"Überwachung der Menschen und Einschränkung ihrer Privatsphäre haben im Zuge des Antiterrorkampfs drastisch zugenommen"
Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen legen den "Grundrechte-Report 2004" vor. Pressemitteilung
GRUNDRECHTE-REPORT 2004
Herausgegeben von:
Humanistische Union * Gustav Heinemann-Initiative * Komitee für Grundrechte und Demokratie * Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen * Pro Asyl * Republikanischer Anwälteverein * Vereinigung demokratischer JuristInnen
Presseerklärung
17. Juni 2004, 12.00 Uhr
Grundrechte-Report 2004 wird heute der Öffentlichkeit vorgestellt
Die Bundesministerin der Justiz a.D., Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
präsentiert die Bilanz sieben namhafter Bürgerrechtsorganisationen zur Lage
der Bürger- und Menschenrechte in Deutschland
Am 17. Juni 2004 präsentiert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Bundesministerin der Justiz a.D., in Karlsruhe die diesjährige Ausgabe des
Grundrechte-Reports. In 39 Beiträgen zieht der sich als ?alternativer
Verfassungsschutzbericht? verstehende Band Bilanz zum Zustand der Bürger-
und Menschenrechte in Deutschland im Jahr 2004.
Die herausgebenden Bürgerrechtsorganisationen ? Pro Asyl, Komitee für
Grundrechte und Demokratie, Humanistische Union, Gustav
Heinemann-Initiative, Republikanischer Anwälteverein, Bundesarbeitskreis
kritischer Juragruppen, und Vereinigung demokratischer JuristInnen ? äußern
sich besorgt darüber, wie viele Beispiele für die Missachtung der in der
Verfassung garantierten Grundrechte auch im Jahr 2004 aus Deutschland zu
berichten sind. Sie benennen Menschenrechtsverletzungen durch das Handeln
von Regierung und Behörden, aber auch durch Gesetze und Gerichtsurteile.
Besonders aufmerksam verfolgt der Grundrechte-Report die staatliche Reaktion
auf terroristische Bedrohungen. Nach jedem Terroranschlag wird der Ruf nach
dem starken Staat und schärferen Gesetzen laut. Politikerinnen und Politiker
fordern neue Kompetenzen für die Sicherheitsbehörden und drastische
Maßnahmekataloge, die jedoch keinen umfassenden Schutz vor Terroranschlägen
bieten können. Angesichts dieser Entwicklung beschreibt es der
Grundrechte-Report 2004 als eine der großen Herausforderungen unserer
Demokratien, bürgerliche Freiheiten in Zeiten neuer Gefahren aufrecht zu
erhalten.
Der Schwerpunkt des Grundrechte-Reports 2004 liegt auf der zunehmenden
Überwachung der Menschen und der Einschränkung ihrer Privatsphäre, die im
Zuge des Antiterrorkampfs drastisch zugenommen hat.
"Beim Fernmeldegeheimnis" etwa, schreibt der ehemalige Vizepräsident des
Deutschen Bundestags, Burkhard Hirsch, im Grundrechte-Report 2004, "sollte
man sich nicht mehr auf den Schutz durch die Verfassung verlassen". Er warnt
vor einer Zerstörung des Rechtsstaats, der auf Vertrauen gründe und nicht
auf Überwachung.
Bettina Sokol, Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, und
Bettina Gayk setzen sich kritisch mit der Übermittlung umfassender
Flugpassagierdaten an US-amerikanische Behörden auseinander. Sie
bilanzieren: "Es bleibt der Eindruck einer ungeeigneten und damit
unverhältnismäßigen Maßnahme, mit der weit über das Ziel hinausgeschossen
wird."
Mit der datenschutzrechtlichen Dimension der LKW-Maut beschäftigt sich Frank
Rosengart vom Chaos Computer Club, der Berliner Datenschutzrechtler Nils
Leopold beschreibt und bewertet deutsche und europäische Pläne zur Aufnahme
biometrischer Daten in Visa, Pässe und Personalausweise.
Weitere Themen des diesjährigen Grundrechte-Reports sind u. a. der Aufsehen
erregende Fall Daschner, das Kopftuchverbot für die Lehrerin Ludin und die
Freiheitsverletzungen bei den Protesten gegen den Irakkrieg.
Eine Chronologie grundrechtsrelevanter Ereignisse im Jahr 2003 und ein
umfangreiches Verzeichnis von Bürger- und Menschenrechtsorganisationen in
Deutschland runden den Band ab.
Grundrechte-Report 2004 - Zur Lage der Bürger- und Menschenrechte in
Deutschland;
T. Müller-Heidelberg, U. Finckh, E. Steven, B. Rogalla, J. Micksch, W.
Kaleck, M. Kutscha (Hrsg.),
Fischer Taschenbuchverlag, Juni 2004.
Ein gemeinsames Projekt von: Humanistische Union, Gustav-Heinemann-Initiative, Komitee für Grundrechte und Demokratie, Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen, PRO ASYL, Republikanischer Anwälteverein, Vereinigung demokratischer JuristInnen.
(224 Seiten, ISBN 3-596-16381-1, € 9,90)
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