Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Eine leere Hülle für den Klimaschutz

Nichtregierungsorganisationen schlagen Alarm angesichts unklarer Finanzzusagen der G20 vor UN-Gipfel

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Kurz vor Beginn der 17. UN-Klimakonferenz, die Ende November in Durban beginnt, will Gastgeber Südafrika seine guten Absichten zeigen.

Mit Südafrikas neuer Klimapolitik sind viele Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NRO) zufrieden. Das kürzlich veröffentlichte Weißbuch der Regierung setzt bei den Kohlendioxidemissionen klare Reduktionsziele für jeden Wirtschaftsbereich. Auch eine C02-Steuer soll schnellstmöglich eingeführt werden, um das nationale Ziel – 34 Prozent weniger klimaschädliche Emissionen bis 2020 – zu erreichen.

Dennoch müsse Südafrika, so NRO-Vertreter, weit mehr tun. Vor allem der Bau neuer Kohlekraftwerke ist den Vertretern der Zivilgesellschaft ein Dorn im Auge. Südafrika investiert derzeit mit Hilfe von Weltbankkrediten in Höhe von 3,75 Milliarden US-Dollar in den Bau zweier Kraftwerke. Darüber hinaus verfolgt das Land auch den massiven Ausbau der Atomkraft.

Widerstand gegen die klimapolitischen Ziele der Regierung kommt vor allem von energieintensiven Industrieunternehmen. Diese befürchten den Verlust von Arbeitsplätzen durch steigende Energiekosten in Folge einer Kohlendioxidsteuer.

Die Klimakonferenz, die vom 28. November bis zum 8. Dezember in Durban stattfindet, soll mehr Gäste als die Fußballweltmeisterschaft in die Stadt bringen. Rund 320 Millionen Rand (32 Millionen Euro) sind für die Großveranstaltung veranschlagt, wovon der Gastgeber rund zwei Drittel trägt.

Ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll, das international verbindliche Regeln für eine dauerhafte Reduktion der klimaschädlichen Gase setzt und 2012 ausläuft, wird von den meisten Experten als Ergebnis von Durban nicht mehr erwartet. Südafrikas Chefunterhändler Alf Wills erhofft sich jedoch einen Schritt hin zu einem solchen neuen Abkommen, das auf einer der nächsten Klimakonferenzen der Vereinten Nationen beschlossen werden könnte.

NRO befürchten, dass auch der Gipfel in Durban ohne nennenswertes Ergebnis bleiben wird. Sie schlagen angesichts fehlender finanzieller Zusagen der großen Geber für den internationalen Klimafonds Alarm, aus dem Klimaschutzmaßnahmen in den armen Ländern der Welt finanziert werden sollen. In Kopenhagen hatten sich die Führer der G20-Staaten auf eine Gesamtsumme von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr bis 2020 verständigt. Greenpeace-Direktor Kumi Naidoo vermisst indes klare finanzielle Zusagen der einzelnen G20-Staaten, die sich Anfang November im französischen Cannes getroffen hatten. Für Naidoo ist der Fonds deshalb eine »leere Hülle«. Einnahmen könnten aus einer weltweiten Finanztransaktionssteuer dort hineinfließen, doch gegen diese wenden sich immer noch mehrere Länder wie die USA. In Cannes verständigten sich die G20 darauf, neue innovative Finanzmittel zu prüfen. Neben der Finanztransaktionssteuer, die etwa 60 Milliarden USDollar pro Jahr bringen könnte, zählt dazu auch eine Abgabe auf den internationalen Schiffs- und Luftverkehr. Hierdurch werden 40 Milliarden Dollar erwartet.

Enttäuscht zeigt sich Oxfam- Direktor Jeremy Hobbs auch wegen der Weigerung der G20, die Subventionen für die Förderung fossiler Energien schrittweise zu beenden. Mit etwa 10 Milliarden Dollar jährlich werden diese Energieträger staatlicherseits unterstützt. Gegenüber der südafrikanischen Wochenzeitung »Mail & Guardian« machte Hobbs klar, wie wichtig die Konferenz in Durban sein wird. Fortschritte in der Bekämpfung des Klimawandels seien dringender denn je, vor allem für die besonders betroffenen armen Menschen in Afrika.

* Aus: neues deutschland, 18. November 2011


Zurück zur Klima-Seite

Zurück zur Homepage