Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

NATO will Eingreiftruppe reaktivieren

Neuer Oberkommandeur der Allianz in Sicht

Von Olaf Standke *

Da ist sie also wieder, die NATO Response Force (NRF). 2002 auf dem Gipfel der Allianz in Prag beschlossen, wurde danach überraschend zügig an Konzept und Struktur der Schnellen Eingreiftruppe des Nordatlantik-Paktes gebastelt. Auf dem Riga-Gipfel 2006 dann erklärte man die volle Einsatzbereitschaft der ständig zur Verfügung stehenden etwa 25 000 Soldaten aus Land-, See- und Luftstreitkräften. Doch schon ein gutes halbes Jahr später bezweifelte der damalige NATO-Oberbefehlshaber US-General Craddock genau das und kritisierte die mangelnden militärischen Fähigkeiten der von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Kräfte. Schließlich wollte man im Fall der Fälle blitzschnell und hochflexibel weltweit intervenieren, obwohl wichtige politische und völkerrechtlich umstrittene Fragen wie der präventive Einsatz militärischer Gewalt oder Missionen ohne UN-Mandat noch gar nicht geklärt waren. Der Befehl zum Kampfeinsatz kam bisher aber noch nie. Am Donnerstagabend nun haben die NATO-Verteidigungsminister in Brüssel die Reaktivierung der Interventionstruppe beschlossen.

An ihren Manövern sollten künftig auch große Einheiten der US-amerikanischen Streitkräfte teilnehmen, die sich nur vorübergehend in Europa aufhalten. Die NRF müsse eine Schule der Zusammenarbeit werden, wie es Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen formulierte. Die Übungen des Paktes sollen anspruchsvoller werden sowie öfter und mit unterschiedlichen Szenarien stattfinden. Die Manöver der Zukunft seien der Versuch, bei weniger Auslandseinsätzen die Fähigkeiten der nationalen Streitkräfte zur Kooperation zu erhalten, heißt es in Brüssel. Der akute Geldmangel in den Militäretats der NATO-Staaten sei jedoch mit multinationaler Zusammenarbeit nicht umfassend zu beheben, so Rasmussen, der vor weiteren Kürzungen warnte.

Doch das ist nicht das einzige Problem des weltgrößten Militärbündnisses. Pentagon-Chef Leon Panetta hat am Freitag in Brüssel seinem deutschen Amtskollegen Thomas de Maizière widersprochen: Die USA planten nicht, künftig in Afghanistan mit bis zu 12 000 Soldaten präsent zu sein. Es sei bei den besprochenen Zahlen nicht um Washingtons Beitrag, sondern einen Gesamtwert gegangen. Auch hier also sollen die europäischen Mitglieder stärker zur Kasse gebeten werden, als die eigentlich wollen. Deutschland etwa müsse weiter im Landesnorden eine Rolle übernehmen. Der von der NATO geführte Kriegseinsatz der Afghanistan- Schutztruppe ISAF läuft Ende 2014 aus. Die Planungen für die anschließende Militärpräsenz haben sich wegen politischer Differenzen verzögert.

Dagegen scheint ein neuer Favorit für den traditionell mit einem US-General besetzten Posten des NATO-Oberkommandeurs gefunden zu sein, nachdem General John Allen auf die Spitzenfunktion in Brüssel verzichtet hatte: Wie die »New York Times« berichtete, soll es nun Philip Breedlove richten. Der 54-Jährige führt derzeit die Einheiten der US-Luftwaffe in Europa und Afrika.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 23. Februar 2013


Zurück zur NATO-Seite

Zurück zur Homepage