung in Europa und zur Fortsetzung des gestörten KSE-Prozesses.

Keinen Einfluss hätte die global-rückwärtige Stationierung von US-Einheiten in Deutschland nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Otfried Nassauer, Chef des Informationszentrums für transatlantische Sicherheit (BITS), auf einen Luftwaffenschlag gegen Iran. Für partielle Schläge, die Bush möglicherweise kurz vor den US-Präsidentenwahlen befehlen könnte, benötige man keine europäischen Stützpunkte.

Die weitere Stationierung der US-Streitkräfte in Deutschland trifft auch den deutschen Steuerzahler. Laut einer aktuellen Auskunft beliefen sich die direkten »Ausgaben des Bundes für Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt der amerikanischen Streitkräfte« in den vergangen sechs Jahren auf rund 480 Millionen Euro.

* Aus: Neues Deutschland, 23. November 2007


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