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Sextourismus, Menschenhandel und Kindesmissbrauch in Deutschland / Sex Tourism, Human Trafficking and Sexual Abuse of Children in Germany

Aus dem Länderbericht 2005 des Büros zur Überwachung und Bekämpfung von Menschenhandel (im Auftrag des US-Außenministeriums) / 2005 Trafficking in Persons Report

Im Folgenden dokumentieren wir den Länderbericht über Deutschland aus dem vom US-Außenministerium herausgegebenen Menschenhandels-Report 2005 (Trafficking in Persons Report 2005) in einer vom Deutschland Dienst besorgten Übersetzung sowie im Original.



Deutschland: Stufe 1

Deutschland ist Transit- und Zielland für Personen, primär Frauen, die hauptsächlich aus Mittel- und Osteuropa durch Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung nach Deutschland gebracht werden. Ein Viertel der 1.235 festgestellten Opfer, die 2003 erfasst wurden, kamen aus Russland. 2003 ist das letzte Jahr, für das statistische Daten vorliegen. Zum ersten Mal waren in der deutschen Statistik deutsche Staatsbürger enthalten. Ihre Zahl betrug 127.

Die deutsche Regierung erfüllt die Mindestnormen für die Abschaffung des Menschenhandels vollständig. Deutschland verbesserte die Opferhilfe und startete Informationskampagnen gegen Sextourismus mit Kindesmissbrauch sowie gegen die Nachfrage nach Opfern von Menschenhandel. Im Februar 2005 in Kraft getretene Änderungen des deutschen Strafgesetzbuchs fassten die Definition von Ausbeutung weiter und verschärften Strafen für Menschenhandelsdelikte - aufgrund des zu kurzen Zeitraums ist die vollständige Wirkung dieser legislativen Reformen allerdings noch nicht abschätzbar.


Die in dem Report untersuchten Länder sind in vier Stufen eingeteilt.
Stufe 1 bedeutet, die Länder erfüllen vollständig die Mindestanforderungen des TRAFFICKING VICTIMS PROTECTION ACT OF 2000, einem Gesetz, das vom US-Kongress zum Schutz der Opfer von Meschenhandel im Jahr 2000 verabschiedet wurde. In der Stufe 1 befinden sich neben Deutschland zahlreiche EU-Staaten sowie vergleichbare Staaten anderer Erdteile wie Australien und Neuseeland, aber auch Staaten, die man nicht unbedingt hier erwartet hätte: z.B. Hongkong, Nepal oder Marokko. Insgesamt sind in dieser Gruppe 24 Staaten versammelt.
Stufe 2 enthält die Länder, die nicht vollständig die Mindestanforderungen erfüllen, aber bedeutsame Anstrengungen dazu unternehmen. In dieser Kategorie befindet sich die größte Gruppe der Staaten: (77).
Stufe 2 (Beobachtungsliste): 27 Staaten, die zwar auch Anstrengungen unternehmen, um die Mindestanforderungen des TRAFFICKING VICTIMS PROTECTION ACT zu erfüllen, in denen die Probleme sich aber dennoch noch nicht entschärfen bzw. sogar noch zunehmen.
Stufe 3: Insgesamt 14 Staaten, deren Regierungen die Mindestanforderungen nicht erfüllen und die auch keine Anstrengungen in diese Richtung unternehmen. Hierunter befinden sich einige bekannte "Schurkenstaaten" wie Nordkorea, Kuba, Sudan oder Venezuela.


Strafverfolgung

Obwohl die deutsche Regierung die Finanzmittel für Strafverfolgungsmaßnahmen gegen den Menschenhandel erhöht hat, fiel das Strafmaß bei zahlreichen Gerichtsurteilen gegen Menschenhändler weiterhin niedrig aus. Die Zahl der wegen Menschenhandel eingeleiteten Ermittlungen stieg von 289 Fällen im Jahre 2002 auf 431 Fälle im Jahre 2003, dem letzten Jahr, aus dem Daten über die Strafverfolgung vorliegen. Von den 145 im Jahre 2003 verurteilten Volljährigen erhielten lediglich 51 eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Änderungen des deutschen Strafgesetzbuchs, mit denen UN- und EU-Richtlinien umgesetzt werden, traten im Februar 2005 in Kraft. Diese Änderungen erklären den Menschenhandel zum Zwecke der Zwangsarbeit sowie die Förderung des Menschenhandels zu Straftaten. Das Bundeskriminalamt führte 2004 spezielle Fortbildungsprogramme für Polizeibeamte als Vorbereitung auf die neuen Vorschriften gegen Menschenhandel durch, und das Bundesjustizministerium bot Seminare zur Bewusstseinsschärfung für Richter und Staatsanwälte an. Die Regierung schloss Gesetzeslücken im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern bestanden und erhöhte die Höchststrafe für besonders schwere Fälle von Kindesmissbrauch von zehn auf fünfzehn Jahre Freiheitsstrafe. Obwohl deutsche Touristen, die Kinder im Ausland sexuell missbrauchen, nach dem Exterritorialitätsprinzip in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden können, erhob die deutsche Regierung über diese Straftaten keine separaten Daten. Die deutsche Regierung schloss im Februar 2004 mit einer internationalen Nichtregierungsorganisation eine Kooperationsvereinbarung ab, um die Strafverfolgung bei Fällen von Sextourismus, dessen Opfer Kinder sind, zu stärken. Das deutsche Parlament eröffnete 2004 Ermittlungen wegen Unregelmäßigkeiten bei der Visavergabe an deutschen Botschaften und der allgemeinen deutschen Visavergabepolitik und sowie Visapraktiken im Zeitraum zwischen dem Ende der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts und 2004.

Schutz


Deutschland verbesserte seine Opferhilfe 2004 durch die Änderung der Einwanderungs- und Opferrechtsgesetzgebung. Nach einer vierwöchigen Bedenkfrist können Opfer, die bereit sind, gegen die Menschenhändler auszusagen, deren Opfer sie wurden, nun eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten. Das September 2004 erlassene Opferrechtsreformgesetz weitete die Rechte der Opfer von Verbrechen in Strafverfahren aus; dies betrifft auch Opfer von Menschenhandel. Durch die Gesetzgebung haben die Opfer Anspruch auf einen Dolmetscher, und dritten Parteien wird die Anwesenheit während der polizeilichen Vernehmung erlaubt. Die Regierungen der Bundesländer finanzierten circa 25 Beratungsstellen, um Opfer von Menschenhandel zu unterstützen und ihren Schutz zu fördern. 2003 wurde 1.108 nichtdeutschen Opfern von Menschenhandel eine vierwöchige Bedenkfrist sowie Unterstützung von spezialisierten Nichtregierungsorganisationen gewährt. Weitere 227 erhielten Schutz und zusätzliche Unterstützung über diesen Zeitraum hinaus. Die Zahl der deutschen Bundesländer mit formellen Vereinbarungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen zur Verbesserung der Unterstützung für Opfer ist von sieben auf acht der 16 deutschen Bundesländer gestiegen.

Prävention


Während des Berichtszeitraums stellte Deutschland erhebliche Ressourcen zur Aufklärung über den Menschenhandel sowohl in Deutschland als auch im Ausland bereit. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) startete neue Initiativen im Ausland, um Rückkehrern zu helfen, potenzielle Opfer aufzuklären und den Sextourismus mit Kindesmissbrauch zu bekämpfen. Die evangelische Kirche hat in Kooperation mit dem deutschen Familienministerium einen Workshop zur Verringerung der Nachfrage veranstaltet und Flugblätter über die Verantwortung eines jeden Einzelnen im Kampf gegen den Menschenhandel verbreitet. Das Familienministerium und eine Nichtregierungsorganisation produzierten 2004 einen Spot gegen Sextourismus, dessen Opfer Kinder sind, mit dem Titel "Words", der in ungefähr 200 Kinos und im Fernsehen zu sehen war. Die deutschen Botschaften und Konsulate setzten ihre Aufklärungsbemühungen gegen den Menschenhandel fort, wie zum Beispiel durch die Verteilung von Broschüren in 13 Sprachen, die vor den Folgen des Menschenhandels warnen.

Originaltext: Trafficking in Persons Report - Germany (Tier 1)
(siehe http://usinfo.state.gov)



GERMANY (TIER 1)

Germany is a transit and destination country for persons, primarily women, trafficked mainly from Central and Eastern Europe for the purpose of sexual exploitation. Russia alone accounted for one-quarter of the 1,235 identified victims reported in 2003, the latest year for which statistics are available. For the first time, Germany’s statistics included German nationals who numbered 127.

The Government of Germany fully complies with the minimum standards for the elimination of trafficking. Germany improved victim assistance and launched information campaigns against child sex tourism and demand for trafficking victims. Changes to the German Penal Code enacted in February 2005 broadened the definition of exploitation and toughened penalties for those convicted of trafficking-related offenses; there has been insufficient time to gauge the full effects of these legislative reforms.

Prosecution


Although the German Government increased funding of anti-trafficking investigative efforts, a significant number of sentences imposed on traffickers remained light. Trafficking investigations rose from 289 in 2002 to 431 in 2003, the latest year for which law enforcement data are available. Of the 145 adults convicted in 2003, only 51 received a non-suspended prison sentence. Changes to the German Penal Code in February 2005 implemented UN and EU guidelines. These amendments criminalized forced labor trafficking, and aiding and abetting trafficking. The Federal Office for Criminal Investigation conducted special training programs for police officers in 2004 in anticipation of the new anti-trafficking legislation, and the Federal Justice Ministry provided trafficking awareness training for judges and prosecutors. The government closed legislative loopholes concerning sexual abuse and rape of children and increased the maximum penalty for aggravated sexual abuse of children from ten years to 15 years in prison. While Germany can prosecute German child sex tourists under its extraterritorial child sexual exploitation laws, the government did not separately track data on those crimes. The German Government and an international NGO concluded a cooperative agreement in February 2004 to strengthen its pursuit of child sex tourism cases. Germany’s parliament initiated investigations in 2004 into visa irregularities at the German embassies and overall German visa issuance policy and practices from the late 1990s to 2004.

Protection


Germany improved its victim assistance efforts in 2004 by amending immigration and victims’ rights legislation. Following a four-week "reflection period," trafficking victims who agree to testify against their traffickers may now obtain a temporary residence permit. The Victims’ Rights Reform Law, enacted in September 2004, expanded the rights of crime victims in criminal proceedings, including trafficking victims. The legislation entitles victims to interpreters and allows third parties to be present during police questioning. State governments funded approximately 25 counseling centers to provide assistance and facilitate protection for trafficking victims. In 2003, 1,108 non-German trafficking victims were granted a four-week reflection period and received assistance from specialized NGOs, with another 227 receiving shelter and extended assistance beyond that period. The number of German states with formal agreements among law enforcement and NGOs to improve victim service delivery increased from seven to eight of Germany's 16 states.

Prevention


During the reporting period, Germany devoted substantial resources to raising anti-trafficking aware-ness both within Germany and overseas. The German international aid agency launched new initiatives abroad to assist returnees, to raise awareness among potential victims, and to combat child sex tourism. The Lutheran church, in coordination with the German Family Ministry, held a workshop on demand reduction and distributed leaflets on the responsibility of everyone to fight trafficking. The Family Ministry and an NGO in 2004 produced a film spot against child sex tourism entitled Words, which was shown in approximately 200 cinemas and on television. German embassies and consulates continued anti-trafficking outreach activities, such as the distribution of brochures warning about the risks of trafficking in 13 languages.

Source: www.state.gov


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