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Schutz für Cyberspace

Bundeskabinett plant Sicherheitsmaßnahmen

Besorgt über wachsende Bedrohungen aus dem Internet hat die Bundesregierung am Mittwoch ein umfassendes Konzept zum Schutz von Computernetzen und Versorgungssystemen beschlossen. Im Zentrum steht die Gründung eines »Nationalen Cyber-Abwehrzentrums«, das im Fall eines Angriffs aus dem Netz die Situation analysieren und den zuständigen Behörden Empfehlungen geben soll.

»Das Internet ist inzwischen eine kritische Infrastruktur geworden«, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière bei der Vorstellung der »Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland«. »Es ist wie bei Strom und Wasser – wir sind darauf angewiesen, dass das Internet funktioniert.« Das Netz müsse verfügbar, frei und sicher sein, betonte der Minister.

Nahezu täglich registrierten die Behörden »Angriffe, bei denen wir vermuten, dass sie von ausländischen Staaten ausgehen.« Nötig sei eine internationale Abstimmung der Bemühungen um Cyber-Sicherheit, erklärte de Maizière. Es gebe dazu bereits Kontakte mit der Europäischen Union. Ein geeignetes Forum sei außerdem die Gruppe der sieben führenden Industriestaaten (G7).

Das Cyber-Abwehrzentrum soll zum 1. April seine Arbeit aufnehmen. Geleitet wird es von der ITBeauftragten der Bundesregierung, Cornelia Rogall-Grothe. »Wir alle brauchen das Netz wie die Luft zum Atmen«, sagte Rogall-Grothe. Deswegen seien besondere Maßnahmen erforderlich, um die IT-Systeme vor Angriffen zu schützen.

Die Federführung für das Abwehrzentrum liegt beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Direkt beteiligt sind außerdem das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Außerdem wirken das Bundeskriminalamt (BKA), die Bundespolizei (BPOL), das Zollkriminalamt (ZKA), der Bundesnachrichtendienst (BND) und die Bundeswehr sowie die jeweils zuständigen Ministerien mit.

Ein »Nationaler Cyber-Sicherheitsrat« soll daneben die Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft verbessern. Vertreten sind das Bundeskanzleramt und das Auswärtige Amt, die Ministerien für Inneres, Verteidigung, Wirtschaft, Justiz und Finanzen sowie die Länder. irtschaftsvertreter sollen als assoziierte Mitglieder dabei sein. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) teilte mit, dass in seinem Ministerium eine Taskforce zur IT-Sicherheit zum 29. März ihre Arbeit aufnehmen werde.

* Aus: Neues Deutschland, 24. Februar 2011


Alle auf die Cyber-Täter

Von Regina Stötzel **

Cyberspace – das klingt für viele immer noch nach Science Fiction und nach etwas, das es in echt gar nicht gibt. Gibt es aber doch, zumindest nach der Definition der Bundesregierung: »Der Cyber-Raum umfasst alle durch das Internet über territoriale Grenzen hinweg weltweit erreichbaren Informationsinfrastrukturen.« Tatsächlich ist es nicht übertrieben, Computernetzwerke in ihrer Bedeutung für die Infrastruktur mit Wasser und Strom zu vergleichen, wie es Innenminister Thomas de Maizière (CDU) getan hat. Und diese Netzwerke sind verwundbar.

Allerdings kann man sich nach der Darlegung der Vorhaben der Bundesregierung kaum entscheiden, ob die Gefahr von Angriffen über das Internet oder die neu geschmiedete Sicherheitsallianz mehr Unwohlsein hervorruft. Ab sofort wird Deutschland nicht mehr nur am Hindukusch, sondern an jedem Hotspot verteidigt. Dafür scheint jedes Mittel recht und müssen alle ran. Was die herkömmlichen Waffen internationaler Terrornetzwerke nicht geschafft haben, bewirken Viren, Trojaner, Würmer und Schnüffelprogramme: Ministerien und Behörden, Staat und Wirtschaft, Polizei und Geheimdienste, Bundespolizei und Bundeswehr sollen allesamt in neu zu schaffenden Einrichtungen im Rahmen der »Cyber-Sicherheitsstrategie für Deutschland« Hand in Hand arbeiten. Grüne und LINKE halten dies verfassungsrechtlich für bedenklich und bemängeln die unzureichende internationale Zusammenarbeit. Zwar will man sich neben der EU auch mit den Vereinten Nationen, dem Europarat, der NATO, der OSZE und anderen multinationalen Organisationen abstimmen, aber zunächst einmal wird aufgerüstet. Und das nicht zu knapp.

** Aus: Neues Deutschland, 24. Februar 2011 (Kommentar)


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