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Weniger Länder mit Todesstrafe

Amnesty kritisiert Chinas Informationspolitik *

Amnesty International hat der Volksrepublik China vorgeworfen, die tatsächliche Anzahl der Todesurteile im Land weiter zu verschweigen.

Trotz der Behauptung der Pekinger Regierung, dass weniger Urteile vollstreckt würden, dürfte China auch 2009 das Land mit den meisten Hinrichtungen gewesen sein, teilte die Menschenrechtsorganisation am Dienstag in Berlin mit. Aus Protest gegen die Informationspolitik führt Amnesty China erstmals nicht in seiner jährlich vorgelegten Todesstrafen-Statistik auf. Im vergangenen Jahr hatte Amnesty der Volksrepublik vorgeworfen, für mindestens über 70 Prozent der weltweit dokumentierten 2390 Hinrichtungen verantwortlich zu sein.

Für 2009 hat die Menschenrechtsorganisation mindestens 714 Hinrichtungen in 18 Ländern festgestellt. Mehr als 2000 Menschen wurden in 56 Ländern zum Tode verurteilt. Die Zahl der Staaten, die die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft haben, stieg mit Burundi auf 139. »Weniger Länder als je zuvor vollstrecken die Todesstrafe. Die Welt lehnt diese Schande der Menschheit zunehmend ab«, betonte Amnesty-Experte Oliver Hendrich. »Wir kommen einer todesstrafenfreien Welt Schritt für Schritt näher. Bis dahin wird sich Amnesty für jeden Einzelnen zum Tode Verurteilten einsetzen.«

Neben China vollstreckten den Angaben zufolge im vergangenen Jahr Iran (mindestens 388), Irak (mindestens 120), Saudi-Arabien (mindestens 69) und die USA (52) die meisten Todesurteile. Iran und Saudi-Arabien richteten als einzige Länder auch minderjährige Straftäter hin. Laut Amnesty haben einige Staaten wie China, Iran und Sudan die Todesstrafe »oft zu politischen Zwecken« eingesetzt, »etwa um Oppositionelle zum Schweigen zu bringen«. Auch sei die Anwendung der Todesstrafe von Diskriminierung begleitet gewesen. So seien die Urteile »oft nach grob unfairen Verfahren verhängt« worden und überdurchschnittlich häufig Arme sowie Angehörige ethnischer, nationaler oder religiöser Minderheiten betroffen gewesen.

In Europa wendet nur noch Belarus die Todesstrafe an. 2009 wurden in dem osteuropäischen Land allerdings keine Menschen hingerichtet, heißt es in dem Bericht weiter. Zwei Vollstreckungen von Todesurteilen werden aber für diesen März berichtet.

* Aus: Neues Deutschland, 30. März 2010

TODESSTRAFENSTATISTIK FÜR DAS JAHR 2009

30. März 2010 - Amnesty International hat die Regierung in Peking aufgefordert, Todesurteile und Hinrichtungen nicht länger als Staatsgeheimnis zu behandeln. Als Reaktion darauf veröffentlicht Amnesty in der diesjährigen Todesstrafen-Statistik erstmals keine Zahlen zu China.

"Die chinesische Regierung behauptet, dass immer weniger Hinrichtungen stattfinden. Wenn das stimmt, warum verheimlichen die Behörden, wie viele Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden? Warum hütet Peking die Zahlen wie ein Staatsgeheimnis?", so Oliver Hendrich, Experte zur Todesstrafe von Amnesty International in Deutschland. "Zahlen, die nur aus öffentlich zugänglichen Informationsquellen stammen, erfassen nicht das wahre Ausmaß der Todesstrafe in China." Amnesty geht davon aus, dass 2009 in China Tausende Menschen zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.

China ausgenommen, wurden 2009 mindestens 714 Menschen in 18 Ländern hingerichtet und mehr als 2.000 Menschen in 56 Ländern zum Tode verurteilt. Neben China vollstreckten 2009 Iran (mind. 388), Irak (mind. 120), Saudi-Arabien (mind. 69) und die USA (52) die meisten Todesurteile. Iran und Saudi-Arabien richteten als einzige Länder minderjährige Straftäter hin.

Amnesty hat für 2009 dokumentiert, dass einige Staaten wie China, Iran und Sudan die Todesstrafe oft zu politischen Zwecken eingesetzt haben, etwa um Oppositionelle zum Schweigen zu bringen. Auch war die Anwendung der Todesstrafe von Diskriminierung begleitet. Todesurteile wurden nach Erkenntnissen von Amnesty oft nach grob unfairen Verfahren verhängt, trafen überdurchschnittlich häufig Arme sowie Angehörige ethnischer, nationaler oder religiöser Minderheiten.

Nichtsdestotrotz dauert der Trend zur Abschaffung der Todesstrafe an: 139 Staaten haben die Todesstrafe im Gesetz oder in der Praxis abgeschafft - zuletzt Burundi und Togo für alle Verbrechen. "Weniger Länder als je zuvor vollstrecken die Todesstrafe. Die Welt diese Schande der Menschheit zunehmend ab", sagte Amnesty-Experte Hendrich. "Wir kommen einer todesstrafefreien Welt Schritt für Schritt näher. Bis dahin wird sich Amnesty für jeden Einzelnen zum Tode Verurteilten einsetzen."

www.amnesty.de



LISTE DER STAATEN, DIE DIE TODESSTRAFE BEIBEHALTEN HABEN UND ANWENDEN

  • Afghanistan
  • Ägypten
  • Antigua und Barbuda
  • Äquatorialguinea
  • Äthiopien
  • Bahamas
  • Bahrain
  • Bangladesch
  • Barbados
  • Belize
  • Botsuana
  • China (Volksrepublik)
  • Dominica
  • Guatemala
  • Guinea
  • Guyana
  • Indien
  • Indonesien
  • Irak
  • Iran
  • Jamaika
  • Japan
  • Jemen
  • Jordanien
  • Katar
  • Komoren
  • Kongo (Demokr. Republik) [ex Zaire]
  • Korea (DVR) [Nordkorea]
  • Kuba
  • Kuwait
  • Lesotho
  • Libanon
  • Libyen
  • Malaysia
  • Mongolei
  • Nigeria
  • Oman
  • Pakistan
  • Palästinensische Autonomiegebiete
  • Saudi-Arabien
  • Sierra Leone
  • Simbabwe
  • Singapur
  • Somalia
  • St. Kitts und Nevis
  • St. Lucia
  • St. Vincent und die Grenadinen
  • Sudan
  • Syrien
  • Taiwan (Republik China)
  • Thailand
  • Trinidad und Tobago
  • Tschad
  • Uganda
  • Vereinigte Arabische Emirate
  • Vereinigte Staaten von Amerika
  • Vietnam
  • Weißrussland
Insgesamt 57 Staaten und 1 Territorium

Quelle: www.amnesty.de;
Der ganze Bericht kann hier herunter geladen werden: pdf-Datei (externer Link)



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