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Befriedigung über den Ausschluss der USA aus der UN-Menschenrechtskommission

Erklärung der Amerikanischen Vereinigung der Juristen (AAJ) mit vielen Fakten und Daten über die US-Menschenrechtspolitik

Im Mai 2001 veröffentlichte die Amerikanische Vereinigung der Juristen eine Erklärung aus Anlass des Ausschlusses der USA aus dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen (siehe unseren Beitrag darüber), die interessante Details über die Behandlung von Menschenrechtsfragen in der USA enthält. Wir dokumentieren die Erklärung in unserer Übersetzung.

Die Amerikanische Vereinigung der Juristen (American Association of Jurists-AAJ) drückt ihre Befriedigung aus über den Auschluss der Vereinigten Staaten aus der Menschenrechtskommission

Als Folge der Wahl, die am 3. Mai im Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) stattfand, verloren die Vereinigten Staaten ihren Sitz in der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen. Dieses Land hatte diesen Sitz ununterbrochen seit 1947 inne. Diese Entscheidung muss interpretiert werden als eine Verurteilung der andauernden US-Politik der Missachtung der Menschenrechte durch die internationale Gemeinschaft.

Im März 2000 prangerte die AAJ vor der Menschenrechtskommision die "allgemeinen und dauernden Verletzungen der bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in den Vereinigten Staaten von Amerika an, verschlimmert durch die Tatsache, dass die Regierung der USA sich über internationales Recht meint stellen zu können." Die AAJ forderte die Kommission auf, ihre große Besorgnis über diesen Zustand auszudrücken und der US-Administration zu verstehen zu geben, dass internationales Recht und Menschenrechte ausnahmslos von allen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft respektiert werden müssen, seien sie groß oder klein.

Es ist eine Tatsache, dass die Vereinigten Staaten einer großen Anzahl von gültigen internationalen Menschenrechtsabkommen nicht beigetreten sind. Darunter befinden sich der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte einschließlich der Zusatzprotokolle zu diesem Pakt, die Konvention gegen Apartheid, die Konvention über die Nichtanwendbarkeit (nationaler) gesetzlicher Beschränkungen bei der Ahndung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Konvention zur Aufhebung aller Formen der Frauendiskriminierung, die Konvention über das Verbot von Menschenhandel und der Ausbeutung durch Prostitution Dritter, die Konvention über den Status von Flüchtlingen, die Konvention über die Rechte von Arbeitsmigranten und deren Familienmitgliedern, die Ottawa-Konvention über das Verbot von Anti-Personen-Minen. Die Vereinigten Staaten verweigern die Anerkennung des Kyoto-Protokolls über die Verminderung von Umweltverschmutzungen.

Die Vereinigten Staaten stimmten auch nicht für die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofs, obwohl US-Staatsangehörigen eine Straffreiheit zugesichert wäre, bis die Tätigkeit des Gerichts dem Sicherheitsrat unterstellt würde. Die Vereingiten Staaten haben lediglich 12 der über 170 Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation unterzeichnet, und diese 12 gehören nicht einmal zu den wichtigsten. Nicht unterzeichnet wurde Nr. 87, in der die Koalitionsfreiheit geregelt wird, Nr 98 über das Recht auf Kollektivverhandlungen und Nr. 138 über das Mindestalter für Arbeitskräfte.

Bei der Ratifizierung der internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte machten die USA eine Reihe Vorbehalte geltend, so gegenüber Artikel 6 Abs. 5, der die Anwendung der Todesstrafe für Verbrechen verbietet, die von Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren begangen wurden. Und im Namen der Meinungsfreiheit verweigerten die USA die Zustimmung zu Artikel 20, der den Gebrauch von Kriegspropaganda und ethnischen, rassischen oder religiösen Hass verbietet. Die USA sind eines von zwei Ländern in der Welt, die die Konvention über die Rechte der Kinder nicht ratifiziert haben.

Während einer Pressekonferenz 1994, als der Bericht "Die Entwicklung der Vereinten Nationen 1994" vorgestellt wurde, erklärte James Grant, damals Exekutivdirektor von UNICEF, dass die Lage der Kinder in den USA die schlechteste unter den Industriestaaten sei. Tatsächlich leben 20 Prozent der Kinder des Landes in Armut, im Vergleich dazu schwankt der Anteil in anderen Industriestaaten zwischen fünf Prozent in Westeuropa und zehn Prozent in Kanada, Australien und dem Vereinigten Königreich. Außerdem wird geschätzt, dass im Durchschnitt in den USA jedes Jahr etwa drei Millionen Kinder verlassen werden oder Opfer von Verwahrlosung, Misshandlung und sexueller Gewalt werden. Diese Zahl ist drei Mal so hoch wie 1980.

Im Bericht 1996 der Sonderberichterstatterin für die Menschenrechtskommission wurde hinsichtlich des Umfangs des Kinderhandels, der Kinderprostitution und der Kinderpornographie eine Studie des Gesundheitsministeriums der USA zitiert, wonach bis zu 300.000 Kinderprostituierte geschätzt wurden. Dieselbe Anzahl, aber aus einer anderen Quelle, wurde in der UNICEF-Veröffentlichung "Die Entwicklung der Vereinten Nationen 1995" genannt. Die Berichterstatterin wiederholte diese Angaben in ihrem Bericht von 1997, der sich auf ihre Mission in der Vereinigten Staaten im Dezember 1996 bezog. Hinzugefügt wurde, dass 22,7 Prozent der Minderjährigen unter 18 Jahren unter der Armutsgrenze lebten.

Auch wenn das Problem nicht die Größenordnung wie in anderen Ländern erreicht, existiert Kinderarbeit in nennenswertem Umfng in illegalen und halblegalen "Sweatshops" in New York, Los Angeles und anderen Städten. Verbreitet ist sie in der Landwirtschaft.

Seit 1992 haben fast alle Staaten der USA Gesetze verabschiedet, wonach Kinder in Strafprozessen mit Erwachsenen gleichgestellt sind. Mehrere Staaten haben die Altersgrenze auf 10 Jahre herabgesetzt außer Michigan, wo es überhaupt keine Altersgrenze gibt. In den letzten zehn Jahren sind 12 Menschen, die als Minderjährige verurteilt wurden, hingerichtet worden. Ungefähr 70 Menschen, die als Minderjährige Verbrechen begangen haben, warten im Gefängnis auf ihre Hinrichtung. Seitdem die Todesstrafe 1976 wieder eingeführt wurde, sind 600 Menschen hingerichtet worden, darunter etwa 200 im Staat Texas.

Die Zahl der Häftlinge in den Vereinigten Staaten beläuft sich auf zwei Millionen Menschen, das sind doppelt so viel wie vor zehn Jahren und ist die höchste Zahl weltweit, wenn man sie auf die jeweilige Gesamtbevölkerung bezieht. Private Gefängnisse (120 mit insgesamt 120.000 Insassen) sind ein einträgliches Geschäft zum Schaden der Gesundheit und der rechte der Häftlinge. Die Behandlung der Gefangenen ist in den städtischen Gefängnissen genauso brutal wie in den Arbeitfarmen, die nichts anderes sind als Zwangsarbeitslager wie "Silverdale" in Tennessee.

In den Bundesstaaten Texas, Arkansas und Louisiana sind Häftlinge zur Gratisarbeit auf den Feldern gezwungen. Sexueller Missbrauch gegen Frauen ist weit verbreitet. Im Allgemeinen nutzen private Unternehmen die Arbeit von Häftlingen und der Lohn beträgt etwa fünf Dollar pro Stunde, der aber auf ein bis zwei Dollar reduziert werden kann, da erlaubte Abzüge bis zun 80 Prozent des Lohns ausmachen können. Das kommt den Gewinnen wohlbekannter großer Firmen zugute.

Nicht registrierte Immigranten, deren Abschiebungsbefehl nicht ausgeführt werden kann, bleiben in Jugendstrafanstalten oder Gefängnissen inhaftiert. Sie werden dort unter schrecklichen Bedingungen und ohne jede Rechte festgehalten - eine Situation, die zeitlich nicht begrenzt ist. Schätzungsweise werden 13.000 Menschen unter diesen Bedingungen in Gefangenschaft gehalten. Der Oberste Gerichtshof hat eine Entscheidung des Appellationsgerichtshofs bestätigt, wonach solche Häftlinge keine verfassungsmäßigen Rechte besitzen, da sie nicht der Gerichtsbarkeit der USA, sondern der Gerichtsbarkeit der INS unterlägen.

Die Methoden, die von der US-Regierung bei der Unterdrückung sozialer Bewegungen angewendet werden, reichen von Mordanschlägen - so geschah es mit den Black Panthers - bis zu fadenscheinigen Gerichtsverfahren wie im Fall von Leonard Peltier, der zu einer langen Freiheitsstrafe, und von Mumia Abu Jamal, der zum Tode verurteilt wurde.

In den Vereinigten Staaten wurde offiziell bekanntgegeben, dass die Regierung Experimente mit radioaktiven Stoffen an Geisteskranken, schwangeren Frauen und ganz gewöhnlichen Bürgern durchgeführt hat. Offiziell zugegeben wurde auch, dass über Jahre hinweg über 400 Menschen schwarzer Abstammung als Versuchskaninchen in medizinischen Experimenten benutzt wurden. Man hatte ihre Behandlung wegen Syphilis ohne deren Zustimmung abgebrochen, um den Fortgang der Erkrankung unter solchen Umständen zu erforschen.

Die Regierung der Vereinigten Staaten hat auch die Vertretung der Interessen transnationaler pharmazeutischer Konzerne übernommen, die vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen Brasilien klagen um zu verhindern, dass dieses Land wichtige Medikamente zu niedrigeren Preisen herstellt. Unter diesen Medikamenten befinden sich auch solche, die zur Bekämpfung von AIDS hergestellt werden.

Trotz der Internationalen Konvention gegen die Rekrutierung, die Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern - auch eine Konvention,,, die von den USA nicht unterzeichnet wurde - setzen die USA sowohl innerhalb des Landes als auch in Kolumbienn und in den so genannten Friedensmissionen in Bosnien-Herzegowina und Kosovo Söldner ein.

Die Vereinigten Staaten verletzen systematisch Völkerrecht und Menschenrechte, indem sie die Blockade gegen Kuba 40 Jahre lang aufrecht erhalten und indem sie den UN-Sicherheitsrat zwingen, das Embargo gegen Irak aufrecht zu erhalten. Auch verletzten die USA die Genfer Konventionen über das humanitäre Kriegsvölkerrecht während der Invasion in Panama, während des Golfkriegs und im Krieg gegen Jugoslawien.

Mit der Umsetzung des "Plan Colombia" und mit der Aufrechterahtlung ihrer Militärbasen in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern (z.B. Manta in Ecuador, Wieques in Puerto Rico, Guantanamo auf Kuba) und in anderen Ländern anderer Regionen schaffen die USA Zonen der Unsicherheit, verschärfen internationale Konflikte und schaffen Bedingungen für die Internationalisierung einiger solcher Konflikte.

Angesichts all dieser Tatsachen drückt die AAJ ihre Befriedigung über die Entscheidung des UN-Wirtschafts- und Sozialrats aus, die USA aus der Menschenrechtskommission auszuschließen. Die AAJ hofft, dass dies den USA eine Warnung ist und eine Aufforderung, ihre Arroganz zu vermindern, mit der sie die internationale Gemeinschaft behandeln, und dass sie aufhört mit der Beschneidung der Menschenrechte ihrer eigenen Bevölkerung und der Menschen in aller Welt.

8. Mai 2001

Beinusz Szmukler (Präsident)
Vanessa Ramos (Generalsekretärin)
Alejandro Teitelbaum (AAJ-Vertreter bei der UNO in Genf)

(Übersetzung aus dem Englischen: Pst)


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