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Landminen: Überprüfungskonferenz in Genf zu Ende

Erfolge, aber auch Probleme - ein erstes Resümee

105 Staaten waren Mitte September in Genf zur zweiten Überprüfungskonferenz des Verbots von Anti-Personen-Minen zusammen gekommen. Sie berichteten von Fortschritten bei der Beseitigung von Minen. Einige Probleme bleiben aber.

Beschlüsse wurden auf der Konferenz keine gefasst. Es gab lediglich eine Abschlusserklärung , in der die Fortschritte und die Desiderata aufgelistet waren. So wurde etwa betont, dass während der letzten zwölf Monate viele Minenfelder geräumt worden seien. Auch habe die Zahl der Opfer in einigen der am stärksten verminten Ländern der Welt merklich abgenommen. Zu den am stärksten verminten Ländern gehören z.B. Angola, Äthiopien und Eritrea, Sudan, Somalia, Malawi und Mosambik (alle in Afrika), Irak, Kuwait Afghanistan Kambodscha und Vietnam (Asien), Nicaragua und El Salvador in Mittelamerika sowie das frühere Jugoslawien in Europa.

139 Länder haben die Konvention bislang unterzeichnet. Völkerrechtlich verbindliche Ratifikationen liegen aus 107 Staaten vor. Von keinem der 107 Länder ist ein Verstoß gegen das Verbot von Entwicklung, Produktion, Einsatz oder Export von Anti-Personen-Minen bekannt geworden. 21 Regierungen erfüllten ihre Verpflichtung zur vollständigen Vernichtung aller Vorräte innerhalb von vier Jahren sowie zur Räumung aller Minenfelder binnen zehn Jahren bereits vollständig, 24 Länder stehen kurz davor. Unter den 21 Staaten, die ihre Minen vollständig zerstört haben, gehört nach eigenen Angaben auch Frankreich. In Frankreich wurden genau 109.828 Minen zerstört. Die Bundesrepublik hat ebenfalls alle Minen zerstört, mit Ausnahme von etwa 3.000 Exemplaren, die für Schulungszwecke aufbewahrt würden. Eine Mehrzweckmine der Bundeswehr soll bis Ende 2000 ausgemustert werden. Allerdings befinden sich auf deutschem Boden noch 112.000 Minen im Besitz von US-Truppen. 24 Staaten, so hieß es in Genf weiter, sind noch mit der Zerstörung ihrer Bestände beschäftigt.

Für die Minenräumung wurden im abgelaufenen Jahr weltweit rund 250 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt.

Von einigen Konferenzteilnehmern kamen aber auch Klagen darüber, dass trotz des Verbots noch immer Anti-Personen-Minen verwendet werden. Selbst Länder, die sich die Minenkonvention unterzeichnet haben, würden weiterhin Minen einsetzen. Damit verletzten sie ihre in der Konvention eigegangene Verpflichtung "in flagranter Weise".

Solche Klagen kamen auch von den Nichtregierungsorganisationen, die an dieser Konferenz gleichberechtigt beteiligt waren. Für den kooperativen Geist, der auf der Konferenz zwischen Regierungsvertretern und NGOs herrschte, sorgte auch der Vorsitzende der Konferenz, der norwegische Botschafter Steffen Kongstad. Dabei war auch Jody Williams, die Sprecherin der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen. Von ihrer Seite wurde wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass in ein künftiges wirksames Verbot von Landminen auch die Antifahrzeugminen einzubeziehen seien. Zahlreiche Industriestaaten entwickeln, produzieren und verlegen weiterhin Antifahrzeugminen, die nicht nur von Panzern, sondern auch von anderen Fahrzeugen, z.B. von Schulbussen ausgelöst werden können. Viele dieser Minen sind zudem mit Antipersonenminen zum Schutz gegen eine Räumung durch den militärischen Gegner ausgerüstet. Zumindest solche Minen, bei denen derartige Schutzvorrichtungen auch unbeabsichtigt ausgelöst werden können, sind durch die Konvention verboten. Aber nur wenige Staaten - z.B. Italien und Kanada - haben daraus die Konsequenzen gezogen und wenigstens diese Antifahrzeugminen vernichtet. Deutschland und andere Vertragsstaaten verweigern diese Maßnahme bislang.

Nach einem Bericht der Internationalen Kampagne für das Verbot der Landminen haben seit Verabschiedung der Konvention von Ottawa mehr als 50 Länder insgesamt 22 Millionen Minen vernichtet. Und was auch wichtig ist: Die Zahl der bekannten Minenproduzenten ist von 54 auf 16 gesunken. Außerdem ist der offizielle Handel mit Minen fast vollständig zum Erliegen gekommen.

Die USA, Russland und China sind bisher der Konvention nicht beigetreten. Die USA begründeten seinerzeit ihre Weigerung mit der gespannten Lage auf der koreanischen Halbinsel. Sie haben einen Landstreifen an der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea vermint, um, wie sie sagen, Nordkorea an einem Überfall zu hindern. Bei seinem kürzlichen Treffen mit EU-Vertretern verteidigte Russlands Präsident Putin den Einsatz von Landminen im Tschetschenienkrieg ausdrücklich. China gibt an, seine 4.000 Kilometer lange Grenze mit Russland nur mit Minen schützen zu können. Immerhin war China mit einer Beobachterdelegation in Genf vertreten. Außerdem hat das Land seit 1995 den Export von Antipersonenminen eingestellt und beteiligt sich finanziell an Minenräumprogrammen.

Aber auch ein Land wie Finnland verfolgt eine eigenartige Linie. Einerseits spendet Helsinki Geld für Minenräumprogramme in der Dritten Welt, andererseits lehnt es die Zerstörung der eigenen Minen ab. Offenbar spielen die Minen eine Rolle bei der Grenzsicherung zu Russland.

Weißrussland dagegen, obwohl dem Ottawa-Vertrag bisher nicht beigetreten, möchte gern die rund 4,5 Millionen Minen, die man noch als Erbe der Sowjetunion besitzt, los werden. Der weißrussische Vertreter sagte dazu, dass seine Regierung bei der Unschädlichmachung der Minen auf den Beistand des Auslands angewiesen sei. Die Vorräte könnten nicht so einfach gesprengt werden, weil dabei Giftstoffe austreten könnten.
Pst
Quellen: FR, taz, SZ, alle vom 16.09.00, sowie Stellungnahmen von Organisationen der Landminenkampagne.

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