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Klimakonferenz gescheitert

Vorbereitungstreffen für Durban ohne Ergebnis

Von Johanna Treblin, Bonn *

Die Nichtregierungsorganisationen (NGO) sind sauer: Die Klimakonferenz in Bonn ist auch an Blockadehaltungen gescheitert.

Die internationale Klimapolitik steckt in der Klemme. Zu konträr sind die Vorstellungen der verschiedenen Länder. Auf der einen Seite blockieren vor allem die USA, die sich vehement gegen eine Fortführung des Klima-Regimes stellen: Wenn die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls in eineinhalb Jahren ausläuft, soll keine zweite folgen – die geforderten Maßnahmen zur Reduktion von Kohlendioxidemissionen wollen sie nicht stemmen. Auf der anderen Seite steht Bolivien, dem die Maßnahmen nicht weit genug gehen.

Mexiko will nun die Lösung haben. »Wir müssen die Regeln ändern«, sagte Verhandlungsführer Fernando Tudela in Bonn, wo gerade zwei zähe Verhandlungswochen abgeschlossen wurden. Damit meint er, das Konsensprinzip aufzuheben, nach dem alle Länder den Beschlüssen zustimmen müssen, damit sie gültig sind. So war es auch auf der Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009: Dort einigten sich die USA mit einigen anderen auf ein Abschlussdokument – dass von den übrigen Staaten lediglich »zur Kenntnis genommen« wurde.

Ein Jahr später wurde das Prinzip aber missachtet: Die Cancún-Beschlüsse galten als angenommen, obwohl Bolivien Veto eingelegt hatte. Als Leiterin des Klimagipfels wischte die mexikanische Außenministerin Patricia Espinosa den Einspruch vom Tisch, erklärte, Konsens könne nicht bedeuten, dass ein Land den Prozess blockieren dürfe und erhielt dafür Standing Ovations.

Wieso dann nicht die Regeln ändern? Alle »Blockierer« könnten damit mundtot gemacht werden: die USA, das um seine Öl-Milliarden fürchtende Saudi-Arabien und Bolivien, das »Mutter Erde« vor Umweltschäden und dem Klimawandel schützen will. Nach mexikanischem Vorschlag müssten zwei Drittel aller Staaten einverstanden sein, um Beschlüsse durchzuwinken. Doch wer sollte einen solchen Vorschlag verabschieden? Die USA, Saudi-Arabien und Bolivien? Kaum.

Die NGOs, die die Verhandlungen in Bonn verfolgt haben, sind erbost: »Jetzt hat die mexikanische Regierung also ihre Methode offengelegt, nach der das Cancún-Abkommen zustande gekommen ist«, kommentiert Michele Maynard von der Pan African Climate Justice Alliance. »Der Text wurde in Hinterzimmern vorbereitet, die Staaten konnten nur noch mit Ja oder Nein stimmen.« Genau dieses Vorgehen sei Schuld daran, dass die Verhandlungen in Bangkok und Bonn in diesem Jahr so schleppend verlaufen seien, so Maynard.

So endete die Bonner Konferenz, wie sie angefangen hatte: Die einen warfen den anderen das Blockieren vor, die anderen den einen das Durchwinken. Bei den wichtigen Themen ist man kaum weitergekommen – eine zweite Verpflichtungsperiode bleibt Vision, zu finanziellen Zusagen will sich niemand bekennen, schärfere Ziele zur Emissionsreduktion der Schwellen- und Industrieländer sind nichts als Wunschvorstellungen der Entwicklungsländer und NGOs. Der einzige Beschluss: Vor dem Gipfel im südafrikanischen Durban im Dezember soll es ein weiteres Arbeitstreffen geben. Wo, ist noch unklar.

* Aus: Neues Deutschland, 20. Juni 2011


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