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Proteste gegen Medien

In den USA, Australien, Großbritannien und Kanada gab es Demonstrationen

Von Peter Wolter *

Aus Protest gegen ständige Falschberichterstattung der Medien sind am vergangenen Wochenende in Australien, Großbritannien, den USA und Kanada Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Zu den Demonstrationen vor Studios bzw. Redaktionen großer TV-Stationen hatte das Internetportal »March against Mainstream Media« (MAMSM) aufgerufen – teilweise mit Unterstützung lokaler »Occupy«-Gruppen. Die Organisatoren wollen die Proteste auch auf Deutschland, die Schweiz und Österreich ausweiten.

In den USA waren u. a. Fox News, ABC, NBC, CBS und CNN das Ziel der Proteste. In vielen Städten waren Transparente mit der Aufschrift zu lesen »Die USA verdienen die Wahrheit«, auf Flugblättern und Plakaten beschwerten sich die Demonstranten u. a. über die verzerrende Berichterstattung über den Whistleblower Bradley Manning, den Bürgerkrieg in Syrien, die Atom-kraftwerkskatastrophe von Fukushima sowie den weltweit aktiven Saatgutmonopolisten Monsanto.

In Australien gab es Proteste in Adelaide, Brisbane und Melbourne, in Kanada in Toronto, Winnipeg und Vancouver – Adressaten waren ebenfalls die großen nationalen Fernsehstationen. In London hatten Aktivisten zur Besetzung der Zentrale des TV-Senders BBC aufgerufen – allerdings wurde daraus nur eine Demonstration vor dem Gebäude. Hauptvorwurf der Teilnehmer war die verzerrende Berichterstattung des Senders über das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU. In Großbritannien gab es auch Aktionen in Bristol, Cardiff Bay und Middlesbrough.

MAMSM sei »mehr als nur ein Protest«, heißt es auf der Startseite des Internetportals. »Es ist ein Angriff auf die Glaubwürdigkeit der Mainstreamme­dien.« Es gebe »heutzutage viele wichtige Ereignisse und Entwicklungen, die von den Mainstreammedien ignoriert oder falsch dargestellt werden und so von der Masse des Publikums unbemerkt bleiben«. Ziel der Proteste sei es, den Menschen deutlich zu machen, daß sie ständig belogen werden und ihnen nahezulegen, sich besser über alternative Medien zu informieren.

Mit den Aktionen direkt vor den Zentralredaktionen und Studios würden diese vor die Wahl gestellt, heißt es weiter im Internetportal: Zum einen könnten sie sich dafür entscheiden, darüber zu berichten, daß Tausende vor ihrer Tür gegen Nachrichtenunterdrückung und Falschberichterstattung demonstrieren. Zum anderen könnten sie den Protest einfach ignorieren – und diese Vorwürfe damit bestätigen. Das wiederum werde im Internet auf zahlreichen Facebook-Seiten und in Twitter-Einträgen seinen Niederschlag finden.

Die Nachrichtenredaktionen der Mainstreammedien seien eng mit dem großen Geld und mit Regierungen verbandelt, heißt es weiter. Es komme darauf an, den Menschen klarzumachen, daß ein Sender etwa, der nicht über diese Proteste berichte, für mündige Bürger als Nachrichtenquelle nicht mehr in Frage komme. Für die USA z. B. gelte, daß die dortigen Massenmedien die größten Feinde der Demokratie sind. Das Publikum müsse darüber aufgeklärt werden, welchem Informations»müll« es ausgeliefert ist, es müsse endlich anfangen, den eigenen Kopf zu gebrauchen. »Man stelle sich vor, daß in den Nachrichten plötzlich über die Wahrheit und wirklich wichtige Ereignisse berichtet wird« – die Macher von MAMSM schätzen, dann komme es »über Nacht zu einer Revolution.«

Jet Barnett, einer der Organisatoren der Proteste, sagte in einem Gespräch mit dem russischen TV-Kanal Russia Today (RT), es gehe letztlich darum, die »Integrität« des Journalismus wiederherzustellen. »Wir möchten, daß die Massenmedien zuhören, sie müssen endlich begreifen, daß die Menschen wollen, daß sich das alles ändert.« Unter Berufung auf eine Gallup-Umfrage vom September heißt es weiter bei RT, daß nur 44 Prozent der US-Bürger den Massenmedien trauen.

Das Internetportal schweizmagazin.ch berichtete ergänzend, daß in Deutschland Proteste vor dem Springer-Verlag, der Spiegel-Redaktion und allen großen TV-Sendern geplant sind. Wann und wie ist allerdings noch nicht bekannt – zu diesem Projekt existieren offenbar noch keine aktuellen Websites in deutscher Sprache.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 21. November 2013


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