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Rotlicht: Münchner Sicherheitskonferenz

Von Frank Brendle *

Über 50 Jahre gibt es sie jetzt schon: Die Münchner Sicherheitskonferenz ist hierzulande das mit Abstand wichtigste Treffen von Politikern, Militärs und Rüstungsunternehmen. Allein im letzten Jahr waren 60 Außen- und Verteidigungsminister sowie 20 Staats- und Regierungschefs unter den Teilnehmern. Der prominenten Beteiligung entspricht die Bedeutung, die sie auch bei ihren Gegnern hat: Die Demo gegen die »NATO-Konferenz« steht seit Jahren nicht nur im Kalender der Münchner Friedensbewegung, es kommen Tausende aus dem ganzen Bundesgebiet zum Protest. Tatsächlich stellen die NATO-Staaten nach wie vor die meisten Konferenzteilnehmer. Ganz oben steht die »transatlantische Partnerschaft«: Der US-Senat entsendet größere Delegationen, 2009 und 2013 war US-Vizepräsident Joseph Biden dabei, regelmäßig kommt der NATO-Generalsekretär.

Über Jahrzehnte firmierte die erstmals 1963 tagende Konferenz unter der Bezeichnung »Wehrkundetagung«, die Teilnehmer kamen fast ausschließlich aus Staaten, die sich dem »freien Westen« zurechneten, und Gegenstand der Konferenz war die Optimierung der Strategie im Kalten Krieg gegen den Warschauer Vertrag. Nach dessen Auflösung mutierte die Konferenz zur »Sicherheitskonferenz« und erweiterte nach und nach ihre Gästeliste: Es kamen Vertreter jener ostmitteleuropäischen Staaten, die alsbald in die NATO eintraten. Aber auch Staaten, die in mehr oder weniger offener Konkurrenz zum westlichen Militärbündnis stehen, schätzen die Konferenz als wichtige Gelegenheit zum Austausch: Russland, China, Indien und Brasilien entsenden ebenfalls regelmäßig Vertreter. 2007 war Wladimir Putin anwesend, dieses Jahr kommt der russische Außenminister Sergej Lawrow. Hauptthema ist dieses Mal der Ukraine-Konflikt.

Die Konferenz verabschiedet keine Resolutionen – ihre zentrale Bedeutung zieht sie aus dem, was hinter den Kulissen vor sich geht. Bei kaum einem anderen Großereignis auf der Welt tummeln sich so viele Staatsleute auf so kleinem Raum, wie am ersten Februarwochenende im Münchner Hotel Bayerischer Hof. Konferenzchef Wolfgang Ischinger, einst deutscher Botschafter in den USA, formuliert in einem aktuellen Rückblick: »Wo sonst trifft man eine Gruppe europäischer Minister, die in einer Ecke bei einem Bier, außerhalb des Protokolls, mit Cathy Ashton (der früheren EU-Außenbeauftragten, jW) diskutiert?« Er bezeichnet die Konferenz als »Drehkreuz«, an dem wichtige Entscheidungen vorbereitet würden.

Die Konferenz ist offiziell eine Privatveranstaltung, die allerdings von der Bundesregierung großzügig gesponsert wird: Mehrere hundert Bundeswehrsoldaten kümmern sich um logistische Details, An- und Umbauten usw., und das Bundespresseamt fördert das »Projekt« mit großzügigen Summen. Insgesamt lässt sich der Bund das Event knapp eine Million Euro kosten, das ist über die Hälfte des Gesamtetats. Den Rest geben Rüstungs- und Technologiekonzerne. Die Bundesregierung schätzt die Gelegenheit, sowohl ihren Partnern als auch der Öffentlichkeit ihren Standpunkt zu verdeutlichen. Das taten im vergangenen Jahr Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, alle drei mit der gleichen Botschaft: Deutschland müsse sich auch militärisch mehr »engagieren«, so etwa Gauck, der Kriegsverweigerern »Weltabgewandtheit oder Bequemlichkeit« vorwarf.

In den letzten Jahren ist Ischinger dazu übergegangen, auch mehr oder weniger scharfe Kritiker der herrschenden »Sicherheitspolitik« einzuladen. So sind in diesem Jahr unter den 400 »hochrangigen Entscheidungsträgern« nicht nur die Vorstände von Amnesty International, Human Rights Watch und Greenpeace, sondern auch eine Handvoll Bundestagsabgeordneter der Linkspartei. Deren Verteidigungsexperte Alexander Neu hat angekündigt, bei den Flurgesprächen genau hinzuhören und sich gleichwohl an der Demo gegen diesen »Kriegsratschlag« zu beteiligen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 4. Februar 2015


Bund ist Hauptsponsor der Münchner Sicherheitskonferenz

Pressemitteilung von Ulla Jelpke **

„240 Bundeswehrsoldaten werden in diesem Jahr zur Unterstützung der Konferenz abgestellt. Das sind zwar deutlich weniger als die 327 vom Vorjahr – zugleich wird aber die finanzielle Unterstützung der Konferenz ausgebaut: Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung sponsert das Event jetzt mit 500.000 Euro, das sind 150.000 Euro mehr als bisher. Zusammen mit den Personal- und Sachkosten, die bei der Bundeswehr entstehen, wird damit auch in diesem Jahr wieder die Millionengrenze erreicht.

Das Gesamtbudget der Konferenz wird auf 1,721 Millionen Euro veranschlagt. Das macht deutlich: Obwohl die Konferenz offiziell als Privatveranstaltung des ehemaligen Diplomaten Wolfgang Ischinger firmiert, ist der Bund der Hauptsponsor dieses Kriegsratschlags. Ohne Bundesmittel gäbe es diese Veranstaltung überhaupt nicht. Und das wäre auch gut so, denn das jährliche Stelldichein vor allem von NATO-Größen und Rüstungsproduzenten hat mit den Interessen der steuerzahlenden Bevölkerung nichts zu tun. Für diese Veranstaltung sollte es keinen Cent an Steuergeldern geben.

DIE LINKE ruft auch in diesem Jahr zur Demonstration gegen die Konferenz auf.“

** Aus: Homepage von Ulla Jelpke, 30.01.2015; www.ulla-jelpke.de/




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