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Menschenrechtsausschuss der UN-Generalversammlung fordert weltweites Moratorium für Todesstrafen

Breites Bündnis von 99 Staaten - amnesty international: Ein "Meilenstein" - Die Resolution im Wortlaut (englisch)

Die Vereinten Nationen haben sich mit klarer Mehrheit für einen weltweiten Stopp aller Hinrichtungen ausgesprochen. Ziel soll sein, Schritt für Schritt die Todesstrafe ganz abzuschaffen. Der Menschenrechtsausschuss der Generalversammlung votierte am 16. November 2007 mit 99 Stimmen für eine entsprechende Resolution, 52 Länder stimmten mit Nein, 33 enthielten sich. Deutschland und alle anderen EU-Länder gehörten mit zu den Unterstützern. Über die Resolution muss abschließend noch in der Generalversammlung entschieden werden.
Im Folgenden dokumentieren wir die Resolution im Wortlaut (englisch) sowie eine Erklärung von amnesty international sowie eine Pressemitteilung des Bundestagsabgeordneten Christoph Strässer (SPD).



United Nations General Assembly
A/C.3/62/L.29
1 November 2007

Sixty-second session
Third Committee
Agenda item 70 (b)
Promotion and protection of human rights: human rights questions, including alternative approaches for improving the effective enjoyment of human rights and fundamental freedoms

Albania, Andorra, Angola, Argentina, Armenia, Australia, Austria, Belgium, Benin, Bolivia, Bosnia and Herzegovina, Brazil, Bulgaria, Cape Verde, Chile, Colombia, Costa Rica, Croatia, Cyprus, Czech Republic, Denmark, Ecuador, Estonia, Finland, France, Gabon, Georgia, Germany, Greece, Guinea-Bissau, Honduras, Hungary, Iceland, Ireland, Israel, Italy, Latvia, Liechtenstein, Lithuania, Luxembourg, Malta, Marshall Islands, Mexico, Micronesia (Federated States of), Moldova, Monaco, Montenegro, Netherlands, New Zealand, Nicaragua, Norway, Panama, Paraguay, Philippines, Poland, Portugal, Romania, Samoa, San Marino, Serbia, Slovakia, Slovenia, Spain, Sweden, Switzerland, the former Yugoslav Republic of Macedonia, Timor-Leste, Turkey, Tuvalu, Ukraine, United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Uruguay, Vanuatu and Venezuela (Bolivarian Republic of): draft resolution

Moratorium on the use of the death penalty

The General Assembly,

Guided by the purposes and principles contained in the Charter of the United Nations,

Recalling the Universal Declaration of Human Rights,[1] the International Covenant on Civil and Political Rights [2] and the Convention on the Rights of the Child,[3]

Recalling also the resolutions on the question of the death penalty adopted over the past decade by the Commission on Human Rights in all consecutive sessions, the last being its resolution 2005/59,[4] in which the Commission called upon States that still maintain the death penalty to abolish it completely and, in the meantime, to establish a moratorium on executions,

Recalling further the important results accomplished by the former Commission on Human Rights on the question of the death penalty, and envisaging that the Human Rights Council could continue to work on this issue,

Considering that the use of the death penalty undermines human dignity, and convinced that a moratorium on the use of the death penalty contributes to the enhancement and progressive development of human rights, that there is no conclusive evidence of the death penalty’s deterrent value and that any miscarriage or failure of justice in the death penalty’s implementation is irreversible and irreparable,

Welcoming the decisions taken by an increasing number of States to apply a moratorium on executions, followed in many cases by the abolition of the death penalty, 1. Expresses its deep concern about the continued application of the death penalty;

2. Calls upon all States that still maintain the death penalty to:

(a) Respect international standards that provide safeguards guaranteeing the protection of the rights of those facing the death penalty, in particular the minimum standards, as set out in the annex to Economic and Social Council resolution 1984/50 of 25 May 1984;

(b) Provide the Secretary-General with information relating to the use of capital punishment and the observance of the safeguards guaranteeing the protection of the rights of those facing the death penalty;

(c) Progressively restrict the use of the death penalty and reduce the number of offences for which it may be imposed;

(d) Establish a moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty;

3. Calls upon States which have abolished the death penalty not to reintroduce it;

4. Requests the Secretary-General to report to the General Assembly at its sixty-third session on the implementation of the present resolution;

5. Decides to continue consideration of the matter at its sixty-third session under the same agenda item.

Footnotes
  1. Resolution 217 A (III).
  2. See resolution 2200 A (XXI), annex.
  3. United Nations, Treaty Series, vol. 1577, No. 27531.
  4. See Official Records of the Economic and Social Council, 2005, Supplement No. 3 and corrigenda (E/2005/23 and Corr.1 and 2), chap. II, sect. A.
Quelle: www.un.org


amnesty international Deutschland
PRESSEMITTEILUNGEN

UN-Entscheidung ist Meilenstein auf dem Weg zur Abschaffung der Todesstrafe

Berlin, 16. November 2007 - amnesty international (ai) hat die Entscheidung des UN-Generalversammlungsausschusses für soziale, humanitäre und kulturelle Fragen für einen weltweiten Hinrichtungsstopp als Meilenstein auf dem Weg in eine Welt ohne Todesstrafe begrüßt. Im Dezember stimmt die UN-Generalversammlung über den Resolutionsentwurf ab. In der Regel folgt das Plenum den Empfehlungen des Ausschusses. "Den Vereinten Nationen bietet sich mit dieser Resolution eine historische Chance für die Menschenrechte", sagte ai-Experte Oliver Hendrich. "Eine UN-Resolution für einen weltweiten Hinrichtungsstopp wäre ein entscheidender Schritt für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe." ai hatte sich mit der Europäischen Union und anderen Staaten aus aller Welt für einen weltweiten Hinrichtungsstopp eingesetzt.

Von den 192 UN-Mitgliedstaaten haben 88 die Todesstrafe komplett abgeschafft, 42 UN-Staaten wenden sie derzeit nicht an und 62 UN-Mitglieder halten an der Todesstrafe fest. Anlässlich des Internationalen Tages gegen die Todesstrafe (10. Oktober) hatte ai mit einer öffentlichen Aktion in Berlin die UN-Staaten zu einem "Ja" für den Hinrichtungsstopp aufgerufen.

ai beobachtet seit Jahren den Trend zu einer Welt ohne Todesstrafe. Etwa zwei Drittel aller Länder wenden die Todesstrafe nicht mehr an. Doch ein Großteil der Weltbevölkerung lebt nach wie vor in Ländern, in denen die Todesstrafe weiterhin gilt. Weltweit sitzen derzeit mehr als 20.000 Menschen im Todestrakt. 2006 wurden mindestens 1.591 Menschen hingerichtet und 3.861 zum Tode verurteilt.


AG Menschrechte und humanitaere Hilfe

Wichtiger Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe

Anlaesslich der Abstimmung im UN-Menschenrechtsausschuss ueber ein Hinrichtungsmoratorium erklaert der Sprecher fuer Menschenrechte und humanitaere Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion Christoph Straesser:

Ein guter Tag fuer die Menschenrechte. Im UN-Menschenrechtsausschuss haben gestern 99 Staaten fuer eine Resolution gestimmt, die einen weltweiten Hinrichtungsstopp fordert, 52 Staaten votierten dagegen, 33 enthielten sich. Die Resolution ist zwar rechtlich nicht bindend; ihre politische Wirkung ist jedoch gross. Nachdem die hohe Huerde im Menschenrechtsausschuss genommen ist, ist die Verabschiedung der Resolution in der UN-Generalversammlung reine Formsache.

Das Votum im Ausschuss ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Abschaffung der Todesstrafe. Um soviele Staaten wie moeglich einzubinden, wird zwar nur ein Moratorium gefordert, das eigentliche Ziel ist und bleibt jedoch die voellige Abschaffung einer Strafe, die das grundlegendste Menschenrecht verletzt, naemlich das Recht auf Leben. Dies kann nur in einem laengeren Prozess geschehen, der durch das Votum der 99 Staaten sicher an Dynamik gewinnen wird.

Laender wie China, Iran, Pakistan, der Irak, Sudan und die USA, in denen die meisten Todesurteile vollstreckt werden, sollten das politische Signal aus New York ernst nehmen. Ueber die Aussetzung der Todesstrafe hinaus fordert die Resolution von jenen Staaten, welche die Todesstrafe noch nicht abgeschafft haben, die Rechte von zum Tode Verurteilten zu achten, die internationalen Mindeststandards einzuhalten, die Anwendung der Todesstrafe einzuschraenken und die Zahl der Straftatbestaende, fuer die die Todesstrafe verhaengt wird, zu verringern.

Im Rahmen der deutschen EU-Ratspraesidentschaft hat sich Deutschland beharrlich fuer die Vorreiterrolle Europas bei der Initiative gegen die Todesstrafe eingesetzt. Dieses Engagement entspricht den europaeischen Werten und hat rein gar nichts mit "kolonialistischer Bevormundung" zu tun, wie einige Befuerworter der Todesstrafe dies populistisch behaupteten. Der Deutsche Bundestag hat in der letzten Parlamentswoche einen interfraktionellen Antrag zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe verabschiedet. Die SPD-Bundestagsfraktion wird international weiterhin ihre Moeglichkeiten nutzen, um auf der Basis dieses ermutigenden Votums des UN-Menschenrechtsausschusses die Todesstrafe zu bekaempfen.


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