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Westen boykottiert Antirassismuskonferenz

Zahlreiche Länder lehnen Teilnahme an UN-Treffen in New York ab

Von Karin Leukefeld *

Die Veranstaltung zum 10. Jahrestag der UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus in Durban, die anläßlich der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York am 22. September stattfindet, wird von Staaten der westlichen Hemisphäre boykottiert. Zu den ersten, die ihre Teilnahme absagten, gehörten neben den USA, Australien, Kanada und Israel die Tschechische Republik, Italien und die Niederlande. Mittlerweile haben sich auch Deutschland, Frankreich, Polen, Bulgarien, Österreich, Neuseeland und Großbritannien dem Boykott angeschlossen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte bereits Anfang September am Rande des EU-Außenministertreffens in Sopot (Polen) mitgeteilt, daß Deutschland nicht teilnehmen werde, da nicht auszuschließen sei, daß die Gedenkveranstaltung »für antisemitische Äußerungen mißbraucht« werden könne. Die Entscheidung sei »Ausdruck unserer besonderen Verantwortung gegenüber Israel«, so Westerwelle weiter. Gleichwohl bleibe »der Kampf gegen Rassismus ein Kernanliegen deutscher Menschenrechtspolitik«. Auch 2009 hatte Deutschland die Teilnahme an der Durban-Nachfolgekonferenz boykottiert.

Hintergrund ist, daß in der Abschlußerklärung der Durban-Konferenz Israel Rassismus gegenüber den Palästinensern vorgeworfen und die israelische Besatzungspolitik verurteilt werden. Auf Antrag der Konferenz der Nichtregierungsorganisationen, die mit rund 10000 Teilnehmern parallel zu der offiziellen UNO-Konferenz stattfand, sollte zudem die UNO-Resolution 3379 aus dem Jahr 1975 wieder eingesetzt werden. Darin wird der Zionismus als eine Form von Rassismus und Imperialismus bezeichnet. Obwohl der Antrag scheiterte, zogen die Delegationen Israels und der USA aus. Israelische und Israel nahestehende Lobbyverbände haben seitdem kampagnenartig auf Politik und Medien eingewirkt, um die Durban-Konferenz als »antisemitisch« zu diffamieren.

Auf fruchtbaren Boden gefallen ist das bei neokonservativen US-Politikern, die für Donnerstag eine Gegenkonferenz unter dem Motto »Die Gefahren globaler Intoleranz: Die Vereinten Nationen und Durban III« vorbereitet haben. Zu den Rednern gehören der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat Mike Huckabee, der frühere US-Botschafter bei den Vereinten Nationen John Bolton und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel. Die Ziele der UNO-Gedenkveranstaltung seien eng mit dem Schachzug der Palästinenser verknüpft, die einen Tag später in der UNO-Vollversammlung den Antrag auf Anerkennung ihres Staates in den Grenzen von 1967 vorbringen, heißt es zur Gegenkonferenz. Das 2001 in Durban verabschiedete Aktionsprogramm sei Ergebnis einer »antiisraelischen und antiwestlichen UNO-Konferenz«, die nur wenige Tage vor den Angriffen am 11. September auf das Welthandelszentrum in New York stattgefunden habe.

Neben Kolonialismus und Rassismus war es bei der Konferenz in Durban auch um Ansprüche auf Wiedergutmachung für die Opfer von Kolonialismus und Sklaverei gegangen. In der Abschlußerklärung wurden Sklaverei und Sklavenhandel als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt, ebenso, daß Kolonialismus zu Rassismus führt. Auch daran wird bei der UNO-Gedenkveranstaltung am 22. September, an der voraussichtlich Vertreter aus 180 Staaten teilnehmen werden, erinnert. Menschenrechts- und Antirassismusgruppen weltweit begrüßen die Veranstaltung. Im Rahmen einer »Durban+10«-Koalition haben unter anderem schwarze US-Bürgerrechtsorganisationen Aktionen und Veranstaltungen vorbereitet.

Die erste UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus wurde 1978 in Genf abgehalten. Hauptthema war damals die Apartheid in Südafrika. Eine Folgeveranstaltung fand 1983 wiederum in Genf statt. Nachdem das südafrikanische Apartheidregime gefallen war, wurde die dritte Zusammenkunft 2001 unter dem Titel »Weltkonferenz gegen Rassismus, rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit verbundene Intoleranz« im südafrikanischen Durban abgehalten.

* Aus: junge Welt, 21. September 2011


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