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Landgrabbing verschärft Hunger

Oxfam: Finanzinvestoren kaufen weiter landwirtschaftliche Nutzflächen auf *

Auf die verheerenden Folgen des zunehmenden internationalen Schachers mit Agrarland hat am Donnerstag die Nichtregierungsorganisation Oxfam aufmerksam gemacht. In Berlin stellte die Initiative einen aktuellen Bericht unter dem Titel »Our Land, Our Lives« (»Unser Land, unser Leben«) vor. Danach wurden im letzten Jahrzehnt eine Fläche überwiegend an internationale Investoren verkauft oder verpachtet, die fast sechsmal so groß ist wie die Bundesrepublik. Durch solche Geschäfte, mittlerweile unter dem Begriff »Landgrabbing« bekannt, würden »immer mehr Menschen vertrieben, oft mit Gewalt, ohne vorherige Konsultation oder Entschädigung«, sagte Oxfam-Agrarexpertin Marita Wiggerthale.

Laut Bericht wurden mehr als 60 Prozent dieser Unternehmungen in Ländern getätigt, die ohnehin bereits schwer von Hunger betroffen sind. Das Land gehe in der Regel der einheimischen Nahrungsmittelproduktion verloren. Es würde Oxfam zufolge ausreichen, um in der lokalen Produktion eine Milliarde Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Angesichts dessen forderte Oxfam die Weltbank auf, ihre großen Landprojekte für sechs Monate ruhen zu lassen. Die Weltbankgruppe ist Teil des Problems, da sie selbst in großem Maßstab in Ackerboden investiert und die Landvergabepolitik armer Länder beeinflußt. »Der weltweite Ausverkauf von Land führt zu Hunger, Gewalt und zu einem Leben in Armut«, betonte Wiggerthale.

Die Investitionen der Weltbankgruppe in die Landwirtschaft sind nach Oxfam-Angaben in den letzten zehn Jahren um 200 Prozent gestiegen. Deren eigene Recherchen zeigen, daß die meisten großen Bodengeschäfte in den Staaten getätigt werden, in denen die Rechte der langjährigen Landnutzer kaum geschützt werden. Seit 2008 wurden 21 Beschwerden von Gemeinden eingereicht, die Verletzungen ihrer Landrechte durch die Weltbank dokumentieren. In Liberia wurden dem Report zufolge in nur fünf Jahren 30 Prozent des Landes an Großinvestoren verkauft oder verpachtet. Zwischen 2000 und 2010 sind nach Angaben der International Land Coalition weltweit 203 Millionen Hektar Ackerboden verkauft oder verpachtet worden, davon 106 Millionen an ausländische Investoren. Oxfam sieht die Weltbank »in der einzigartigen Lage zu verhindern, daß Landgrabbing einer der größten Skandale des 21. Jahrhunderts wird«.

* Aus: junge Welt, Freitag, 05. Oktober 2012

‘Our Land, Our Lives’

Time out on the global land rush

Published: 4 October 2012
Author: Kate Geary, Private Sector Policy Advisor, Oxfam GB

In the past decade an area of land eight times the size of the UK has been sold off globally as land sales rapidly accelerate. This land could feed a billion people, equivalent to the number of people who go to bed hungry each night. In poor countries, foreign investors have been buying an area of land the size of London every six days.

With food prices spiking for the third time in four years, interest in land could accelerate again as rich countries try to secure their food supplies and investors see land as a good long-term bet. All too often, forced evictions of poor farmers are a consequence of these rapidly increasing land deals in developing countries. As the world’s leading standard-setter and a big investor itself, the World Bank should freeze its own land investments and review its policy and practice to prevent land-grabbing. In the past the Bank has chosen to freeze lending when poor standards have caused dispossession and suffering. It needs to do so again, in order to play a key role in stopping the global land rush.

Recommendations

World Bank’s freeze will send a strong signal to global investors to stop land-grabbing and to improve standards for:
  • Transparency – ensuring that information about land deals is publicly accessible for both affected communities and governments.
  • Consultation and consent – ensuring communities are informed in advance, and can agree or refuse projects.
  • Land rights and governance – strengthening poor people’s rights to land and natural resources, especially women, through better land tenure governance as set out by the Committee for Food Security.
  • Food security – ensuring that land investments do not undermine local and national food security.
Full Report [Der ganze Bericht, englisch]




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