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Einigkeit bei Mali, Streit um Syrien

Schlagabtausch zu NATO-Raketenschild bei Münchner Sicherheitskonferenz / Friedliche Gegendemos

Von Hans Voß *

Auf der Sicherheitskonferenz in München gab es viel Übereinstimmung und wenig Differenzen - so beim Syrienkonflikt. Außerhalb der Tagung demonstrierten rund 2000 Menschen friedlich gegen das Treffen von Spitzenpolitikern aus aller Welt.

Die Vorschusslorbeeren der Münchener Sicherheitskonferenz sind bereits verwelkt: Fortschritte bei der Lösung des Syrien-Konfliktes, Konzepte für die Beendigung des Krieges in Mali. Ergebnis: Fehlanzeige.

Hohe Erwartungen wurden auch an die Teilnahme des US-Vizepräsidenten Joe Biden gerichtet. Von ihm wurde angenommen, dass er das außenpolitische Programm seines Präsidenten Barack Obama erläutern würde. Obama hatte dazu bisher wenig verlauten lassen. Man erinnerte sich daran, dass Biden nach dem Wahlsieg seines Präsidenten vor vier Jahren mit einem ähnlichen Auftrag nach München gekommen war.

Die Bilanz ist durchwachsen. Biden versicherte seinen Zuhörern zwar das, was sie hören wollten, nämlich dass sich am prinzipiellen Vorgehen der USA in der internationalen Arena nichts ändern werde. Trotz einer Hinwendung zum pazifischen Raum bleibe für die USA die Zusammenarbeit mit den europäischen NATO-Staaten zentrales Anliegen. Wie seine Verbündeten in Europa vertrete Washington den Standpunkt, dass das Assad-Regime in Syrien abgewirtschaftet habe. Demonstrativ traf sich Biden in München mit Vertretern der syrischen Opposition. Als Geste der Bewegung könnte man vielleicht die Wiederholung des Angebots an Teheran auffassen, in konkrete Verhandlungen einzutreten.

Verhandlungen mit Teheran unterstützt auch Russland. Außenminister Sergej Lawrow wandte allerdings ein, dass es dabei neben der Nuklearfrage um weitere Fragen gehen sollte, an denen Teheran Interesse habe. In der Frage des Syrienkonfliktes widersprach Lawrow dem US-Politiker. Für Russland stehe fest, dass Präsident Assad fest im Sattel sitze und Unterstützung verdiene. Dennoch hatte Lawrow gleichfalls eine Begegnung mit Vertretern der syrischen Opposition.

Weniger konfliktbeladen waren die Aussprachen über den Bürgerkrieg in Mali. Übereinstimmend wurde das französische Vorgehen begrüßt und Unterstützung zugesagt. Der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière kündigte an, dass die Bundeswehr noch im Februar 40 Ausbilder nach Bamako entsenden werde. Damit wird nach dem Einsatz von Lufttransportkapazitäten und Fähigkeiten zum Auftanken fliegender Flugzeuge eine weitere deutsche militärische Komponente ins Spiel gebracht.

Zu einem verbalen Schlagabtausch kam es bei der Sicherheitskonferenz am Punkt Zukunft der NATO. Der Generalsekretär des Militärbündnisses, Anders Fogh Rassmussen, verteidigte Vorhaben wie Ausdehnung und Raketenabwehrsystem. Der russische Außenminister stellte hingegen die Frage nach dem Sinn des Abwehrsystems, gegen wen es sich überhaupt richte. Er wiederholte zudem den Anspruch Russlands, dass das Prinzip gleicher Sicherheit für alle Staaten gelten müsse.

Am Sonnabend hatten rund 2000 Menschen in München gegen die Sicherheitskonferenz demonstriert. Bei nass-kaltem Wetter zogen sie mit Plakaten, Transparenten und Megafon durch die Innenstadt. Rund 80 Organisationen aus ganz Deutschland und zahlreiche Bundestagsabgeordnete unterstützten die Demonstration, zu der 5000 Teilnehmer erwartet worden waren. Um Frieden und Sicherheit geht es nach Ansicht von Demo-Organisator Claus Schreer bei dieser »medienwirksamen Versammlung von Drahtziehern der militärischen Einsätze« überhaupt nicht. Vielmehr diene die Sicherheitskonferenz dazu, militärische Aufrüstung und Kriegseinsätze zu rechtfertigen. Unter den Demonstranten soll auch die frühere RAF-Terroristin Inge Viett gewesen sein. Ein von ihr geplanter Redebeitrag war nach Protesten innerhalb des Friedensbündnisses abgesagt worden. Während der Sicherheitskonferenz waren bis Sonntag etwa 3400 Polizisten im Einsatz.

* Aus: neues deutschland, Montag, 04. Februar 2013


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