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Leiharbeiter in Uniform

Münchner "Sicherheitskonferenz" wird mit Hunderttausenden Euro und 330 Soldaten unterstützt

Von Frank Brendle *

Mit über 800000 Euro unterstützt die Bundesregierung in diesem Jahr die offiziell als »Privatveranstaltung« firmierende sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz, die am kommenden Wochenende stattfindet. Dies geht aus der jetzt eingegangenen Antwort auf eine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, hervor.

Etwas mehr als die Hälfte geht für den Bundeswehreinsatz drauf: Rund 330 Militärangehörige sollen die Konferenz »im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit« unterstützen, fast gleich viel wie im Vorjahr. Eingesetzt werden die Soldaten vor allem im Pressezentrum, im Transport von Teilnehmern und Journalisten und am Tagungsort, unter anderem als Dolmetscher und zur Medienauswertung. Die Kosten für diese 330 Soldaten, die faktisch als Leiharbeiter fungieren, übernimmt der Bund, sie dürften wie im Vorjahr bei rund 441000 Euro liegen.

Zusätzlich werden Feldjäger zum Schutz hoher Generale eingesetzt. Über die Anzahl der Militärpolizisten wurde nichts mitgeteilt. Verzichtet wird auf ihren Einsatz im Tagungshotel. Bis vor zwei Jahren hatten dort Feldjäger quasi als Wachschützer gedient, was heftige Proteste nicht nur auf seiten der Konferenzgegner, sondern bis hin zur FDP hervorgerufen hat, die in dem Vorgehen einen verfassungsfeindlichen Inlandseinsatz sah.

Weitere Unterstützung leistet das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Dieses erhält vom Verteidigungsministerium jährlich einen Etat »für sicherheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit«. In diesem Jahr sind das 405000 Euro, von denen bislang 350000 Euro als »Projektförderung« für die Sicherheitskonferenz eingeplant sind.

Hinzu kommen schließlich noch 30000 Euro, die das Auswärtige Amt bereitgestellt hat, damit sich Konferenzveranstalter Wolfgang Ischinger eine neue »Software für den Internetauftritt« anschaffen kann.

Die großzügige Förderung begründet die Regierung damit, daß die Abhaltung der Konferenz im deutschen Interesse liege Schließlich werde auf der Veranstaltung »offen und kritisch« über sicherheitspolitische Herausforderungen diskutiert. Kritiker verweisen darauf, daß der Veranstalter nicht müde wird, für die Ausweitung des Krieges in Afghanistan zu werben.

Die Abgeordnete Ulla Jelpke hält es für »absolut illegitim, die propagandistische Selbstdarstellung« dieses Kriegsratschlags mit öffentlichen Mitteln zu fördern. Auch die Müncher ver.di-Sektion hat Kritik an dieser Praxis geübt, weil die Konferenz »nur der Durchsetzung von Macht- und Wirtschaftsinteressen« diene. Zur Demonstration gegen die »SiKo« werden am 6. Februar mehrere tausend Demonstranten erwartet.

Die Regierung ihrerseits betrachtet die Konferenzkritiker als Fall für den Verfassungsschutz: Dieser »beobachtet im Rahmen seines Auftrages linksextremistische Bestrebungen im Zusammenhang mit den Protesten gegen die 46. Münchner Sicherheitskonferenz 2010«, heißt es in der Regierungsauskunft.

* Aus: junge Welt, 30. Januar 2010


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