Der Gipfel in Prag als historische Wegmarke der NATO
Präventivkriege ab dem Prager NATO-Gipfel auch deutsche und NATO-Politik?
Von Tobias Pflüger, IMI e.V. Tübingen
Heute beginnt in Prag der mit Spannung erwartete NATO-Gipfel. Neben der Osterweiterung geht es um die Aufstellung einer eigenen Eingreiftruppe, um deren Verhältnis zur im Aufbau befindlichen Einsatztruppe der Europäischen Union, um die deutsch-amerikanischen Beziehungen und um den drohenden Irak-Krieg. Tobias Pflüger von der Informationsstelle Militarisierung (IMI e.V.), Tübingen, analysiert den Gipfel.
"Historische Wegmarke" Prag
Der NATO-Generalsekretär George Robertson bezeichnete schon im Februar
den jetzigen Prager NATO-Gipfel als "historische Wegmarke", der
Vorsitzende des Militärausschusses der NATO, der deutsche General Harald
Kujat, legte vergangene Woche noch einmal nach: "Die NATO steht mit
diesem Gipfel am Scheideweg." Was passiert nun auf diesem NATO-Gipfel,
dass die beiden mächtigsten Männer innerhalb der NATO den Gipfel so
hochstilisieren?
Direkt und indirekt stehen nicht weniger als sechs zentrale Punkte für
die Zukunft der NATO auf der Tagesordnung, aber nur die ersten drei
werden in den offiziellen NATO-Verlautbarungen auch genannt.
-
Diskussion über die (Teil-)Übernahme der Bush-Doktrin als NATO-Strategie
- NATO-Osterweiterung
- Neue Aufgabenstellung und neue Ziele für die NATO
- Verbindliches Aufrüstungsprogramm für alle NATO-Staaten
- Aufstellung einer NATO-Interventionstruppe ("NATO Response Force")
mit 21.000 Mann und Frau
- Die Position der NATO und der einzelnen Regierungen zum Irak-Krieg
Zwei weitere Punkte stehen noch offiziell auf der Tagesordnung:
Überprüfung der Rolle der NATO bei den Einsätzen auf dem Balkan und die
Beziehungen zu Nicht-NATO-Staaten.
Einen Punkt sucht man vergeblich auf
der Agenda, er wurde schon vor dem NATO-Gipfel durch die Hintertür
eingeführt:
Der Einsatzradius der NATO soll in Zukunft global sein, und nicht mehr
auf das NATO-Gebiet beschränkt bleiben. Unverwechselbar klar ist dazu
wieder einmal die Zeitung "Die Welt": "Die Nato bereitet sich auf
Einsätze in der ganzen Welt vor". Die Militärzeitschrift IAP ist da noch
deutlicher: Es geht um eine neue "geopolitische Ausrichtung nach Süden".
Die NATO wurde in der internationalen Akteurskonstellation nach dem 11.
September eindeutig geschwächt. Der von den westlichen Regierungen unter
Führung der US-Administration ausgerufene permanente Krieg (offiziell
"Anti-Terror-Krieg") wird in Ad-hoc-Koalitionen geführt. Die NATO wurde
außer für die Ausrufung des Bündnisfalles nicht "gebraucht".
Welche Rolle wird die NATO als Institution nach dem Prager Gipfel
spielen? Und was bedeutet der NATO-Gipfel für die deutsche Politik? Zu
den einzelnen Punkten, die in Prag besprochen werden:
Diskussion über die (Teil-)Übernahme der Bush-Doktrin als NATO-Strategie
Der wesentlichste Punkt auf dem Prager NATO-Gipfel und für die Zukunft
der NATO an sich ist die Debatte, ob die verbindliche
US-Militärstrategie, die National Security Strategy (NSS), besser
bekannt als Bush-Doktrin, in ihren Kernteilen von der NATO als Strategie
übernommen wird oder nicht. Wolfgang Schäuble hatte jetzt im Bundestag
eine Übernahme der NSS und die Zustimmung zu Präventivkriegen gefordert.
Was das bedeutet, ist vielen nicht bewusst: Die beiden neuen und
zentralen Kernelemente der NSS würden verbindlicher Teil der (neuen)
NATO-Strategie werden:
Dies ist erstens die Führung von Präventivkriegen, wenn die Regierenden
die Hegemonie bedroht sehen und zweitens einen "niederschwelligen"
Einsatz von Atomwaffen. Klar ist, dass dieser Punkt der US-Regierung am
wichtigsten ist. Die Bundesregierung wiederum hat vor dem NATO-Gipfel
allgemein Einvernehmen mit der US-Regierung erklärt. Auch bezüglich
dieses Punktes?
NATO-Osterweiterung
Bei der NATO-Osterweiterung geht es darum, dass die NATO in Prag den
Beitritt weiterer Staaten beschließen wird. Die NATO hat offiziell zehn
Staaten eingeladen zuerst bei einem sogenannten "Membership Action Plan"
(MPA) mitzumachen. Beim MPA handelt es sich im wesentlichen um eine
Überprüfung der NATO-Kompatibilität der Armeen, die Zusage der
Kandidaten für eine deutliche Erhöhung der Militärausgaben und die
Überprüfung von möglichst nicht auffälligen Menschenrechts- oder
Demokratie-Defiziten: In Prag folgt dann für einen Teil eine Einladung
zum NATO-Beitritt. Der Beitritt selbst soll nach derzeitigen Plänen im
Mai 2004 erfolgen. Seit heute ist sicher, dass die baltischen Staaten
(Estland, Lettland und Litauen) in die NATO aufgenommen werden. Ebenso
werden Slowenien, die Slowakei, Bulgarien und Rumänien eine Einladung
erhalten. Albanien, Mazedonien und Kroatien haben ebenfalls beim
"Membership Action Plan" mitgemacht, werden aber wohl diesmal eher noch
nicht mit dabei sein. Nach Prag wird also eine NATO mit 26 Staaten
absehbar sein. Nach Angaben des ehemaligen NATO-Generals Wesley Clark
wären genau diese neuen NATO-Kandidaten bei einem möglichen Irakkrieg
auch dabei. Er geht von einem Kriegsbeginn Ende Januar und der Teilnahme
von Italien, Spanien, den USA, Großbritannien, Bulgarien, Polen, Ungarn,
Rumänien, Lettland, Litauen und Estland aus.
Neue Aufgabenstellung und neue Ziele für die NATO
Nach dem 11. September hatte die NATO eindeutig einen Bedeutungsverlust
zu verzeichnen. NATO-Generalsekretär George Robertson drängt deshalb -
in Übereinstimmung mit den zentralen NATO-Regierungen - darauf, dass
sich die NATO neue Aufgabenbereiche und Ziele verschreibt: Und welche
Themen stehen bei den Regierenden derzeit ganz oben auf der Agenda? Die
NATO soll eine Art "neue Anti-Terror-Organisation" (NATO) werden,
weltweit einsetzbar. Als ein weiteres zentrales Ziel soll die NATO die
Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (bei anderen) unterbinden. Es
ist zu erwarten, dass die NATO eine Erklärung in Prag verabschieden
wird, in der diese Themen betont werden und damit eine Veränderung der
Strategie erfolgt. Normalerweise wäre für eine solche
Aufgabenveränderung ein neues Strategisches Konzept vonnöten, doch da
das geltende von 1999 noch zu jung ist, um schon wieder ein neues
aufzulegen, werden eben einfach die Aufgaben der NATO "angepasst".
Verbindliches Aufrüstungsprogramm für alle NATO-Staaten
Der NATO-Generalsekretär macht eine zunehmende Kluft zwischen den
militärischen Fähigkeiten der USA und der europäischen NATO-Staaten aus.
In Prag soll nun ein verbindliches Aufrüstungsprogramm für alle (neuen
und alten) NATO-Staaten beschlossen werden. "Wir müssen flexiblere und
mobilere Streitkräfte entwickeln. Die schnelle Verlegung von
Truppenteilen und ihrer Ausrüstung in alle Teile der Welt muss
verbessert werden," so George Robertson vor kurzem gegenüber der Zeitung
"Die Welt". Es sollen folgende Bereiche in allen Staaten umfangreich
aufgerüstet werden (in militärischer Sprache): "Abwehr chemischer,
biologischer, radiologischer und nuklearer Angriffe, Gewährleistung der
Überlegenheit auf dem Gebiet der Führungs-, Fernmelde- und
Informationssysteme, Verbesserung der Interoperabilität dislozierter
Streitkräfte und zentraler Aspekte der Leistungsstärke bei
Kampfeinsätzen sowie Gewährleistung der raschen Dislozierbarkeit und der
langfristigen Durchhaltefähigkeit von Streitkräften." Übersetzt bedeutet
dies eine bessere Kriegsführungsfähigkeit und weitere "qualitative"
Aufrüstung. Die NATO wird gegenüber allen Mitgliedstaaten Druck machen,
dass sie mehr kampforientierte Truppen mit mehr kriegstauglichem
Material zur Verfügung stellen, das geht einher mit zum Teil deutlichen
Erhöhungen der Militärhaushalte und bedeutet bezogen auf die Bundeswehr
einen verschärften Aus- und Aufbau von kriegsführungsfähigen Truppen
("Einsatzkräften").
Aufstellung einer NATO-Interventionstruppe ("NATO Response Force") mit
21.000 Mann und Frau
Im Vorfeld des Prager NATO-Gipfels hat die US-Regierung mit ihrer
Forderung nach Aufstellung einer NATO-Interventionstruppe ("NATO
Response Force", NRF) mit 21.000 Mann und Frau für Furore gesorgt. Ab
Oktober 2004 soll diese NATO-Interventionstruppe teilweise und ab 2006
vollständig bereitstehen. Aus einem jeweils von den NATO-Staaten
bereitgehaltenen NRF-Pool soll sie dann zusammengestellt werden können
und innerhalb kürzester Frist, die Rede ist von 7 (!) bis 30 Tagen, in
Kriegs- und Konfliktregionen verbracht werden können. Für die
US-Regierung und dort besonders Donald Rumsfeld ist diese
Stand-By-Kriegsführungstruppe der Lackmustest für die Relevanz der NATO
an sich. Für Deutschland tun sich spezielle Probleme auf bei einer solch
kurzen Vorwarnzeit, schließlich muss der Bundestag (noch) jeden der
Auslandseinsätze beschließen. Die NATO-Truppe bietet nun denjenigen, die
diesen "Parlamentsvorbehalt" eh abschaffen wollen, neue "Munition",
plötzlich ist das sogenannte "Endsendegesetz", mit dem der Bundestag
ausgehebelt werden könnte und das in den Koalitionsverhandlungen gerade
noch abgewendet wurde, wieder auf dem Tisch.
Konkurrenz EU-Truppe versus NATO-Truppe
Zentrales politisches Problem für die Oberen der EU-Regierungen ist aber
die sichtliche Konkurrenz dieser neuen NATO- Interventionstruppe zur
geplanten EU-Interventionstruppe mit 60.000 Mann. Erst dieser Tage hat
die EU wieder betont, dass die Einsatzfähigkeit der EU-Truppe
tatsächlich nächstes Jahr, 2003, erreicht sein soll. Deutschland spielt
bekanntlich bei der EU-Truppe sowohl quantitativ ("Ein Drittel aus
Deutschland") als auch in der Befehlsstruktur eine wesentliche Rolle
(das Einsatzführungskommando in Potsdam-Geltow ist "Kern eines Operation
Headquarters der Europäischen Union").
Doch für die EU-Truppe gibt es erhebliche Probleme: Diese EU-Truppe muss
auf NATO-Material und NATO-Soldaten zurückgreifen. Bei der NATO
blockiert aber die Türkei eine Zurverfügungstellung von NATO-Equipment,
gegen eine türkische Mitsprache bei der EU-Truppe streubt sich
Griechenland. Doch damit nicht genug: Ab 15.12. soll eigentlich die EU
erstmals eine stationierte Truppe übernehmen, in Mazedonien. Doch das
klappt noch nicht: Der Streit zwischen Griechenland und der Türkei
blockiert dies. Die französische Regierung will aber das
Mazedonien-Mandat gleich unter EU-Flagge für ein Jahr erteilen,
Deutschland, Großbritannien und die anderen EU-NATO-Staaten wollen
dagegen noch ein halbjährliches NATO-Mandat und dann erst den Start der
Truppe unter EU-Flagge. Jedenfalls ist klar, die NATO-Truppe ist auf der
Überholspur, die EU-Truppe steckt im Stau. Bei der NATO heißt es: Eine
Konkurrenzsituation sei vorstellbar. Ergebnis wird wohl trotzdem sein,
dass beide Interventionstruppen herausgebildet werden.
Der Irak-Krieg, die NATO und "Enduring Freedom"
Offiziell nicht auf der Tagesordnung ist die Diskussion um den geplanten
Irakkrieg der USA und Großbritanniens. Trotzdem wird er bestimmendes
Thema sein. Allerdings wird dies kaum ein kontroverses Thema werden.
Nachdem nun die Wahlkampfernte für SPD und Grüne eingefahren ist, sind
auch die bisherigen Äußerungen der Bundesregierung gegen den Irakkrieg
deutlicher leiser geworden. Der von Peter Struck versprochene Abzug der
ABC-Panzer aus Kuwait bei Kriegsbeginn ist auf Wunsch von Joschka
Fischer zurückgenommen worden.
Die Bundesregierung hat diesmal relativ geräuschlos eine Verlängerung
des "Enduring Freedom"-Mandats durchbekommen. Und dies obwohl der
Auftrag deutlich ausgeweitet wurde. Die ABC-Abwehrsoldaten in Kuwait
wurden bestätigt. Die Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK) haben
einen deutlich erweiterten Auftrag erhalten. Nach wie vor ist aber
unklar, was die KSK-Soldaten genau treiben und was sie mit möglichen
Gefangenen machen. Auch die "Deutsche Marine", die rund um Somalia, in
Djibouti, Kenia, am Horn von Afrika etc. herumschippert, wird in Zukunft
nicht mehr nur Küstenwache spielen und Öltransporte absichern, sondern
nun auch Transporte zum Kriegsgebiet um den Irak begleiten.
Nach Ansicht von vielen Militärexperten ist klar, dass durch die
Aufgabenstellung der ABC-Abwehrkräfte in Kuwait (Unterstützung von
US-Soldaten) und deren Einbeziehung in den Gesamtverband vor Ort und
deren Unterstellung unter US-Befehl eine Einbeziehung deutscher Soldaten
beim Irakkrieg sehr wahrscheinlich geworden ist. Das gleiche gilt im
übrigen auch für die multinationalen (und deutschen) Besatzungen beim
geplanten Einsatz von AWACS. Deutschland wird also nicht mehr "nur"
indirekt wie bisher, sondern wohl auch direkt am Irakkrieg beteiligt
sein. Beim jüngsten Besuch von Peter Struck bei Donald Rumsfeld soll
Rumsfeld gesagt haben, wenn die Deutschen Zweifel hätten, ob ihre
ABC-Abwehrpanzer in Kuwait bleiben sollen, sollten sie diese doch
einfach abziehen, damit sie "nicht im Weg stehen".
Die deutsche Unterstützung für den Irakkrieg
Bisher laufen Truppentransporte zur Vorbereitung des Irakkrieges über
Frankfurt Airbase, Ramstein, Spangdahlem und Kriegsübungen in und um
Grafenwöhr. Die Nutzung deutscher, britischer und us-amerikanischer
militärischer Infrastruktur in Deutschland wird den kriegsführenden
Staaten durch die Bundesregierung sicher ermöglicht (sie hätte hier die
Möglichkeit und bei einem Angriffskrieg sogar die Pflicht eine Nutzung
zu untersagen). Ähnlich wird es wohl mit den Überflugrechten laufen. In
Prag soll auch entschieden werden, dass Deutschland Großbritannien und
den USA wie beim Golfkrieg 1991 uneingeschränkte Überflugrechte erteilt.
Auch wurde mitgeteilt, dass die USA und Großbritannien ihre Stützpunkte
in Deutschland während des neuen Irakkrieges zur Unterstützung der
Kampfhandlungen nutzen können wollen. Konkret geht es auch um die
Verlegung der 1. Panzerdivision der U.S. Army im Kriegsfall. Erwartet
wird die "Freigabe" des Transportes der Soldaten und ihres
Kriegsmaterials aus den Kasernen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen
und Rheinland-Pfalz zur Verschiffung nach Bremerhaven.
Was noch auf dem NATO-Gipfel "geregelt" werden wird, ist wie die aus
Europa und den USA abgezogenen US-Truppen und britischen Truppen
"ersetzt" werden können. Hier wird wohl Deutschland, das ja nicht
offiziell mitbomben will, wohl an einer Reihe von Stellen in die Bresche
springen.
Zu einer Kontroverse wird es deshalb in Sachen Irak auf dem NATO-Gipfel
eher nicht kommen, u.a. auch weil die Bundesregierung das geforderte
Veto innerhalb der NATO gegen einen Irakkrieg nicht einlegen wird. Zu
erwarten ist ein offizielles Nichtverhalten der NATO gegenüber den
Kriegsplänen aus Washington und London und damit eine Duldung und
indirekte Unterstützung.
Andere Interessen Deutschlands und besondere "Schwierigkeiten"
Erst wenn die USA das nächste Kriegsziel Iran ins Visier nehmen, ist
eine heftigere Auseinandersetzung zwischen den Regierungen der USA und
Deutschlands wahrscheinlich. Im Falle des Iran gibt es einfach andere
Interessen, sowohl im geopolitischen als auch im wirtschaftlichen
Bereich. Hier liegt wohl ein weiterer Grund für die "Kriegsablehnung"
der Bundesregierung, die anderen Interessen in der Gesamt-Region.
Für die deutsche Politik wird der NATO-Gipfel enorme Auswirkungen haben:
Die besonderen "Schwierigkeiten" Deutschlands sind dem
NATO-Generalsekretär Robertson durchaus bewusst: "Häufig hält man mir
entgegen: Wahrscheinlich schaffen wir es nicht, wir sollten es deswegen
auch gar nicht erst versuchen. Und Deutschland wurde häufig gesondert
genannt. Es sei zu orientiert an den finanziellen Fragen bei der
Verbesserung der Streitkräfte und der Ausrüstung. Ich glaube, die
Realität beweist das Gegenteil. Deutschland hat immer wieder bewiesen,
dass mit geschickter politischer Führung Fortschritte erzielt werden
können, auch wenn die Voraussetzungen widrig erscheinen mögen. Das war
in den fünfziger Jahren der Fall bei der Schaffung der Bundeswehr. Die
breite Öffentlichkeit war am Anfang scheinbar nicht einverstanden.
Dasselbe galt für die sechziger und siebziger Jahre bei wichtigen
Entscheidungen, Stationierung von Raketen in Europa beziehungsweise auf
deutschem Boden. Und es war so Anfang der neunziger Jahre, als deutsche
Soldaten erstmals im Ausland eingesetzt wurden, auf dem Balkan und
außerhalb Europas. Viele in Deutschland zögerten da, hatten Zweifel.
Aber diese Zweifel wurden zerstreut..."
Der NATO-Gipfel wird wohl für Deutschland bedeuten, dass Zusagen zur
Erhöhung des Militärhaushaltes gemacht werden, dass eine deutsche
Teilnahme an der neuen NATO-Interventionstruppe erfolgt und die in
Arbeit befindlichen neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR)
noch einmal umgeschrieben werden müssen, weil eine Light-Form von
Präventivkriegen noch mit hinzukommt. Die rot-grüne Kriegspolitik wird
also munter fortgesetzt.
Die Übernahme von weiteren Militärengagements (in Form von Lead-Nation
o.ä.) in Afghanistan, auf dem Balkan und weiteren Stationen beim
permanenten Krieg werden fortgesetzt werden, schließlich ist schon heute
Deutschland nach den USA der Staat, der am zweitmeisten Truppen im
Auslandseinsatz hat.
Präventivkriege werden dann wohl ab dem Prager NATO-Gipfel auch deutsche
und NATO-Politik werden. Tatsächlich eine historische Wegmarke der NATO.
Widerstand gegen diese fortgesetzte und globale Kriegspolitik nicht nur
der USA sondern auch Deutschlands ist von den Regierungen nicht zu
erwarten. Auch deshalb sind die Aktionen gegen den NATO-Gipfel in Prag
sehr zu begrüßen.
* Tobias Pflüger ist Vorstandsmitglied der Informationsstelle
Militarisierung (IMI) e.V.
Obenstehender Bericht von Tobias Pflüger wurde als IMI-Analyse 2002/086 veröffentlicht. Homepage von IMI: http://www.imi-online.de
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