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G8 - Perfekt im Weichspülen

Kritische Stellungnahmen zu den Ergebnissen des G8-Gipfels 2008 - Nur Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sieht Fortschritte (Dokumentation)

Wesentlich mehr Kritik als Zustimmung hat der G8-Gipfel 2008 bei entwicklungspolitischen und globalisierungskritischen Organisationen hier zu Lande gefunden. Im Folgenden dokumentieren wir Stellungnahmen von:


Wieder ein erfolgloser Gipfel

Der G8-Gipfel wird den großen Herausforderungen Ernährungssicherung und Klimawandel nicht gerecht. Zwar haben die acht Staatschefs die Tragweite der Probleme erkannt, doch haben sie keine Führungsverantwortung übernommen, weil weder weiter reichende Verpflichtungen noch konkrete Maßnahmen verabredet wurden. Unverständlich erscheint "Brot für die Welt", wie die millimeterweiten Bewegungen der USA als Durchbruch im Klimawandel bezeichnet werden können. Die Halbierung der CO2 Emissionen bis 2050 ist weder ausreichend, noch ohne Vereinbarung von kurz- und mittelfristigen Ziele wirklich ein Schritt nach vorne. Auch zur Ernährungskrise sucht man ein konkretes Maßnahmenpaket der G8 vergeblich. Bleiben also wie bei jedem Gipfel die finanziellen Zusagen für Entwicklungshilfe. Erneut verabreden die G8- Länder ihre Mittel zu erhöhen – für Entwicklungszusammenarbeit und zur Bekämpfung von Aids, Malaria und anderen Krankheiten. Sie bestätigten ihre Zusagen von Gleneagels und Heiligendamm: eine Verdopplung der Entwicklungshilfe auf jährlich 50 Milliarden Dollar bis 2010. Doch Papier ist geduldig: bis dato wurden diese Versprechen nicht eingelöst.

"Brot für die Welt" hat vor dem Gipfel ein Papier vorgelegt, in dem es in sechs Punkten die notwendigen Kurskorrekturen für mehr Ernährungssicherheit benennt. In keinem der Bereiche wurden echte Fortschritte erreicht.

(1) Hunger muss als ein strukturelles Problem begriffen werden und Maßnahmen zur Lösung entsprechend grundsätzlich in der globalen Agrarund Handelspolitik gesucht werden.

Erfreulich: das Statement des G8- Gipfel zu Ernährungssicherheit enthält einen Hinweis auf Hunger als ein strukturelles Problem. Damit hat es sich dann aber auch schon. Die folgenden Maßnahmen lassen eine konsistente Analyse der Ursachen vermissen und zeigen wenig mittel- und langfristige neue Strukturen auf.

Unter anderem wiederholen die G8, dass Handelsliberalisierung ein Weg zur Hungerbekämpfung sei, deshalb schnell die Welthandelsrunde abgeschlossen und Exportbarrieren abgebaut werden müssten. Aber Wiederholung macht die Sache nicht richtiger. "Brot für die Welt" hätte sich hingegen klare Aussagen gewünscht, dass der G8 Gipfel sich für wirksame Schutzmechanismen der Nahrungsmittelproduktion und –verarbeitung in Handelsabkommen einsetze, oder dass die G8-Länder ihre Verantwortung wahrnehmen und im Zuge einer kohärenten Umgestaltung der Agrar- und Handelspolitik auf Agrarexportsubventionen sofort verzichten. Von all dem keine Spur.

(2) Das Recht auf Nahrung muss als Leitlinie genutzt werden, um den besonders Benachteiligten schnell zu helfen.

Eine vertane Chance: Die Freiwilligen Leitlinien für das Recht auf Nahrung der Welternährungsorganisation FAO hätten ein konsistentes zielgerichtetes und menschenrechtsbasierter Maßnahmenbündel ermöglichen können, das die besonders Bedürftigen erreicht. Leider wird weder auf das Recht auf Nahrung noch auf die Leitlinien Bezug genommen. "Brot für die Welt" hätte sich gewünscht, dass die Bundesregierung, einst international federführend bei der Erarbeitung der Leitlinien, diese hier aktiv mit in die Verhandlungen einbringt. Aber bereits in der Kabinettsvorlage fehlt ein Verweis.

(3) Ländliche Räume in den Entwicklungsländern müssen rasch mehr und besser gefördert werden.

Die Förderung der ländlichen Entwicklung und von kleinbäuerlichen Strukturen in der Entwicklungszusammenarbeit wurde von den G8- Nationen aufgegriffen. In ihrem Statement sagen sie klar, dass sie den Trend von abnehmenden Hilfe und Investitionen in den landwirtschaftlichen Sektor umkehren und Entwicklungsländer bei ihren Initiativen unterstützen wollen. Auch werden in dem Abschlussdokument die Rolle der Kleinbauern, die Erforschung von lokal angepassten landwirtschaftlichen Technologien und der Ausbau von ländlicher Infrastruktur und Vermarktung gewürdigt. Allerdings fehlen Hinweise, welche konkreten Initiativen die G8-Länder selbst ergreifen oder direkt unterstützen wollen.

Am Rande des Gipfels kündigte der Präsident der EU José Manuel Barroso an, die EU wolle afrikanischen Bauern ungenutzte Agrarsubventionen in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Die Mittel, die wegen der stark gestiegenen Nahrungsmittelpreise nicht für Preisstützungen und Exportsubventionen benötigt werden, sollen nun den Bauern in Afrika bis Ende 2009 unter anderem für Saatgut und Düngemittel zufließen. „Brot für die Welt" begrüßt eine solche Umwidmung, wenngleich ein Jubeln voreilig wäre. Bisher konnte dafür innerhalb der EU noch keine Einigung erzielt werden. Insbesondere die Bundesregierung bremst hier. Auf Veranlassung von Kanzlerin Merkel in Toyako musste die EU den Vorschlag von Barroso als „noch nicht abgestimmt“ zurücknehmen.

(4) Weitreichende und zügige Maßnahmen in Industrieländer müssen verbindlich beschlossen werden, um die Klimaerwärmung zu stoppen und Anpassungsstrategien in Entwicklungsländern zu finanzieren

Große Enttäuschung im Bereich Klima: Die G8 haben zwar das Ziel bekräftigt, die Treibhausgasemissionen bis 2050 zu halbieren und sie haben ihre Unterstützung eines neuen Klima-Rahmenabkommens der UN zugesagt. Doch für „Brot für die Welt“ ist dieses Ergebnis keineswegs weitreichend und zügig genug, weil die tatsächliche Reduktion zu spät erfolgt– zumal auch kein konkretes Basisjahr genannt wird. „Brot für die Welt“ fordert eine sofortige Selbstverpflichtung der G8 Staaten auf eine CO2-Reduktion von 40 Prozent bereits bis 2020– Deutschland hat sich hierzu bereits bekannt.

Es fehlt die Bereitschaft, sofort einschneidende Änderungen im eigenen Land zu beginnen. Statt dessen verschiebt man die Probleme lieber auf morgen in der vagen Hoffnung, der technologische Fortschritt werde die Lösung schon bringen. So nehmen die Themen „neue Technologien“ und „saubere Energien“ bis hin zu „Atomenergie“ in der Erklärung über Gebühr breiten Raum ein.

Zwar bekennen sich die G 8 dazu, Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel in Entwicklungsländern - und hier vor allem in den ärmsten Ländern (LDCs) - finanziell zu unterstützen. Jedoch werden die erforderlichen Mittel als „Entwicklungshilfe“ klassifiziert. Das heißt, sie werden auf die ohnehin chronisch unterfinanzierten Etats für Entwicklung angerechnet. Wenn also künftig mehr Geld für Klimaschutz ausgegeben wird, stehen weniger Mittel für Bildungs-, Gesundheits- oder Agrarprojekte zur Verfügung! „Brot für die Welt“ und andere fordern statt dessen, Mittel zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel zusätzlich zur Verfügung zu stellen.

Die Frage, wer die insgesamt doch umfangreichen multilateralen Finanzmittel verwalten soll, die nach Vorstellung der G8 den ärmeren Länder zur Verfügung gestellt werden sollen, wird nicht befriedigend beantwortet. Zwar wird zunächst der Anpassungsfonds der UN-Rahmenkonvention gegen den Klimawandel UNFCCC genannt, den die Länder des Südens bevorzugen, weil er ihnen mehr Mitspracherechte einräumt. Jedoch wird im weiteren Verlauf der Erklärung schnell klar, dass die G8 die Schlüsselrolle für die Verwaltung von Finanzmitteln zum Klimaschutz bei der Weltbank sehen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit der Weltbank wird das von zivilgesellschaftlichen Organisationen und Ländern des Südens mehrheitlich äußerst kritisch gesehen.

(5) Beimischungsziele von Agrotreibstoffen müssen korrigiert werden.

Die G8-Nationen haben sich leider nicht für einen Ausbaustopp von Biosprit ausgesprochen. Die Bundesregierung und das Europäische Parlament haben inzwischen zwar erkannt, dass eine unreflektierte Förderung von Bioenergien zur Zeit mehr Schaden als Nutzen bringt. Der G8-Gipfel hinkt hier aber deutlich hinterher.

Zwar erkennen die G8-Staaten an, dass die Förderung von Agroenergie Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit hat und fordern dass ihre Nutzung mit der Ernährungssicherheit kompatibel sein müsse. Deshalb solle die Entwicklung der nachhaltigen Nutzung der Bio-Energien der 2. Generation voran getrieben werden.

Aber im Gegensatz zu diesen vorsichtigen Formulierungen enthält dieselbe Erklärung der G8 an anderer Stelle eine sehr viel positivere Bewertung der Agroenergie einschließlich der Unterstützung der Arbeit der Global Bioenergy Partnership“, die sich nicht anderes als den schnellen Ausbau der Agroenergie zum Ziel gesetzt hat. Das ist ein Widerspruch in sich. Eine Konkretion, wie denn nun praktisch mit dem Dilemma umgegangen wird, fehlt.

(6) Die internationalen Staatengemeinschaft muss ein kohärentes abstimmen, das auch die Not- und Nahrungsmittelhilfe in einer Ernährungssicherungspolitik integriert.

Seit Januar 2008 sind insgesamt 10 Mrd. US Dollar für Soforthilfehilfe im Bereich Nahrungsmittel, soziale Sicherheit und Agrarförderung bewilligt worden, loben sich die G8-Staaten und rufen andere Geber auf, ihrem Beispiel zu folgen. Soweit so gut, aber wie können Einzelmaßnahmen, die sicher einzeln betrachtet sicherlich sinnvoll sind, in eine kohärente globale Ernährungssicherungspolitik zusammengefügt werden? Das Abschlussdokument lässt hier Klarheit vermissen. Ein klares Mandat an die in Rom angesiedelten UN- Organisationen fehlt, statt dessen wird die Führungsrolle diffus bei UNO und Weltbank verortet.

Quelle: www.brot-fuer-die-welt.de


Atomenergie kein Ausweg aus Klima- und Energiekrise

Klimaschutz kann nur gegen die G8 durchgesetzt werden

Mit heftiger Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die Diskussion über Atomkraft beim G8-Gipfel reagiert. "Das einzige Ziel des G8-Gipfels ist die Befriedigung der Gewinninteressen der großen Konzerne. Es ist unglaublich, dass die reichsten Industriestaaten die tödliche Atomenergie mit ihrem ewig strahlenden Müll propagieren", sagte Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungskreis. Attac warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel davor, die G8-Debatte über Atomenergie für ein Nachspiel in Deutschland auszunutzen: "Gerade säuft in Niedersachsen das so genannte Atommüllendlager Asse ab, das für Jahrtausende sicher sein sollte. Atomenergie ist nicht beherrschbar. Jetzt nicht und in Zukunft nicht", betonte Jutta Sundermann.

Auch unabhängig von den mit ihr verbundenen enormen Risiken eignet sich Atomkraft laut Attac weder als Ausweg aus der Energie- noch der Klimakrise: Die Uranvorräte sind - ebenso wie Erdöl - stark begrenzt. Zudem ist Atomstrom keineswegs besonders günstig. Laut dem Bundesverband der Verbraucherzentralen brächten längere Atomlaufzeiten den Kunden gerade einmal Einsparung von 50 Cent pro Monat. Ins Reich der Märchen gehört auch die Behauptung, dass Atomkraftwerke klimaneutral seien. Der Bau von Atommeilern und die Urananreicherung sind extrem CO2-intensiv - das wird gern unterschlagen. Jutta Sundermann: "Es ist an der Zeit, neben der G8 auch die G4, die vier Atomkonzerne vor unserer eigenen Haustür, zu stoppen!"

Die am heutigen Dienstag [8. Juli] verabschiedete Klimaschutz-Erklärung der G8 bezeichnete Attac als Schwindel. "Wenn ein abgehalfterter US-Präsident wie George Bush einer C02-Minderungsvereinbarung für das Jahr 2050 zustimmt, dann kann dies nicht als Fortschritt gefeiert werden", sagte Alexis Passadakis, ebenfalls im Attac-Koordinierungskreis. Wer wie die G8 die Investitionen in den Ölsektor steigern wolle, die Treibhausgas-intensive agroindustrielle Landwirtschaft ausbauen möchte und durch weitere Marktliberalisierung auf eine globale Wachstumsökonomie setze, könne sich nicht als Klimaretter aufspielen. Die G8 sei im Gegenteil für eine weitere Erwärmung der Atmosphäre und daher soziales Elend verantwortlich zu machen. Alexis Passadakis: "Wirksamer Klimaschutz kann nicht mit den G8 gemacht, sondern nur gegen sie durchgesetzt werden."

Auch Deutschland werde das Ziel, seinen CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren, mit den beschlossenen Maßnahmen nicht erreicht. "So lange die Bundesregierung lieber die Stromkonzerne hofiert und 20 neue Kohlekraftwerke im Land zulässt, ist die Inszenierung als Klimavorreiter ein dreister Witz", sagte Alexis Passadakis. Mit seiner Stromkonzern-Kampagne "Power to the people" fordert Attac, die Stromkonzerne in die öffentliche Hand zu überführen und zu demokratisieren.

Quelle: Presseerklärung von attac, 8. Juli 2008; www.attac.de


Die Bilanz des G8-Gipfels: Vollständiges Versagen.

Ignoranz statt Krisenbewältigung, Atomwahn und Klimaheuchelei statt Energiewende prägen die G8-Abschlusserklärung. Wie gewohnt gab es eine teure Show voll leerer Versprechen. Nur die Proteste konnten sich sehen lassen.

Am 9. Juli endete das diesjährige Treffen der selbsternannten Weltlenker, der Chefs der acht mächtigsten Staaten (G8). Unsere Bewertung dieser Gipfel lässt sich klar formulieren: "Die G8 haben keine Lösungen. Im Gegenteil, sie verursachen und verschärfen die Probleme. Kompromissloser Protest ist die effektivste Strategie gegen solche Institutionen" (Walden Bello). Ganz in diesem Sinne hat Attac Japan von langer Hand maßgeblich an den Gipfelprotesten vor Ort mitorganisiert. Und so gab es im Rahmen der G8-Aktionswoche unter anderem eine Gegendemo mit etwa 5.000 Aktiven aus Japan und weiteren 50 Ländern sowie einen Alternativgipfel mit etwa 80 Veranstaltungen – für japanische Verhältnisse ein großer Erfolg. Mittendrin dabei unsere Delegation von Attac D, die als Teil des internationalen Protestspektrums mitdemonstrierte und uns per Internet-Radio, Online-Tagebuch (Blog) und mit Pressemitteilungen über die Ereignisse vor Ort auf dem Laufenden gehalten hat. Auch in Deutschland gab es G8-kritische Proteste, unter anderem in Stuttgart, Köln, Berlin und Lindau.

Bestürzend sieht dagegen die Bilanz des G8-Palavers aus: mehr Ölförderung und mehr Atomenergie. Die akuten globalen Probleme, wie Nahrungsmittelteuerung, Finanzmarktkrise und wachsende Armut wurden hingegen nicht angegangen. Dafür verkauft Merkel die Klimaschutzvereinbarung als Fortschritt gegenüber Heiligendamm: 50 Prozent Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bis 2050 (aber: ohne Angabe der Ausgangsgröße). Letztes Jahr wurde dies noch „ernsthaft erwogen“, seit Mittwoch glänzt der Vorschlag als „Vision eines Ziels“, das die G8 mit allen „teilen wollen“. Wie sich die G8-Forderungen nach mehr Erdölförderung und dem totalen Weltmarkt damit in Einklang bringen lassen, ist nicht nachvollziehbar. Fazit: Die G8 haben angesichts der globalen Krisen völlig versagt. Dafür hat die dreiste Propagandashow mal wieder einiges gekostet: Allein 280 Millionen US$ für die Abschirmung des Gipfels vor den Kritikern.

Dieses traurige Ergebnis überrascht kaum. Besonders erschreckend verlief jedoch die neu aufkeimende Diskussion über Atomkraft. Die Mehrzahl der G8-Staaten hat sich zur Förderung der Kernenergie bekannt und verkauft ihre Konzernhörigkeit noch als Dienst am Klimaschutz. Zeit, aktiv zu werden: Attac-AktivistInnen protestierten vor dem Deutschen Atomforum in Berlin, der Zentrale der Atomlobby. Politik pro Atomstrom gehört auf den (unverstrahlten) Müll!

Quelle: Presseerklärung von attac, 10. Juli 2008; www.attac.de


"Stillstand statt Fortschritt" - G8-Gipfel in Japan ohne beachtenswerte Ergebnisse

Bonn, 9. Juli 2008 – Die Bilanz des Bundesverbandes entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (VENRO) anlässlich des zu Ende gehenden G8-Gipels in Japan fällt ernüchternd aus: Weder bei der Nahrungssicherung noch beim Klimaschutz oder den Millenniumsentwicklungszielen (MDG) sind nennenswerte Fortschritte erzielt worden.

„Wir müssen es schon als Erfolg werten, dass es in Toyako keine Rückschritte gab. Dies betrifft speziell die zugesagte Steigerung der Entwicklungshilfe für Afrika und den universellen Zugang zur HIV/Aids-Prävention“, erklärt Ulrich Post, stellvertretender VENRO-Vorstandsvorsitzender.

Die acht Industriestaaten hatten - zuletzt 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm - zugesagt, die Hilfsgelder für Afrika um 25 Milliarden US-Dollar bis 2010 zu steigern und bis zu diesem Zeitpunkt auch einen universellen Zugang zu Maßnahmen der HIV/Aids Prävention und Behandlung zu erreichen.

Die Gruppe der Acht hat in Toyako zumindest den Zeitraum festgelegt, in dem die versprochenen 60 Milliarden Dollar für HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose bereitgestellt werden müssen – innerhalb von fünf Jahren. “Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch mit diesen Geldern kann nicht mal der universelle Zugang zur HIV/Aids-Prävention und Behandlung finanziert werden - geschweige denn Malaria, Tuberkulose oder andere Infektionskrankheiten bekämpft werden“, so Post. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhalten derzeit nur rund ein Drittel der bedürftigen HIV-Infizierten eine Behandlung mit virenhemmenden Medikamenten.

Keinerlei Fortschritte wurden auf dem Treffen in Japan bei der Umsetzung der MDG im Bereich Bildung sowie der Wasser- und Sanitärversorgung erzielt. Und das, obwohl diese Themen ganz oben auf der Agenda standen. VENRO kritisiert zudem, die mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik der acht Industriestaaten. Obwohl die Agrarsubventionen ihrer Länder und die Biotreibstoffpolitik zu den Hauptursachen der akuten Nahrungskrise zählen, gibt es keine Erklärung der G8, ihre eigene wettbewerbsverzerrende und preistreibende Politik zu ändern.

„In Anbetracht dessen, dass die aktuelle Nahrungskrise Millionen Menschenleben bedroht, hätte man sich ein deutlicheres Bekenntnis der G8 zum Handeln gewünscht“, so das Fazit des Verbandes.

Quelle: www.venro.org


Pressemitteilung World Vision zum G8-Gipfel:

G8 - Perfekt im Weichspülen
Was brachte der Gipfel für Kinder?


Hokkaido/Rusutsu, 9. Juli 2008. Die Kinderhilfsorganisation World Vision Deutschland zieht eine zwiespältige Bilanz vom Weltwirtschaftsgipfel. „Das Abschlusskommuniqué hinterlässt eine Menge Interpretationsmöglichkeiten“, so Marwin Meier, Experte für Gesundheitsthemen und HIV/AIDS. „Offenbar haben die Verhandlungspartner einen ordentlichen Schluck Weichspüler getrunken. Sie beherrschen es perfekt, klare Versprechen jedes Jahr weiter aufzuweichen.“

Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema HIV und AIDS. „2005 wurde in Gleneagles der universelle Zugang zu HIV/AIDSBehandlung zugesagt. 2007 in Heiligendamm wurden zwar 60 Milliarden US-Dollar in Aussicht gestellt, aber dieses Geld sollte zusätzlich für die Behandlung der Armutskrankheiten Tuberkulose und Malaria, sowie zur Stärkung der Gesundheitssysteme reichen. Im aktuellen Kommuniqué muss dieselbe Summe inzwischen die Bekämpfung aller Infektionskrankheiten und die Stärkung der Gesundheitssysteme finanzieren“, so Marwin Meier. „Damit wird gerade einmal die Hälfte des finanziellen Bedarfs zur Bekämpfung der Armutskrankheiten zur Verfügung gestellt.“ Allein für die Bekämpfung von HIV und AIDS werden 65 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2010 benötigt.

In Bezug auf die Nahrungsmittelkrise steht zwar kein frisches Geld zur Verfügung – trotzdem sind die zehn Milliarden USDollar Hilfe ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dieses Geld muss schnell, das heißt SOFORT für die Unterstützung der ärmsten Menschen der Welt zur Verfügung gestellt werden. 170 Millionen Kinder leiden in den armen Ländern derzeit an Hunger und Unterernährung. Jede Minute sterben darum 20 Kinder. „Besonders Babys und Kleinkinder brauchen hochwertige Nahrung“, betont Marwin Meier. „Die bisherige Nahrungsmittelhilfe, die vor allem Kohlehydrate enthält, ist unzureichend für kleine Kinder. Proteine, Mineralstoffe und Vitamine sind für eine gesunde körperliche und geistige Entwicklung unabdingbar. Ernährungsdefizite in diesem jungen Alter sind nur schwer aufzuholen.“

World Vision fordert außerdem die Stärkung von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben, insbesondere in Afrika. Weitere Maßnahmen sind die Bereitstellung von lokal angepasstem Saatgut und Training in verbesserten Anbaumethoden, Maßnahmen, um den Zugang zu lokalen Märkten zu ermöglichen und Ausbildung in Bezug auf Bewässerungsmanagement. Meier: „Die G8-Staaten müssen die eigentlichen Ursachen für die Nahrungsmittelkrise bekämpfen. Die wirtschaftliche Abschottungspolitik der G8-Staaten muss endlich aufhören.“

World Vision bedankt sich ausdrücklich für die gute Arbeit der japanischen Regierung im Vorfeld des G8-Gipfels. Die Pressesprecherin Silvia Holten betont: „Der japanische Premierminister Fukuda hat alle Anstrengungen unternommen, um die wichtigen Themen auf die Agenda zu setzen. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Sorge um die Gesundheit von Müttern und Kleinkindern einen solch hohen Stellenwert im Abschlusskommuniqué einnimmt. Vielen Dank, Herr Fukuda oder wie man auf Japanisch sagt: Arigato gozaimasu, Fukuda-San!“

Quelle: www.worldvision.de


G8-Gipfel: Viel Geld für magere Ergebnisse

"Die Ergebnisse des G8-Gipfels zeigen: Er ist das Geld nicht wert, das er kostet", resümiert Ulla Lötzer zum Abschluss des Treffens im japanischen Toyako. Die Sprecherin für internationale Wirtschaftspolitik und Globalisierung der Fraktion DIE LINKE schlägt vor, das für den Gipfel aufgewendete Geld besser in einen Fond für Entwicklung zu geben. "Das wäre wirkungsvoller, als immer wieder vollmundige Versprechungen auf Hilfe an Afrika abzugeben, die dann doch nicht eingehalten werden."

Lötzers Gipfel-Bilanz sieht für die G8-Regierungen nicht gut aus: "Ob Finanzkrise, Nahrungsmittelkrise oder explodierende Energiepreise – der Gipfel hat praktisch keine vorzeigbaren Ergebnisse gebracht. Und die langfristigen Ziele für den Klimaschutz, auf die man sich geeinigt hat, sind ohne konkrete Vereinbarungen für Zwischenschritte auch nicht viel wert." Die enttäuschenden Ergebnisse von Toyako zeigten einmal mehr, dass mit den G8-Treffen vor allem mit viel Geld und Polizeimacht versucht werde, einen Anspruch auf Weltregierung zu erheben, der nicht ausgefüllt werden könne und durch nichts legitimiert sei.

Hüseyin Aydin, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kritisiert: "Die G8-Regierungen hätten in Japan ihre Verantwortung für den Welthunger wahrnehmen müssen. Doch statt über die Beseitigung der Ursachen von Hunger und Armut zu diskutieren, streiten die führenden Industrienationen der Welt über Atomstrom."

Angesichts dramatisch steigender Lebensmittelpreise wirft Aydin den G8-Regierungen unterlassene Hilfeleistung vor: "Jeder zusätzliche Prozentpunkt beim Anstieg der Lebensmittelpreise erhöht die Zahl der Unterernährten weltweit um 16 Millionen. Die steigende Zahl der Hungernden ist umso bizarrer vor dem Hintergrund, dass wir weltweit mehr als genug Nahrung für alle haben. Die Menschen sind schlichtweg zu arm, um Essen zu kaufen." Auch Deutschland habe durch Spekulationen, falsche Energiepolitik und Sparpolitik zur Verschärfung der Krise beigetragen.

DIE LINKE unterstütze die Forderungen afrikanischer Länder nach Zugang zu Saatgut und Marktzugang in den Industrie- und Schwellenländern, bekräftigt Aydin. Die ländliche Entwicklung und vor allem Kleinbauern müssten gefördert werden, um die Ernährungssouveränität in diesen Ländern zu sichern.

Quelle: www.linksfraktion.de


"Jetzt gilt es, Erreichtes umzusetzen"

Wieczorek-Zeul zu den Ergebnissen des G8-Gipfels in Toyako
Berlin, 09.07.2008

"Während des G8-Gipfels in Toyako ist es gelungen, in einigen entwicklungs- politischen Bereichen Fortschritte zu erzielen", erklärte Bundes- entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul nach Abschluss des Gipfels. Im Gesundheits- und Wasserbereich sowie bei der Stärkung der afrikanischen Wirtschaft seien Erfolge erzielt worden. "Wichtig ist auch, dass die G8 ihre Beschlüsse von Gleneagles und Heiligendamm bekräftigt haben, ihre Mittel an Entwicklungszusammenarbeit für Afrika bis 2010 auf 25 Milliarden US-Dollar zu erhöhen", betonte Wieczorek-Zeul.

Nun gelte es, das Erreichte umzusetzen und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, unterstrich die Ministerin. Deutschland sei hier bereits auf gutem Wege, da es in einigen Punkten bereits vorgesorgt habe. "Die G8 haben zugesagt, den von den hohen Nahrungsmittelpreisen besonders betroffenen Ländern Soforthilfen zur Verfügung zu stellen. Des weiteren sollen mittel- und langfristige Maßnahmen zur Armutsbekämpfung im ländlichen Raum und zur Stärkung der landwirtschaftlichen Produktion ergriffen werden. Dazu hat Deutschland 600 Millionen Euro zugesagt. An diesem Thema werden wir auch in Zukunft intensiv mitwirken, um unseren Beitrag zum Recht auf Nahrung zu erfüllen", kündigte Wieczorek-Zeul an.

Ein erfreuliches Ergebnis des G8-Gipfels sei auch die Vereinbarung der G8, die Gesundheitssysteme weiter zu stärken, Infektionskrankheiten wie HIV/Aids und vernachlässigte Tropenkrankheiten weiter zu bekämpfen und der Frage von Müttergesundheit besondere Aufmerksamkeit zu widmen. "Für den Gesundheitsbereich haben die G8 zugesagt, in fünf Jahren 60 Milliarden US-Dollar bereitzustellen – eine sehr erfreuliche Festlegung. Deutschland hat bereits gezeigt, wie wichtig es den Gesundheitssektor in der Entwicklungszusammenarbeit nimmt und hat seine Beiträge zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria, Tuberkulose sowie Stärkung der Gesundheitssysteme auf 500 Millionen Euro jährlich gesteigert", betonte die Ministerin.

Wieczorek-Zeul begrüßte die Zusage der G8, die neuen Klimafonds bei der Weltbank mit sechs Milliarden US-Dollar zu unterstützen. Die Ministerin führte aus: "Deutschland wird sich hieran mit mindestens 500 Millionen US-Dollar im Rahmen der multilateralen und bilateralen Entwicklungspolitik beteiligen. Damit stellen wir sicher, dass in Entwicklungsländern klimaschonende Technologien eingeführt sowie Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden können. Auch dies ist ein gutes Ergebnis des G8-Gipfels."

Quelle: www.bmz.de


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