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NATO-Staaten halten Hand über Island

Bilaterale Abkomen sollen Räumung der US-amerikanischen Basis Keflavik ausgleichen

Von Andreas Knudsen, Kopenhagen *

Die geänderten Prioritäten der Washingtoner Militärpolitik führten 2006 zu einem kompletten Rückzug der US-amerikanischen Streitkräfte vom isländischen Stützpunkt Keflavik. Andere NATO-Staaten sollen nun einspringen.

Der Abzug der US-amerikanischen Flugzeuge und Hubschrauber und insbesondere die Weigerung der Bush-Regierung, beim NATO-Verbündeten auch nur eine symbolische Präsenz aufrechtzuerhalten, hinterließen Frust in der isländischen Regierung. Und das Gefühl, ohne militärischem Schutz dazustehen, schließlich verfügt die Insel über keine eigenen Streitkräfte. Die Wiederaufnahme der Flüge der russischen Langstreckenbomber über der Arktis und dem Nordatlantik wurde in Reykjavik deshalb mit besonderer Sorge betrachtet.

Seitdem haben sowohl die vorige konservative als auch die jetzige konservativ-sozialdemokratische Regierung daran gearbeitet, Alternativen zu finden. Norwegen und Dänemark waren die ersten Länder, die bereit waren, zusätzliche Sicherheitsgarantien in Friedenszeiten zu übernehmen. Ein ähnliches Abkommen unterzeichnete die Außenministerin Islands, Ingibjörg Sólrun Gísladóttir, im Mai mit Großbritannien, während die Verhandlungen mit Kanada noch nicht abgeschlossen sind.

Der für Island wichtigste Punkt der Vereinbarungen ist die Überwachung des Luftraumes und der 200-Meilen-Territorialgewässer durch die NATO-Partner. Dazu gehören Seeüberwachung, Seenotrettung und Fischereiinspektionen. Während Island die Kosten für das dänische Engagement übernimmt, wurde zwischen Norwegen, Großbritannien und Island eine Kostenteilung vereinbart. Diese Aktivitäten werden jedoch zu keiner ständigen Stationierung ausländischer Einheiten auf Island führen.

Die beteiligten Regierungen unterstreichen, dass die Abkommen nur eine Ergänzung der NATO-Verpflichtungen darstellen und diese nicht außer Kraft setzen. Der Nordatlantikrat der Allianz entschied im Vorjahr, dass die Luftstreitkräfte der Nachbarn Islands – neben Dänemark und Norwegen auch Kanada, die USA und Großbritannien – den isländischen Luftraum überwachen und dort alle vier Monate Manöver abhalten sollen. Auch Frankreich ist dazu bereit. Die Initiative geht auf einen Vorschlag des isländischen Premierministers Geir H. Haarde zurück. Darüber hinaus wurden Kurse für Angehörige der isländischen Polizei und Küstenwache in der Terrorbekämpfung vereinbart. Beide Einheiten werden künftig in NATO-Übungen auf Island einbezogen.

Als eigenen Beitrag zur See- und Luftüberwachung hatte Island im August vergangenen Jahres die Weiterführung der Radaranlagen in Keflavik und von vier angeschlossenen Radarstationen übernommen. Zur organisatorischen Abwicklung wurde erstmals in der isländischen Geschichte eine eigenständige Behörde gegründet, die für Verteidigung und Sicherheit zuständig ist. Sie nahm Anfang Juni ihre Arbeit auf und wird ein jährliches Budget von 9,5 Millionen Euro haben und über etwa 50 Beschäftigte verfügen. Die Einrichtung dieser Verteidigungsagentur, die gegenwärtig dem Außenministerium unterstellt ist, wird von Beobachtern in Island als Vorstufe für ein eigenes Verteidigungsministerium betrachtet.

* Aus: Neues Deutschland, 14. Juni 2008


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