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Globale Versorgungskonzerne greifen nach dem Wasser

Es winken sprudelnde Gewinne. Eine Studie aus dem weed. Von Uwe Hoering

Im Folgenden dokumentieren wir eine im Februar 2002 in der "jungen welt" vorgestellte Kurzfassung einer Studie über die Politik der globalen Wasserversorgungskonzerne. Autor der Kurzfassung und der Studie ist Uwe Hoering. Bibliografische Angaben und Bestelladresse finden sich am Fuß des Artikels.

Öffentlich oder privat?

»Think big« ist der Wahlspruch von AquaMundo. Das kaum zwei Jahre alte Unternehmen mit Sitz in Mannheim hat den Weltmarkt im Visier. Dazu haben sich drei Schwergewichte aus verschiedenen Branchen zusammengetan: Bilfinger&Berger, ein weltweit operierendes Bauunternehmen, die deutsche Tochter des schwedisch-schweizerischen Technologiekonzerns ABB und die Mannheimer MVV Energie AG, ein städtisches, aber börsennotiertes »Unternehmen mit Profitgedanken«. Vorbild dieser selbsternannten »Deutschen Wasserallianz« sind die marktbeherrschenden französischen Mischkonzerne Suez und Vivendi, deren »Wassertöchter« Ondeo beziehungsweise Générale des Eaux einen Anteil am globalen Wassermarkt von über 20 Prozent haben.

Mit einiger Verspätung haben deutsche Unternehmen das »Erdöl des 21. Jahrhunderts« entdeckt: Der Energie- und Chemieriese RWE kaufte im September 2000 für 14 Milliarden DM die Nummer 3 auf dem Markt, den britischen Wasserversorger Thames Water, die Berlinwasser International (BWI), seit 1999 eine Tochter von RWE und Vivendi, expandiert vor allem nach Osteuropa. Die Transformationsländer und Asien versprechen das größte Wachstum. Die Nachfrage nach der knapper werdenden Ressource steigt rasch, neue Kläranlagen, die Erschließung neuer Wasserreserven oder die Rehabilitierung maroder Versorgungssysteme erfordern Milliardeninvestitionen und versprechen enorme Gewinne.

Dabei galt der Wassersektor noch bis Anfang der neunziger Jahre als das Aschenputtel des Dienstleistungssektors, während die Privatisierung vormals staatlicher Unternehmen in der Telekommunikation und der Energieversorgung längst boomte. Obwohl viele staatliche oder kommunale Versorgungsunternehmen Zuschußbetriebe sind, die Leitungsnetze marode, die Wasserverluste hoch, obwohl Einnahmeausfälle und Subventionen Löcher in Staats- und Stadthaushalte rissen, fällt vielen Regierungen die Vorstellung schwer, das lebenswichtige Gut Wasser profitorientierten Privatunternehmen zu überlassen. Doch inzwischen haben ausländische Unternehmen wie Ondeo, Générale des Eaux und Thames Water den städtischen Wassersektor in Hanoi und Mexiko City, Buenos Aires, Manila und Shanghai, Abidjan und Maputo und weit über hundert anderen Metropolen ganz oder teilweise übernommen - mit tatkräftiger Hilfe des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.

Steigbügelhalter

Den Weg frei machten Strukturanpassungsprogramme und Sektorreformen, die IWF und Weltbank den überschuldeten Regierungen des Südens als Vorbedingung für Umschuldungen und neue, dringend benötigte Entwicklungsgelder abfordern. Seit einigen Jahren verlangen sie auch im Wassersektor die Privatisierung öffentlicher Versorgungsunternehmen, den Abbau von Subventionen und die Einführung »kostendeckender«, sprich: höherer Preise. Der Staat soll sich darauf beschränken, die für die profitable Entfaltung privater Unternehmen erforderlichen Rahmenbedingungen, also kalkulierbare, günstige Investitionsvoraussetzungen zu schaffen. Da Wasserversorger - ob öffentlich oder privat - meist eine Monopolstellung haben, sollen neue Aufsichts- und Regulierungsbehörden sie im Zaum halten und überhöhte Preise oder Verstöße gegen Umwelt- und Gesundheitsstandards verhindern und sicherstellen, daß von den privaten Versorgern vertragliche Zusagen, etwa zur Reduzierung von Wasserverlusten, auch eingehalten werden.

Doch die Rolle der »Entwicklungshelfer« aus Washington beschränkte sich keineswegs darauf, den Wegbereiter zu spielen. Sie helfen auch beim »Schmücken der Braut«, wie es Klaus Gihr von der Frankfurter Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) nennt: Um eine Übernahme für Investoren attraktiv zu machen, werden öffentliche Versorgungsunternehmen entflochten und auf die rentablen Abteilungen »verschlankt«, Verbindlichkeiten umgeschuldet, Angestellte und Arbeiter entlassen. Zinsgünstige Kredite aus Entwicklungshilfetöpfen verringern Kosten und Risiken der Investoren. Die enge Zusammenarbeit firmiert unter solch schönen Titeln wie »Entwicklungspartnerschaft« oder »Öffentlich-private Partnerschaft«. Die Entwicklungshilfe für die Global Players wird damit gerechtfertigt, daß auf diese Weise die Versorgung verbessert, marode öffentliche Versorger saniert, die Wirtschaftlichkeit gesteigert und vor allem »Wasser für die Armen« sichergestellt würde.

Filetstücke

Doch die Wirklichkeit sieht meist anders aus. Im Bestreben, ihr Risiko niedrig, ihre Rendite hoch zu halten, konzentrieren sich die Konzerne vielfach auf die rentablen Filetstücke im Wassersektor: auf die wohlhabenden Wohn- und Geschäftsviertel und auf Industriebetriebe. Mit geringen Investitionen wie dem Einbau von Wasserzählern und verbessertem Gebühreneinzug steigern sie rasch ihre Einnahmen, ohne die Versorgungssituation grundlegend zu verbessern. Verbrauchern, die die oftmals höheren Preise nicht zahlen können, wird der Hahn abgedreht. Wo nichts zu verdienen ist, werden meist auch keine neuen Leitungen gelegt - in die Slums, für die Abwässer oder in den ländlichen Regionen. So droht mit der Privatisierung das Wasser dahin zu fließen, wo das Geld ist: in die Stadtteile und Bevölkerungsgruppen, die bereits privilegiert sind.

Auch die Erwartung, Global Players würden substantiell zusätzliche Investitionen in den Wassersektor bringen, erweist sich meist als trügerisch: Ihre Investitionsmittel holen sie sich dort, wo sie sich auch öffentliche Unternehmen holen, über die Gebühreneinnahmen, also von den Kunden, oder von öffentlichen Finanzinstitutionen wie der Weltbank oder der KfW. Ihr Eigenkapital, und damit ihr Risiko, bleibt gering.

Die Regierungen, Städte und Gemeinden sind gegenüber den Global Players zumeist in einer schwachen Position. IWF und Weltbank drängen sie zu einer raschen Privatisierung, der Verkauf des Tafelsilbers verspricht vorübergehende Erleichterung von drückenden Schulden. Die globalen Wasserkonzerne können ihnen die Konditionen weitgehend diktieren, zumal sie durch Absprachen oder die Bildung von Konsortien die bereits geringe Konkurrenz noch weiter einschränken. Die verbreitete Korruption tut ein übriges, um günstige Bedingungen für die Konzerne auszuhandeln: Gewinngarantien, Steuervergünstigungen und Absicherung gegen Wechselkursrisiken. Regulierungs- und Aufsichtsbehörden sind meist total überfordert, die global operierenden Goliaths zu kontrollieren, geschweige denn bei Verstößen gegen Vertragsbedingungen oder Umweltauflagen zur Rechenschaft zu ziehen.

So ist der Wassersektor ein höchst profitables Geschäft. Durch die Übernahme von Thames Water sei dieser Geschäftszweig zum ertragsstärksten Konzernbereich geworden, erklärte zum Beispiel RWE-Vorstandschef Dietmar Kuhnt. Zehn Prozent Rendite prognostiziert eine jüngst veröffentlichte Studie für die Zukunft, gleichzeitig wird die Konzentration auf einige wenige marktbeherrschende Unternehmen weiter zunehmen.

Deutsches Modell

Kein Wunder, daß deutsche Konzerne dabeisein wollen. Neidisch blicken Neulinge wie AquaMundo auf die »massive politische Unterstützung«, der nach den Worten von Werner Dub, Vorstandsmitglied von MVV Energie, die französischen und britischen Konzerne ihre Erfolge verdanken. Inzwischen hat die Bundesregierung ihre Unterstützung zugesagt, damit die deutsche Wasserwirtschaft »eine starke Rolle spielt auf dem Weltmarkt, der erheblich an Bedeutung gewinnt«, so Uschi Eid, parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Trotz der überwiegend schlechten Erfahrungen mit der Privatisierung im Wassersektor setzt auch das BMZ auf die »Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft«. Den Verbrauchern, »auch und gerade den Armen«, so die entwicklungspolitische Rechtfertigung, sei mit einem privaten Modell langfristig besser gedient als mit den überkommenen staatswirtschaftlichen Lösungen.

Die »Bräute«, die die Entwicklungszusammenarbeit den deutschen privaten Wasserkonzernen wie Berlinwasser International (BWI) und AquaMundo zugeführt hat, heißen Elbasan, Windhoek oder Montenegro. Kräftig gefördert mit öffentlichen Mitteln und dem ganzen Instrumentenkasten der Entwicklungszusammenarbeit, konnten dort die Unternehmen langfristige Konzessionsverträge für den Betrieb von Wasserwerken oder den lukrativen Bau von Wasseraufbereitungsanlagen abschließen. Die Kooperation, so freut sich BWI, hätte die »beträchtlichen unternehmerischen Risiken« abgefedert. Mehr noch: Projekte wie in Albanien, Montenegro oder Namibia sind für sie »Türöffner« für den Weltmarkt, staatliche, politische Unterstützung im Konkurrenzkampf. Und so betreibt die Entwicklungszusammenarbeit, deren oberstes Ziel nach eigenen Aussagen die Armutsbekämpfung ist, mit knappen öffentlichen Mitteln Wirtschaftsförderung für Großkonzerne.

Das eigentliche Geschäft für die Konzerne ist meist gar nicht der Verkauf von Wasser. Als Mischkonzerne liefern sie auch Rohre und Pumpen, teure Anlagen, importierte Technologie, sie führen durch ihre Tochterunternehmen Bauaufträge aus und kassieren für Beratungsleistungen. Sie bekommen einen Fuß in die Tür zur Übernahme auch anderer kommunaler und öffentlicher Dienstleistungen, etwa den Bau und den Betrieb von Krankenhäusern, Schulen und Universitäten. Eine wachsende wohlhabende Mittelschicht in vielen Ländern bietet eine Nachfrage, aus der sich Gewinn schlagen läßt. Die Versorgung der ärmeren Bevölkerungsgruppen allerdings bleibt, wie im Wassersektor, weiterhin zweit- oder drittklassig.

Die Weichen dafür sind längst gestellt. Weltbank und IWF treiben auch im Gesundheits- und Bildungswesen die Privatisierung voran. Starker Rückenwind kommt von der Welthandelsorganisation WTO: Dort wird ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) verhandelt, das der globalen Service-Industrie den Markt in den Ländern des Südens noch weiter öffnen würde. Und wenn die Global Players erst einmal ihren Fuß in der Tür haben, verhindern die WTO-Regeln, daß die Regierung die Privatisierung wieder rückgängig machen kann, selbst, wenn sie sich als Fehlschlag oder als nachteilig herausstellt.

Alternativen zur Privatisierung

Auf Drängen der Weltbank wurden 1999 die Stadtwerke von Cochabamba, der drittgrößten Stadt Boliviens, privatisiert. Preissteigerungen um bis zu 200 Prozent waren die Folge, neue Gesetze schränkten zudem die lokale Kontrolle über die Wasserressourcen ein. Die Proteste dagegen konnte die Regierung auch durch die Ausrufung des Notstands und brutalen Militäreinsatz nicht unterdrücken, schließlich mußte sie den Vertrag kündigen und die Selbstverwaltung der Wasserversorgung wieder zulassen. Wie in Cochabamba gibt es in vielen Ländern und Städten Widerstand gegen die Privatisierung - in Südafrika, in Karachi und Manila, in Panama und in Rio. Die Wasserversorgung, so eine gemeinsame Forderung, muß unter öffentlicher Kontrolle bleiben.

In vielen Ländern sind öffentliche Wasserversorger weit besser als der schlechte Ruf, mit dem Weltbank, IWF und deutsche Entwicklungszusammenarbeit die Privatisierung legitimieren. So ist SADESP in Sao Paolo nicht nur das größte, sondern auch eines der effizientesten Wasserunternehmen in Lateinamerika. Die »empirischen Nachweise, ob privates oder öffentliches Management im Wassersektor besser abschneidet, sind recht begrenzt«, meint Nick Johnstone in einer Studie über »private Unternehmen und öffentliches Wasser«. Beispielsweise sind die Produktionskosten der öffentlichen Versorger in Schweden niedriger als die der privaten Unternehmen in Großbritannien. Die Wasserpreise in Deutschland rangieren zwar im europäischen Vergleich im oberen Drittel, doch die Wasserqualität ist deutlich besser als etwa in England, viel Geld fließt zudem in den Gewässerschutz und die Infrastruktur. Und angesichts gravierender Versorgungsmängel durch private Betreiber wollen eine Reihe französischer Kommunen die Betreiberverträge nicht erneuern und den Betrieb wieder selbst übernehmen.

Trotz des Vormarsches der globalen Wasserkonzerne wird auch in Zukunft der Anteil des öffentlichen Sektors groß bleiben, in Osteuropa, Afrika und Asien bei über 70 Prozent, so die Prognosen. Vor allem jene Bereiche, die nicht profitabel und deshalb für Investoren nicht attraktiv sind, verbleiben in öffentlicher Hand. Lösungen müssen daher vor allem hier ansetzen.

So führte SANAA, die Wasser- und Abwassergesellschaft von Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras, eine erfolgreiche Rundum-Sanierung durch, in enger Abstimmung mit den Gewerkschaften: Der Gebühreneinzug wurde verbessert, die Versorgung ausgeweitet, die Wasserverluste wurden verringert. Dank höherer Einnahmen und geringerer Betriebskosten wurden Verluste deutlich verringert. Auch das städtische Versorgungsunternehmen SeLA im peruanischen Oruro stand kurz vor dem Bankrott. Doch dann wurden Wasserzähler installiert, unbezahlte Rechnungen eingetrieben, der Kundendienst verbessert. Angesichts besserer Leistungen akzeptierten die Kunden eine moderate Preiserhöhung. Heute spricht in Oruro niemand mehr von Privatisierung.

Der Verbleib der Wasserversorgung in öffentlicher Hand sichert nicht nur eine Versorgung für alle. Erleichtert wird auch ein umfassendes Wassermanagement, also die Abstimmung zwischen Versorger, Behörden und Umweltschutz. Einigermaßen demokratische Verhältnisse vorausgesetzt sind öffentliche Unternehmen auch besser zu kontrollieren als global operierende Konzerne, und da sie sich nicht am »shareholder value« orientieren müssen, können sie auch kostengünstiger sein. Schließlich würden starke, wirtschaftlich effiziente öffentliche Versorger die Konkurrenz beleben und ein echtes Gegengewicht zur Vorherrschaft der globalen Wasserkonzerne darstellen.

Diese Perspektive wird durch die Privatisierung gefährdet - die Finanzquellen der öffentlichen Versorger für die notwendigen Investitionen trocknen aus. Zum einen sind die meisten auf Entwicklungsgelder angewiesen, da sie auf dem privaten Kapitalmarkt kaum Kredite bekommen. Diese Mittel müssen sie sich nun zunehmend mit den Global Players teilen. Zum anderen sinken ihre Einnahmen, wenn sich private Investoren die rentablen Filetstücke im Wassersektor sichern und damit die Möglichkeiten, den Ausbau der Versorgung in ärmeren Gebieten, wo der Bedarf am größten ist, zu finanzieren. Die Zweiteilung der städtischen Gesellschaft würde wachsen.

Orangi-Pilotprojekt Pakistan

»Wir können uns den Luxus nicht leisten, auf große Infrastrukturinvestitionen zu warten, um alle, die es benötigen, mit Wasser und sanitären Einrichtungen zu versorgen«, mahnt Gro Harlem Brundtland, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), rasche und kostengünstige Lösungen an. Wie zum Beispiel in Orangi, einem Slum in der pakistanischen Hauptstadt Karachi: Im Rahmen des Orangi-Pilotprojekts OPP wurde dort weitgehend durch Selbsthilfe und Eigenarbeit ein kostengünstiges Abwassersystem für 600000 Menschen geschaffen. Oder in der Siedlung La Sirena in Cali, Kolumbien, wo ein einfaches Filtrier- und Leitungssystem die Versorgung sichert. Ein gewähltes Aktionskomitee hat ein gestaffeltes Tarifsystem ausgearbeitet, das niedrige Tarife für Haushalte mit geringem Einkommen vorsieht, und ist außerdem für die Instandhaltung zuständig. In indischen Dörfern ist die »Regenwasserernte«, bei der Dorfgemeinschaften kleine Auffangbecken anlegen und kleinflächige Bewässerung durchführen, zu einer breiten Volksbewegung geworden, die inzwischen selbst in Städten Fuß faßt.

Stadtverwaltungen, Stadtwerke und die Mehrheit der Stadtbevölkerung brauchen Lösungen für die Wasserversorgung und sanitären Einrichtungen, die ihrem meist schmalen, mit hohen Schulden belasteten Budget angepaßt sind. Die Einbeziehung der Bevölkerung in die Planung, lokale Materialien, Eigenleistungen wie das Ausheben von Gräben oder einfache Maurerarbeiten helfen, die Kosten niedrig zu halten. Außerdem werden Anlagen oft besser instand gehalten, wenn die Bevölkerung an den Projekten beteiligt ist.

Das Umdenken fällt allerdings noch schwer. So plante die pakistanische Regierung in Korangi, einem anderen riesigen Slum in Karachi, für 100 Millionen US-Dollar den Ausbau der Kanalisation, die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) war bereit, dem bereits hoch verschuldeten Land dafür einen weiteren Kredit von 75 Millionen Dollar zu geben. Daraufhin erarbeiteten Mitarbeiter des Orangi-Projekts OPP einen Alternativplan, der weitgehend auf lokalen Ressourcen und Technologien basiert und vier Fünftel weniger kostete: Statt eines völlig neuen und entsprechend teuren Kanalisationssystems, so ihr Vorschlag, könnten die bereits bestehenden, vielfach von den Bewohnern selbst angelegten einfachen Abwasserkanäle verbessert werden, statt weniger großer, hochmoderner und kostspieliger Kläranlagen sei ein dezentrales System kleiner Anlagen sinnvoller und günstiger. Nach heftigen Debatten und Demonstrationen wurde das Großprojekt schließlich gestoppt. Und der Millionenkredit, der Pakistans Schulden weiter hochgetrieben hätte, wurde überflüssig.

* Uwe Hoering, freiberuflicher Journalist mit dem Schwerpunkt Umwelt und Entwicklung

Aus: junge welt, 19. Februar 2002


weed-Arbeitspapier:
Privatisierung im Wassersektor

Entwicklungshilfe für transnationale Wasserkonzerne - Lösung der globalen Wasserkrise?

Autor: Uwe Hoering


Weltweit sind die globalen Wasserkonzerne wie Suez, Vivendi und Thames/RWE auf dem Vormarsch. Öffentliche Versorgungsunternehmen werden privatisiert, Multis übernehmen in immer mehr Ländern die Kontrolle über die Versorgung mit der lebenswichtigen Ressource Wasser. Dieser Prozess wird von Weltbank und IWF, aber auch von der deutschen Entwicklungszusammenarbeit politisch und finanziell massiv gefördert. Die Entwicklungspolitik begründet diese Unterstützung damit, dass durch die "Öffentlich-Private-Partnerschaft" Ziele wie Armutsminderung und Nachhaltigkeit besser erreicht werden. Die zentrale Fragestellung der neuen Studie ist, ob dieser Einsatz knapper öffentlicher Ressourcen für die Förderung privater Unternehmen gerechtfertigt ist. Es ist die bislang umfassendste Bestandsaufnahme der bisherigen Erfahrungen mit der Privatisierung im Wassersektor der Entwicklungsländer. Untersucht wird u.a.:
  • die Rolle der Entwicklungsorganisationen bei der Privatisierung,
  • die Strategie der Wasserkonzerne,
  • die Auswirkungen für die Versorgung, v.a. der Armen,
  • die Konsequenzen für die Regierungen und Gemeinden der Länder des Südens,
  • der Beitrag zur Lösung der Wasserkrise.
Dabei weist das Arbeitspapier nach, dass die hochgesteckten Erwartungen der Entwicklungspolitik an die Privatisierung nicht erfüllt werden - ganz im Gegenteil: Notwendige Reformen und alternative, angepasste und kostengünstigere Lösungen werden verhindert.
Damit leistet die Studie einen Beitrag zur Diskussion über die zukünftige Entwicklung im Wassersektor, die nicht zuletzt im Hinblick auf den Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im Herbst 2002 in Johannesburg an Aktualität und Brisanz gewinnt.

Privatisierung im Wassersektor
Entwicklungshilfe für transnationale Wasserkonzerne - Lösung der globalen Wasserkrise?

Dezember 2001, 40 Seiten, Format: A4; Preis: 5,- EUR zzgl. Versandkosten

Sie können das Papier hier bestellen:
WEED - Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V.
Bertha-von-Suttner-Platz 13
D-53111 Bonn
Tel: +49-(0)228-766130; Fax: +49-(0)228-696470
Oder über: www.weedbonn.org


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