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Vorabdruck. »Der CIA-Folterreport«: Der Geheimdienst rechtfertigt seine verschärften Verhörmethoden. Sie hätten geholfen, »Leben zu retten«, »Anschlagspläne zu vereiteln« und »Terroristen zu fangen«


Heute erscheint im Frankfurter Westend-Verlag »Der offizielle Bericht des US-Senats zum Internierungs- und Verhörprogramm der CIA« unter dem Titel »Der CIA-Folterreport«. Das Papier basiert auf über sechs Millionen internen Dokumenten dieses Geheimdienstes. Es ist die auf weniger als 500 Seiten herunterzensierte Fassung eines internen Senatsberichts von mehr als 6.700 Seiten über die grausamen Verhörmethoden der CIA. Wahrscheinlich wird das Allerschlimmste verschwiegen (siehe jW-Schwerpunkt vom 11.12.2014.). Selbst auf den verbliebenen 500 Seiten sind noch viele Wörter geschwärzt.

Dennoch ist es außerordentlich wichtig, diese Light-Version nun auch dem deutschen Publikum breit zugänglich zu machen. Das Buch wird von Wolfgang Nešković herausgegeben. Der Jurist gehörte von 2005 bis 2012 dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages an, das die deutschen Nachrichtendienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst überwachen soll. Nešković schrieb ein informatives Vorwort, und im Anhang begründet er ein Gesetzentwurf zur Neuregelung der parlamentarischen Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes.

jW bringt einen Auszug aus dem Bericht des US-Senats. Darin geht es um die Darstellung der Bemühungen der CIA, die Nutzlosigkeit ihrer Foltermethoden in Erfolge umzudeuten. Die Kürzel am Anfang vieler Absätze stehen für »Top Secret« (TS, Streng geheim), »No Foreign« (NF, keine Weiterleitung an ausländische Partnerdienste) sowie für »Unclassified« (U, keine vertrauliche Einordnung, offenes Material). Redaktionelle Kürzungen sind durch »(...)« gekennzeichnet. Auf den Abdruck des enormen Fußnotenapparates ist verzichtet worden. (jW)


(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Bevor die CIA ihren ersten Gefangenen in Gewahrsam nahm, eruierten CIA-Anwälte die Grenzen von Verhören unter Zwang und die rechtliche Definition von Folter. Am 26. November 2001 ließen Anwälte der CIA-Rechtsabteilung den Entwurf eines Gutachtens mit dem Titel »Feindselige Verhöre: rechtliche Überlegungen für CIA-Beamte« zirkulieren. Das Gutachten listete Verhörmethoden auf, die von einer ausländischen Regierung oder einer spezifischen nichtstaatlichen Organisation als Folter betrachtet werden, darunter »Kältefolter«, »Zwangspositionen«, »erzwungene physische Erschöpfung«, »Reiz-« oder »Wahrnehmungsentzug«, »soziale Isolation«, »Drohungen und Erniedrigungen«, »Konditionierungstechniken« und »Schlafentzug«.

Der Entwurf beschrieb verschiedene Folterverbote und die Möglichkeit, sich zur rechtlichen Abwehr von Foltervorwürfen auf »Notwendigkeit« zu berufen, und führt aus: »Es wäre daher eine neuartige Anwendung, sich zur Verteidigung auf Notwendigkeit zu berufen, um eine Strafverfolgung von US-Beamten abzuwenden, die folterten, um Erkenntnisse zu gewinnen, die Leben retteten. … Im Licht unserer völkerrechtlichen Verpflichtungen muss hinsichtlich des Einsatzes von Folter durch die Vereinigten Staaten eine politische Entscheidung getroffen werden, mit Rücksicht auf die Umstände und die internationale Meinung über unsere gegenwärtige Antiterrorkampagne – andere Staaten könnten sehr unwillig sein, die USA wegen Folter zu tadeln, wenn sie in der Rettung Tausender Menschenleben resultierte.«

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am 1. Februar 2002 analysierte ein Anwalt der Antiterrorzentrale die Auswirkungen einer Anwendung der Genfer Konvention auf künftige CIA-Verhöraktivitäten. Er schrieb: »Wenn ein Inhaftierter ein Kriegsgefangener ist und den Schutz der Genfer Konvention genießt, dann stellt sich die Frage, wie juristisch vertretbar eine Handlung ist, die wahrscheinlich die Konvention verletzt, aber letztlich Leben rettet. Ich glaube, dass die Papiere [eines namhaften CIA-Justitiars; Einfügungen in eckigen Klammern im Original; jW], die Überlegungen zu Notwendigkeit und vorgreifender Selbstverteidigung anstellen, die beiden offensichtlichsten Verteidigungen anführen.«

(U) Das Justitiariat des Justizministeriums nahm am 1. August 2002 die »Berufung auf Notwendigkeit« in sein Rechtsgutachten für den Justitiar des Weißen Hauses auf und schrieb unter anderem, dass »unter den gegenwärtigen Umständen Notwendigkeit oder Selbstverteidigung Verhörmethoden rechtfertigen könnten, die möglicherweise [das strafrechtliche Folterverbot] verletzen«.

Das Gutachten erläutert: »Wir meinen, dass unter den gegenwärtigen Umständen die Berufung auf Notwendigkeit erfolgreich gegen die Anschuldigung einer Artikel-2340A-Verletzung (der Paragraph regelt Standards für die Durchführung von Befragungen; jW) ins Feld geführt werden könnte. … Unter diesen Umständen könnte ein Gefangener Informationen besitzen, die es den Vereinigten Staaten ermöglichen könnten, Angriffe zu verhindern, die in ihrer Größenordnung potentiell den Anschlägen vom 11. September gleichkommen oder sie übersteigen. Offensichtlich würde jeder Schaden, der während eines Verhörs auftreten könnte, zur Bedeutungslosigkeit verblassen, verglichen mit dem Schaden, der durch Vereitelung eines solchen Angriffs mit Hunderten oder Tausenden von Opfern erspart blieb.« (…)

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Mit der Vorlage eines zweiten Rechtsgutachtens des Justizministeriums zu Abu Zubaydah (seit 2002 gefangener, seit 2006 im US-Stützpunkt Guantánamo Bay arrestierter Palästinenser; jW) am 1. August 2002 begann die CIA mit der Anwendung ihrer verschärften Verhörmethoden. Nachdem der Geheimdienst Abu Zubaydah und andere CIA-Gefangene diesen Befragungstechniken unterworfen hatte, bekräftigte die CIA immer nachdrücklicher die Effektivität ihres Verhörprogramms und behauptete schließlich, dass es »Leben rettete« und die Verwendung der Methoden notwendig sei, da die so gewonnenen Erkenntnisse nicht auf anderem Weg zu beschaffen gewesen wären. Bush als Foltergegner

(U) Am 26. Juni 2006 gab Präsident George W. Bush eine Erklärung zum Welttag zur Unterstützung der Opfer von Folter der Vereinten Nationen ab. In der Erklärung – in zahlreichen Nachrichtenartikeln erwähnt – heißt es: »Die Vereinigten Staaten sind der weltweiten Beseitigung der Folter verpflichtet, und wir gehen in diesem Kampf als Vorbild voran. Ich rufe alle Regierungen auf, sich den Vereinigten Staaten und der Gemeinschaft rechtsliebender Nationen anzuschließen beim Verbot, bei der Untersuchung und der Verfolgung aller Akte der Folter und bei dem Bestreben, andere grausame und außergewöhnlich Bestrafungen zu verhindern.«

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am folgenden Tag, nach Veröffentlichung eines Artikels der Washington Post über die Gefangenenpolitik der Regierung, rief der CIA-Chefjustitiar John Rizzo den Justitiar des Nationalen Sicherheitsrats Bellinger an. Laut einer E-Mail von Rizzo an andere führende CIA-Mitarbeiter rief er Bellinger auf, »unsere Überraschung und Sorge über einige der Aussagen zu äußern, die in dem Artikel der Regierung zugeschrieben werden, insbesondere die Erklärung des Präsidenten zum Welttag zur Unterstützung der Opfer von Folter sowie ein Zitat des stellvertretenden Pressesprechers des Weißen Hauses, Scott McClellan, dass alle Gefangenen im Gewahrsam der Regierung der Vereinigten Staaten ›menschlich‹ behandelt würden«.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Rizzo äußerte zwar die Ansicht, dass die Erklärung des Präsidenten nichts enthielt, »mit dem wir nicht leben können«, gab den CIA-Führungskräften aber zu bedenken, dass wir »sehr gut daran täten, uns um eine schriftliche Bekräftigung durch einen hohen Mitarbeiter des Weißen Hauses zu bemühen, dass die gegenwärtigen Praktiken der Behörde … weitergehen sollen.«

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am 3. Juli 2003 schickte CIA-Direktor George Tenet der Nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice ein Memorandum, das eine Bekräftigung der Unterstützung der Regierung für Leitlinien und Praxis der CIA-Internierungen und Verhöre erbat. Diese Bekräftigung werde angestrebt, so das Memo, weil »jüngste Antworten auf Anfragen und die resultierende Medienberichterstattung über die Haltung der Regierung den Eindruck erzeugt haben, dass diese [Verhör-]Methoden von Beschäftigten der Vereinigten Staaten nicht angewendet und grundsätzlich nicht mehr gebilligt werden«.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Während sich die CIA darauf vorbereitete, sich zwecks Bestätigung des CIA-Verhörprogramms mit Vertretern des Weißen Hauses zu treffen, lieferten CIA-Mitarbeiter dem Generalinspekteur und der CIA-Führungsspitze weitere Fehlinformationen über die »Effektivität« der verschärften Verhörmethoden. Diese Falschdarstellungen berichteten von der »Vereitelung« spezifischer Anschlagspläne und der Gefangennahme spezifischer Terroristen, Erfolge, die der Vernehmung von CIA-Gefangenen unter Einsatz der verschärften Verhörmethoden zugeschrieben wurden.

CIA lässt Erfolgsmeldungen kursieren

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am 16. Juli 2003 wurde der stellvertretende Leiter der Alec-Dienststelle ▄▄▄▄▄▄▄ wieder vom Generalinspekteur befragt. In seiner Aussage bekräftige ▄▄▄▄▄▄▄, dass Khalid Sheikh Mohammed (KSM) (2003 gefangen, heute im US-Stützpunkt Guantánamo Bay; jW) »Informationen lieferte, die dabei halfen«, Iyman Faris, Uzhair Paracha, Saleh Al-Marri, Majid Khan und Ammar Al-Baluchi »zu verhaften«. Diese Angaben waren beinahe vollständig unrichtig.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) ▄▄▄▄▄▄▄ erzählte dem Generalinspekteur ebenfalls, dass Informationen von CIA-Gefangenen »eine Fülle von Erkenntnissen über Al-Qaida-Anschläge lieferten«, darunter: ein Terrorkomplott in Saudi-Arabien gegen Israel; ein Anschlagsplan gegen das US-Konsulat in Karatschi, Pakistan; ein geplanter Terrorangriff auf den Flughafen Heathrow und Canary Wharf; ein Komplott, Züge zum Entgleisen zu bringen; ein Anschlagsplan auf U-Bahnen; ein geplanter Tankstellenanschlag; ein Terrorattentat auf das »höchste Gebäude« in Kalifornien; ein Anschlagsplan auf Hängebrücken und ein Komplott zur Vergiftung von Trinkwasser. Ein Großteil dieser Informationen stimmte nicht. Laut Akten des CIA-Generalinspekteurs »meinte ▄▄▄▄▄▄▄ auf die Frage, ob tatsächlich Anschlagspläne vereitelt wurden, dass, da ja die an vielen dieser Pläne beteiligten Kämpfer verhaftet worden sind, [die Antiterrorzentrale] letztlich Operationen vereitelt hat«. ▄▄▄▄▄▄▄ gab dem Inspekteur eine Liste mit gefangenen Terroristen und den Anschlagsplänen, mit denen sie in Zusammenhang gebracht wurden. Keine der von ▄▄▄▄▄▄▄ aufgeführten Personen wurde aufgrund der Aussagen von CIA-Gefangenen verhaftet. (…)

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Zu den von der Alec-Dienststelle im Juli 2003 an die CIA-Führung weitergegebenen Erfolgsmeldungen gehörten Informationen aus einem CIA-Gutachten mit dem Titel »Erhebliche Gefangenenaussagen«. Darin fanden sich Aussagen, die mit den CIA-Akten weitgehend übereinstimmten. Es stellte fest, dass KSM erst Informationen über die Anschlagspläne in Heathrow und Karatschi geliefert hatte, nachdem er mit der Verhaftung von Khallad bin Attash und Ammar Al-Balucchi konfrontiert worden war; dass KSM hinsichtlich von Anschlagsplänen in den Vereinigten Staaten nur solche zugegeben hatte, die bereits aufgegeben oder früh vereitelt worden waren; dass KSM Informationen fabrizierte, um den CIA-Vernehmungsbeamten zu erzählen, »was sie seiner Meinung nach hören wollten«; und dass KSM im allgemeinen nur mit Informationen herausrückte, wenn er mit Erkenntnissen festgenagelt wurde, die den Vernehmern bereits bekannt waren. Diese Beobachtungen gingen nicht in die Darstellungen ein, die die CIA später in jenem Monat Politikern präsentierte.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Als Folge seiner Bitte um Bestätigung des CIA-Internierungs- und Verhörprogramms unterrichtete CIA-Direktor Tenet am 29. Juli 2003 mit dem CIA-Chefjustitiar Scott Muller eine Kernbesetzung des Lenkungsausschusses des Nationalen Sicherheitsrats. Laut einem CIA-Memorandum berichtete Muller, dass die Befragung der »in der einen oder anderen Weise verschärften Verhörtechniken unterworfenen CIA-Gefangenen erhebliche geheimdienstliche Erkenntnisse erbracht« habe, Informationen, »die, aus Sicht der CIA-Experten, Leben gerettet« hätten.

Darstellungen waren unrichtig

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Die CIA zeigte die »Ergebnisse« des Einsatzes der verschärften Verhörmethoden in Präsentationsfolien mit dem Titel »Ergebnisse: Info über große Bedrohungen«. Den Folien war zu entnehmen, dass KSM Informationen geliefert hatte über »Angriffspläne auf das US-Kapitol und andere amerikanische Wahrzeichen«, »Angriffe auf Chicago, New York, Los Angeles; gegen Hochhaustürme, U-Bahnen, Züge, Wasserreservoirs; jüdische Zentren, Atomkraftwerke« sowie den »Anschlagsplan gegen Heathrow und Canary Warf«. Die Folien stellten KSM auch als denjenigen hin, der Iyman Faris, die »Majid-Khan-Familie« und Sayf Al-Rahman Paracha identifiziert hatte. Diese Darstellungen waren weitgehend unrichtig.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Die Folien vermittelten den Eindruck, dass durch den Einsatz der verschärften Verhörtechniken von dem CIA-Gefangenen Abd Al-Rahim Al-Nahiri Erkenntnisse über eine »große Bedrohung« der »US-Marineschiffe in der Straße von Hormus« gewonnen wurden. Diese Darstellung stimmte nicht und ließ wesentliche Tatsachen aus. Die Folien vermittelten ferner den Eindruck, dass Erkenntnisse über eine »große Bedrohung« durch den Einsatz verschärfter Verhörmethoden von dem CIA-Gefangenen Ramzi bin Al-Shibh gewonnen wurden – insbesondere dass bin Al-Shibh »Hawsawi identifizierte« und Erkenntnisse über eine »große Bedrohung« durch »Angriffe gegen Atomkraftwerke [und] jüdische Zentren« lieferte. Diese Darstellungen waren unrichtig und ließen wesentliche Fakten aus.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Was »große Bedrohungen« angeht, die »vereitelt« und Angriffe, die »abgewendet wurden«, präsentierte die CIA Folien, aus denen hervorging, dass solche Informationen über einen geplanten »Anschlag auf das US-Konsulat in Karatschi« von ihrem Gefangenen Khallad bin Attash durch Einsatz verschärfter Verhörmethoden gewonnen wurden. Diese Darstellung war unrichtig. Die CIA-Folien vermitteln ferner den Eindruck, dass von dem CIA-Gefangenen Abu Zubaydah durch die Anwendung der verschärften Verhörmethoden Aussagen über eine »große Bedrohung« erlangt wurden, die zur »Identifizierung von [José] Padilla [und] Richard Reid« führten, sowie Informationen über »Angriffe auf Banken, U-Bahnen, Unternehmen der Erdöl- und Luftfahrtindustrie« gewonnen werden konnten. Diese Darstellungen waren unrichtig.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Die Präsentationsfolien, die weitere Falschaussagen enthielten, wie im vollständigen Untersuchungsbericht, Band II, beschrieben, wurden zumindest zum Teil für die Unterrichtung von Außenminister Colin L. Powell und Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld benutzt, ebenso wie für den Leiter des Justitiariats des Justizministeriums, Jack Goldsmith.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Bei späteren Befragungen erhielt der CIA-Generalinspekteur Informationen, die anderen Darstellungen des Internierungs- und Verhörprogramms des Geheimdiensts widersprachen. Der Leiter der Unterabteilung ▄▄▄ der Osama-bin-Laden-Einheit in der Antiterrorzentrale schilderte ausführlich, dass die Festnahmen von Majid Khan und Iyman Faris in keiner Beziehung zu den Aussagen von CIA-Gefangenen standen. Der stellvertretende Direktor für Strafverfolgung in der Antiterrorabteilung des FBI berichtete dem Generalinspekteur, dass letztlich Uzhair Paracha und die Fahndungsarbeit des FBI für die Festnahme von Sayf Al-Rahman Paracha verantwortlich waren. Der Chef für Zielfahndung und Sondererfordernisse der Al-Qaida-Abteilung des Antiterrorzentrums und ehemalige Leiter der Sonderkommission Abu Zubaydah, ▄▄▄▄▄▄▄, sagte dem Inspekteur, dass »das häufig genannte Beispiel von Zubaydah, der Padilla identifiziert habe, nicht ganz stimmt«. Laut ▄▄▄▄▄▄▄ habe Abu Zubaydah »uns nicht nur nicht verraten, wer Padilla war, seine Angaben allein hätten uns auch niemals zu Padilla geführt«. Es seien die Pakistanis gewesen, so fügte ▄▄▄▄▄▄▄ hinzu, die der CIA von José Padilla und seinem Partner berichtet hatten, bevor Abu Zubaydah irgendeine Information zu dem Paar offenbaren konnte, die Antiterrorzentrale habe also »im wesentlichen Glück gehabt«.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Gleichzeitig jedoch gaben CIA-Mitarbeiter falsche Beispiele für die Effektivität der verschärften Verhörmethoden an den Generalinspekteur weiter. So sagte der stellvertretende Chef der Al-Qaida-Abteilung der Antiterrorzentrale dem Inspekteur: »KSM hat uns Majid Khan und Uzhair Paracha gegeben.« Der stellvertretende CIA-Direktor John McLaughlin sagte dem Inspekteur, dass Hinweise von KSM »zum Fang« von Majid Khan führten, der seinerseits zur Festnahme von Hambali geführt habe. McLaughlin behauptete außerdem, dass »die Festnahme von Richard Reid die Folge von Hinweisen auf die Vorgehensweise des Täters war, die von [Abu] Zubaydah gewonnen wurden.« Diese Darstellungen waren unrichtig. (…)

Antiterrorzentrale geht in Offensive

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am 2. Januar 2004 legte CIA-Generalinspekteur John Helgerson den Entwurf eines Sonderberichts mit dem Titel »Internierungs- und Verhörprogramm zur Terrorbekämpfung« der Führungsebene der CIA zur Kommentierung vor. Der Entwurf, der auf zahlreichen Befragungen von CIA-Mitarbeitern fußte, ebenso wie auf zusätzlichen Recherchen des Generalinspekteurs, beschrieb die Ursprünge des Internierungs- und Verhörprogramms, die Internierungszentren, die zur Zeit der Überprüfung in Betrieb waren, und die Richtlinien, die sowohl für Verhöre wie für Internierungen aufgestellt worden waren. Der Entwurf identifizierte auch eine Reihe ungenehmigter Verhörtechniken, die eingesetzt worden waren, und kam zu dem Schluss, dass die CIA-Verhöre in einer Reihe von Fällen »weit über das hinausgingen, was im schriftlichen Gutachten des Justizministeriums vom 1. August 2002 artikuliert wird«. Der Berichtsentwurf wiederholte die unwahren Beispiele für die »Effektivität« der verschärften Verhörmethoden des Geheimdiensts, die CIA-Beamte dem Inspekteur geschildert hatten, dennoch zog er den Schluss: »Mit Festnahme einiger der Kämpfer der oben erwähnten Komplotte ist nicht klar, ob diese vereitelt wurden oder umsetzbar bleiben oder ob sie von vornherein fabriziert wurden. Diese Überprüfung hat keine Beweise aufgedeckt, dass diese Anschlagsplanungen unmittelbar bevorstehende Bedrohungen darstellten.«

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Nach Prüfung des Sonderberichtsentwurfs mit den qualifizierten Schlussfolgerungen des Generalinspekteurs über die Effektivität der verschärften Verhörmethoden der CIA nahm die Antiterrorzentrale des Geheimdiensts eine kritische Erwiderung in Angriff. In Vorbereitung dieser Erwiderung bat ▄▄▄▄▄▄▄ Rechtsabteilung ▄▄▄▄▄▄▄ die Mitarbeiter der Antiterrorzentrale um zusätzliche Belege, mit denen sich die Effektivität der Methoden untermauern ließe. ▄▄▄▄▄▄▄ schickte eine E-Mail mit der Bitte um »eine Liste spezifischer, durch die Verwendung der Gefangenenaussagen vereitelter Anschlagspläne, die wir durch den Einsatz der erweiterten Verhörtechniken erlangt haben«. ▄▄▄▄▄▄▄ kündigte an, Informationen zusammenzustellen, »die herausheben, dass Hunderte oder Tausende von unschuldigen Menschenleben als Folge des Einsatzes unserer Techniken gerettet worden sind ...« In einer getrennten E-Mail betonte ▄▄▄▄▄▄▄, dass es »entscheidend« sei, dass die Informationen »direkte Verbindungen zwischen der Anwendung der verschärften Verhörmethoden und der Gewinnung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse herstellen, die unmittelbar die Rettung unschuldiger Menschenleben ermöglichten«, dass die Erkenntnisse, die infolge des Einsatzes der verschärften Techniken gewonnen wurden, »ihrem Wesen nach bedeutend anders sind als jene, die wir vor Einsatz der Techniken erlangt haben«, und dass die Informationen »absolut hieb- und stichfest« sein sollten und »nachweislich von Telexzitaten, Auswertungen oder was immer gestützt werden«. (…)

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Am 27. Februar 2004 reichte der stellvertretende Direktor für verdeckte Operationen Pavitt seine formelle Erwiderung gegen den Sonderberichtsentwurf des Generalinspekteurs in Form eines Memorandums an diesen ein. Pavitt drängte den Inspekteur, nicht »vor der Schlussfolgerung zurückzuscheuen, dass unsere Anstrengungen Anschläge vereitelt und Leben gerettet haben« und auch »deutlich werden zu lassen, dass die erweiterten Verhörmethoden (einschließlich Waterboarding) für unsere Erfolge unverzichtbar waren«. (…)

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Wie von ▄▄▄▄▄▄▄, Rechtsabteilung Antiterrorzentrale ▄▄▄▄▄▄▄, in seiner E-Mail vom 10. Februar 2004 vorgesehen, wurden viele der Informationen, die dem Generalinspekteur über die »Effektivität« der verschärften CIA-Verhörmethoden berichtet wurden, an Politiker und das Justizministerium weitergegeben, als Beweis für die Wirksamkeit der CIA- Methoden.

(TS//▄▄▄▄▄▄▄//NF) Ende 2004, als der Nationale Sicherheitsrat die Optionen für eine endgültige Unterbringung der CIA-Häftlinge erwog (das »Endspiel«), schlug die CIA eine Öffentlichkeitskampagne vor, die Enthüllungen über die »Effektivität« des CIA-Programms enthalten sollte. In den Gesprächspunkten, die der Geheimdienst im Dezember 2004 für eine Sitzung des CIA-Direktors mit dem Lenkungsausschuss des Nationalen Sicherheitsrats vorbereitete, heißt es dazu: »Falls geschickt aufgezogen, könnte die Offenlegung ausgewählter Ergebnisse der Geheimdienstarbeit die Befürchtungen von Terroristen auf freiem Fuß über die Raffinesse der Methoden der US-Regierung erhöhen und die Ernsthaftigkeit der amerikanischen Verpflichtung unterstreichen, den Krieg gegen den Terror aggressiv zu verfolgen.«

[Aus dem US-Amerikanischen von Andreas Simon dos Santos]

Wolfgang Nešković (Hg.), Der CIA-Folterreport. Der offizielle Bericht des US-Senats zum Internierungs- und Verhörprogramm der CIA. Westend Verlag, Frankfurt am Main 2015, 640 Seiten, 18 Euro

* Aus: junge Welt, Montag, 19. Januar 2015


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