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Entwicklungshelfer im Fadenkreuz

Welthungerhilfe beklagt vor G8-Gipfel Verdreifachung der Gewalttaten gegen Mitarbeiter

Die Deutsche Welthungerhilfe hat die zunehmende Bedrohung von Entwicklungshelfern in Krisengebieten beklagt. In den letzten Jahren habe sich die Zahl gewaltsamer Angriffe wie Morde, Entführungen und Attentate weltweit verdreifacht.

Berlin (Agenturen/ND). Der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Hans-Joachim Preuß, sagte am Dienstag (29. Mai) in Berlin, im Zeitraum von 1997 bis 2005 seien 408 Zwischenfälle mit 434 Toten registriert worden. Im März und April waren zwei Mitarbeiter der Welthungerhilfe in Afghanistan getötet worden. Die meisten Opfer gab es nach einer Studie des Overseas Development Institute (London) in Entwicklungsländern bei einheimischen Mitarbeitern nichtstaatlicher Organisationen. Auch wenn zwischen 1997 und 2005 die Zahl der Hilfseinsätze und Helfer um mehr als 75 Prozent gestiegen sei, bleibe der Trend Besorgnis erregend, sagte Preuß.

Zu den Ländern mit den meisten Angriffen auf Hilfswerke gehören der Studie zufolge Somalia, Sudan, Afghanistan, Irak, Tschetschenien, Kongo, Burundi, Angola, Ruanda und Sierra Leone. Trotz der Gefahr, als »weiches Ziel ins Fadenkreuz der Konfliktparteien zu geraten«, forderte die Welthungerhilfe eine strikte Trennung von Militäreinsätzen und Entwicklungsprojekten. Entwicklungshilfe unter militärischem Kommando, wie sie die USA in Afghanistan verfolgten, sei ein »gefährlicher Irrweg«. Bewaffnete Kräfte in Krisenregionen könnten nicht mehr zwischen Militär und Zivilisten unterscheiden. Hilfsorganisationen dürften nicht instrumentalisiert werden. Der Bundeswehr in Afghanistan warf Preuß Unkenntnis über die Lage vor Ort und fehlende Sensibilität vor. Von »überragender Bedeutung« seien Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität bei der Entwicklungsarbeit.

Anlässlich der Vorstellung ihres Jahresberichts 2006 verlangte die Deutsche Welthungerhilfe von den führenden Wirtschaftsnationen eine Verdoppelung der Entwicklungshilfe für Afrika. Die Vorstandsvorsitzende Ingeborg Schäuble, Ehefrau von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, forderte die Staatschefs der G8-Staaten mit Blick auf ihr Treffen in Heiligendamm auf, Versprechen einzulösen und den Worten endlich auch Taten folgen zu lassen. Die sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) hatten 2005 zugesagt, die Afrika-Hilfe bis 2010 zu verdoppeln. Vor allem die ländlichen Gebiete Afrikas gelte es intensiv zu fördern. »Nur eine funktionierende Landwirtschaft kann ein Wachstumsmotor für die wirtschaftliche Entwicklung sein und die Abwanderung in die Slums der Großstädte mildern«, sagte Ingeborg Schäuble. Ohne Kehrtwende werde die internationale Gemeinschaft das Ziel verfehlen, den Anteil der Hungernden bis 2015 zu halbieren.

Die Welthungerhilfe nahm laut Jahresbericht 2006 rund 165 Millionen Euro für Nothilfe- und Entwicklungsprojekte ein, davon 34,7 Millionen an Spenden. Insgesamt standen dem Verein im vergangenen Jahr rund 165 Millionen Euro für fast 300 Projekte in 48 Ländern zur Verfügung. Neben den Spenden aus der Bevölkerung kamen Mittel vom Welternährungsprogramm der UNO, von der EU und der Bundesregierung. Fast 60 Prozent des Geldes flossen als Nothilfe in Krisengebiete, davon allein knapp 54 Millionen Euro nach Sudan. In der Krisenregion Darfur versorgt die Welthungerhilfe knapp eine halbe Million Flüchtlinge. Ein weiterer Schwerpunkt mit knapp 30 Prozent der Gesamtmittel war die Entwicklung der Landwirtschaft, vor allem in Afrika. Der Anteil der Verwaltungsausgaben am Gesamtbudget lag bei 1,4 Prozent, für die Öffentlichkeitsarbeit wurden 4,3 Prozent aufgewendet.

Ebenfalls am Dienstag bekräftigten weitere Nichtregierungsorganisationen in Berlin ihre Kritik an der Afrikapolitik der G8-Staaten.

* Aus: Neues Deutschland, 30. Mai 2007


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