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Jeder zweite Flüchtling ist ein Kind

UNICEF-Jahrespressekonferenz anlässlich des Weltflüchtlingstages - UNICEF fordert mehr Hilfe und besseren Schutz für Flüchtlingskinder

Geschäftsbericht 2008: Bundesbürger wichtige Stütze der UNICEF-Hilfe *

18. Juni 2009


UNICEF ruft bei seiner Jahrespressekonferenz anlässlich des Weltflüchtlingstages am 20.6. zu verstärkter Hilfe und besserem Schutz für Kinder in Krisengebieten auf. Nach Schätzungen von UNICEF ist jeder zweite der rund 42 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen auf der Welt ein Kind oder Jugendlicher. Ihr Schicksal darf nicht aus dem Blick geraten:
  • Nahezu die Hälfte der über 100 Millionen Kinder, die weltweit nicht zur Schule gehen, leben in Konfliktländern - viele dieser Kinder wurden aus ihren Dörfern vertrieben.
  • Vergewaltigungen werden in zahlreichen Konflikten systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. Minderjährige Flüchtlinge werden oft zur Prostitution gezwungen.
  • In einigen Krisenländern ist die Not so groß, dass sich Kinder aus Verzweiflung bewaffneten Gruppen anschließen. Laut Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen verletzen derzeit 56 Armeen und Milizen das Verbot der Rekrutierung Minderjähriger.
UNICEF Geschäftsbericht 2008 als PDF

"Während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit heute vor allem auf die Finanzkrise gerichtet ist, droht das Leid der Kinder in Krisenländern wie der Demokratischen Republik Kongo, im Sudan, in Pakistan oder Sri Lanka in Vergessenheit zu geraten. Dies dürfen wir nicht zulassen", erklärte der Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Jürgen Heraeus.

Heraeus legte in Berlin auch den Geschäftsbericht des Deutschen Komitees für UNICEF für das Jahr 2008 vor. UNICEF Deutschland hat im Jahr 2008 Einnahmen in Höhe von 72,5 Mio Euro aus Spenden und dem Verkauf von Grußkarten erzielt. "Damit war das Deutsche Komitee bei den Spenden die Nr. 2 unter 36 nationalen UNICEF-Komitees in den Industrieländern. Die Bundesbürger sind damit eine der wichtigsten Stützen für die weltweite UNICEF-Hilfe", sagte Heraeus.

Dramatische Lage im Osten der Demokratischen Republik Kongo

Anlässlich des Weltflüchtlingstages weist UNICEF besonders auf die katastrophale Lage der Kinder im Osten der Demokratischen Republik Kongo hin. Dort sind allein über eine Million Menschen auf der Flucht - die meisten davon Kinder und Frauen. In einem Brief an den UN-Sicherheitsrat schrieben Eltern aus der Region: "Wir verurteilen das herrschende schuldige Schweigen unserer Führer und der internationalen Gemeinschaft. All diese Verbrechen, deren Täter oft bekannt sind, geschehen in einer Umgebung völliger Straflosigkeit."

UNICEF warnt davor, dass sich die Lage in den kommenden Wochen weiter zuspitzen könnte. Eine Militäraktion von kongolesischen und ruandischen Truppen wird erwartet. Hunger, Überfälle auf Schulen und Krankenhäuser, Entführungen, Vergewaltigungen, Zwangsarbeit und Rekrutierungen als Soldaten sind bereits jetzt an der Tagesordnung. Immer wieder löst die Gewalt große Flüchtlingsströme aus. Viele der völlig entkräfteten Familien sind in den vergangenen Monaten und Jahren bereits mehrfach geflohen. Nach Schätzungen von UNICEF sind noch mindestens 8.000 Kindersoldaten in Milizen und Streitkräften im Einsatz.

Anfang Juni vergewaltigten Soldaten einer Miliz vier Geschwister. Unter den Opfern war auch ein dreijähriges Mädchen, das an den Folgen starb. UNCEF geht davon aus, dass nahezu die Hälfte der Vergewaltigungsopfer in der Region Kinder und Jugendliche sind. Allein in der Provinz Süd-Kivu wurden im letzten Jahr 2.283 Opfer von Vergewaltigungen registriert; in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es 1.335. Die Dunkelziffer ist noch höher. Nur 79 Opfer (sechs Prozent) erhielten in den ersten 72 Stunden nach dem Überfall medizinische Hilfe.

Brief von Eltern an den UN Sicherheitsrat

Im April 2009 richteten Eltern aus dem Ostkongo einen verzweifelten Hilferuf an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. In dem Brief, der von 62 lokalen Nichtregierungsorganisationen unterzeichnet ist, heißt es:

"Wir haben große Sorgen. Unsere Kinder mussten in all den Kriegsjahren immer wieder fliehen. Als Flüchtlinge haben wir kein Geld, um sie zur Schule zu schicken. Tausende Kinder wurden von ihren Eltern getrennt. Unsere Schulen wurden geplündert und niedergebrannt. Oder sie wurden zu Orten gemacht, wo man Soldaten rekrutiert und ausbildet. Wo es noch Schulen gibt, herrscht permanente Unsicherheit. Unsere Kinder sind Zielscheibe der Kämpfer. Viele gehen deshalb nicht mehr zur Schule und verbringen ihre Zeit auf der Straße. Wie wird ihre Zukunft sein? (...)"

UNICEF-Hilfe

UNICEF arbeitet über ein Netzwerk von nationalen und internationalen Partnern in allen Provinzen im Ostkongo. UNICEF stellt den größten Teil an Hilfsgütern wie Plastikplanen, Wasserkanister, Materialien für Latrinen, Moskitonetzen und technischem Gerät für die Nothilfe zu Verfügung. UNICEF trug im vergangenen Jahr maßgeblich zur Gesundheits-versorgung für über 3,5 Millionen Menschen in der Krisenregion bei und stattete 600.000 Kinder mit Lernutensilien aus. 15.000 Opfer sexueller Gewalt wurden im letzen Jahr durch verschiedene Maßnahmen unterstützt.

Geschäftsbericht 2008: Gutes Gesamtergebnis

Mit Einnahmen in Höhe von 72,5 Mio Euro aus Spenden und dem Verkauf von Grußkarten war UNICEF Deutschland erneut eine der wichtigsten Stützen für die weltweite UNICEF-Hilfe. Nur in Japan kamen mehr Mittel aus privaten Spenden für UNICEF zusammen.

83,05 Prozent der Einnahmen in Deutschland flossen in die UNICEF-Arbeit in 150 Ländern. 1,82 Prozent wurden für die satzungsgemäße inländische Arbeit eingesetzt - zum Beispiel für die Kampagnenarbeit für Kinderrechte und die Bildungsarbeit in Schulen. Die Verwaltungskosten betrugen 6,70 Prozent, die Kosten für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung betrugen 8,43 Prozent. Diese Aufteilung erfolgte anhand der Leitlinien zur Kostenzuordnung des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) wurde mit diesem abgestimmt.

Gegenüber dem Vorjahr lagen die Einnahmen um 23,5 Prozent niedriger. Dies ist auf die Führungskrise Anfang 2008 zurück zu führen. Vor diesem Hintergrund bewertet UNICEF das Gesamtergebnis positiv.

Weitere Informationen sowie der vollständige Geschäftsbericht zum Download finden Sie hier: pdf-Datei, externer Link

Spendenkonto: 300.000, Bank für Sozialwirtschaft BLZ 370 205 00, Stichwort: Kongo

* Quelle: www.unicef.de

Auszug aus dem Geschäftsbericht 2008 (S. 9):

Folgende Nothilfeeinsätze von UNICEF wurden 2008 gezielt mit Spenden aus Deutschland unterstützt:

Zyklon in Myanmar -- 2.080.485,16 Euro
140.000 Tote oder Vermisste, über 4.000 Schulen zerstört -- UNICEF stellt Medikamente für 55.000 Menschen bereit und hilft, 120.000 Kinder gegen Masern zu impfen -- UNICEF liefert 350.000 Schulbücher sowie Hefte und Stifte, 960 Schulen sind bereits repariert -- 21.000 mangelernährte Kinder erhalten Zusatznahrung -- Helfer betreuen rund 27.000 betroffene Mädchen und Jungen in Kinderzentren

Erdbeben in China -- 134.743,21 Euro
88.000 Tote oder Vermisste -- fast 400.000 Verletzte, darunter viele Schulkinder -- fünf Millionen Obdachlose -- UNICEF stellt Tabletten zur Trinkwasseraufbereitung für zwei Millionen Menschen bereit und installiert 70 große Wassertanks -- 20.000 Familien erhalten Hygienesets, 50.000 Kinder Kleidung -- UNICEF baut 1.200 Schulzelte und 100 Schulcontainer auf, 250.000 Kinder erhalten Lernmaterial

Konflikt in Georgien -- 100.000,00 Euro
130.000 Menschen Binnenvertriebene, darunter 38.000 Kinder -- UNICEF versorgt Familien in Hunderten Notunterkünften mit Trinkwasser, Zusatznahrung und Babykleidung -- 13.000 Menschen erhalten Hygienesets, 78.000 Kinder Schulmaterial -- UNICEF schult Lehrer und Sozialarbeiter, die psychosoziale Betreuung für Tausende vom Konflikt betroffene Kinder organisieren

Konflikt im Gazastreifen -- 186.874,38 Euro
Über 1.000 Tote und 5.000 Verletzte (bis Januar 2009), darunter viele Kinder -- Kinder sind durch den anhaltenden Konflikt traumatisiert -- UNICEF stellt Notapotheken, medizinische Geräte und Hygienebedarf sowie zwei Generatoren für die Blutbank von Gaza bereit -- UNICEF unterstützt Sozialarbeiter-Teams und bringt 45 Kisten mit Spiel- und Sportmaterial in den Gazastreifen

Konflikt im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo -- 580.034,94 Euro
Aufgrund neuer Kämpfe fliehen weitere 250.000 Menschen aus ihren Dörfern -- Zahl der Binnenflüchtlinge steigt auf 1,3 Millionen -- UNICEF versorgt 950.000 Menschen mit Plastikplanen, Wasserkanistern oder Schlafmatten -- 8.000 Latrinen werden eingerichtet, 930 Hygienekomitees ausgebildet -- landesweit erhalten fünf Millionen Kinder und 100.000 Lehrer Schulmaterial

Konflikt in Darfur, Sudan -- 775.796,74 Euro
4,2 Millionen Menschen sind von anhaltenden Unruhen betroffen -- elf Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden getötet -- UNICEF impft 1,6 Millionen Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung und verteilt 240.000 Moskitonetze zum Schutz vor Malaria -- 120.000 Kinder in Flüchtlingslagern werden in speziellen Kinderzonen betreut -- UNICEF unterstützt die Trinkwasserversorgung für Hunderttausende Menschen




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