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Rüstungsexporte: Menschenrechte als Kriterium ernst nehmen und parlamentarische Befassung stärken
Pressemitteilung
Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte
06.12.2012
Berlin - Das Deutsche Institut für Menschenrechte hält eine baldige Reform der Kontrollmechanismen bei Rüstungsexporten für dringend erforderlich. "Die kontroverse Debatte zu Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien verweist auf Strukturdefizite bei der Beratung und Kontrolle von Rüstungsexporten aus Deutschland", erklärte Wolfgang S. Heinz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts. "Die Einhaltung der Menschenrechte im Exportland sollte nicht eines von mehreren Kriterien, sondern ein entscheidendes Kriterium bei der Genehmigung von Rüstungsexporten sein." Heinz empfahl, den politischen Nutzen und die Nachteile von Rüstungsexporten unabhängig zu evaluieren und zu diskutieren. Das könne wesentlich zu einer informierten Debatte beitragen. "Eine überzogene Geheimhaltungspolitik und eine informierte sicherheitspolitische Diskussion schließen sich aus", so der Menschenrechtsexperte.
Sechs Eckpunkte für eine Reform der Kontrolle von Rüstungsexporten:
- Bei Rüstungsexporten wird im Gemeinsamen Standpunkt der EU über die Ausfuhr von Militärgütern (2008) und in den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern (2000) ein besonderes Gewicht der Menschenrechte konstatiert. Dieses sollte gesetzlich festgeschrieben werden. Die Einhaltung der Menschenrechte im Exportland sollte nicht eines von mehreren Kriterien, sondern ein entscheidendes Kriterium bei der Genehmigung von Rüstungsexporten sein. Rüstungsexporte sollten weder von der Empfängerregierung genutzt werden, um Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land zu begehen, noch sollten sie in Drittländern, etwa zur Niederschlagung von Demonstrationen, genutzt werden.
- Die schon jetzt erforderliche Bestätigung, dass Rüstungsexporte nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen (die sogenannte Endverbleibsklausel), muss durch deutsche Behörden vor Ort nachprüfbar sein. Die deutschen Behörden dürfen sich nicht nur auf schriftliche Zusicherungen verlassen.
- Rüstungsexporte werden in der Regel von Regierungen verantwortet. Die kontroversen Debatten zeigen, dass die parlamentarische Begleitung von Exportentscheidungen gestärkt werden sollte. Hierzu gehört eine zeitnahe Berichterstattung der Regierung über Rüstungsexporte, wie sie in anderen westlichen Ländern bereits stattfindet.
- Abgeordnete sollten dadurch in die Lage versetzt werden, in den parlamentarischen Ausschüssen oder auch in einem neu zu schaffenden Gremium zur Kontrolle von Rüstungsexporten die Regierung über Entscheidungen zu befragen und diese zu diskutieren. Die Stärkung des Auskunftsrechtes von Abgeordneten wäre wünschenswert. Die Lieferungen von Waffensystemen erfordern mehr, nicht weniger parlamentarische Kontrolle (bekannt werden Lieferungen häufig ohnehin). Neben der stärkeren parlamentarischen Kontrolle ist auch eine angemessene Information der Öffentlichkeit unabdingbar. Die Parlamentarier sollten vor den Medien über umfangreiche Waffengeschäfte informiert werden. Eine überzogene Geheimhaltungspolitik und eine informierte sicherheitspolitische Diskussion schließen sich aus.
- Für die Rüstungsexporte ist zurzeit das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie verantwortlich. Es liegt nahe, diese Zuständigkeit auf den Prüfstand zu stellen. Wegen der Bedeutung und der menschenrechtlichen Auswirkung von Rüstungsexporten, besonders in Drittländer (außerhalb der NATO und der NATO gleichgestellten Ländern), sollten Ministerien und Bundestagsausschüsse zuständig sein, die die außen- und sicherheitspolitische Zuständigkeit haben. Bei Rüstungsexporten handelt es sich nicht primär um Wirtschaftsangelegenheiten. Entsprechend sollten die Zuständigkeiten korrigiert werden. Auch in anderen westlichen Ländern sind Außenministerien für Rüstungsexporte verantwortlich.
- In der öffentlichen Debatte zu den Stichworten "Ertüchtigung statt Einmischung" des Verteidigungsministers Thomas de Maizière ist von einem Konzept die Rede, nach dem durch Rüstungsexporte die Stabilität bestimmter Länder gestärkt werden soll und dies die Entsendung der Bundeswehr in Krisengebiete überflüssig machen würde. Da es über positive und stabilitätsfördernde Wirkungen von Rüstungsexporten durchaus kontroverse Diskussionen in Politik und Wissenschaft gibt, ist es umso wichtiger, hierzu eine ernsthafte öffentliche Debatte zu führen.
Pressekontakt: Bettina Hildebrand, Pressesprecherin
E-Mail: hildebrand@institut-fuer-menschenrechte.de
Das Institut
Das Deutsche Institut für Menschenrechte wurde im März 2001 auf Empfehlung des Deutschen Bundestages gegründet. Es informiert über die Lage der Menschenrechte im In- und Ausland und trägt zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen sowie zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte bei.
Seine Aufgaben sind insbesondere:
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- Information und Dokumentation
- Forschung zur Qualifizierung der Menschenrechtsarbeit
- Beratung von Politik und Gesellschaft
- menschenrechtsbezogene Bildungsarbeit, wie z. B. das Erarbeiten von Lehrprogrammen für Berufsgruppen, Behörden und Schulen oder die Weiterbildung von Fachkräften der Entwicklungszusammenarbeit, Polizei und Militär
- internationale Zusammenarbeit mit anderen nationalen Menschenrechtsinstitutionen und Menschenrechtseinrichtungen der Europäischen Union, des Europarats, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der Vereinten Nationen
- Förderung von Dialog und Zusammenarbeit über Menschenrechtsfragen in Deutschland.
Homepage: http://www.institut-fuer-menschenrechte.de
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