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Knausrige Geldgeber gefährden Millenniumsprogramm

Globaler Fonds für Bildung braucht bessere finanzielle Ausstattung

Von Kai Walter *

Mehr als 67 Millionen Kinder haben weltweit keine Chance auf Bildung. Zu diesem Ergebnis kommt der jüngste Bericht der Globalen Bildungskampagne. Mit der neu aufgesetzten Global Partnership for Education (GPE) gebe es jedoch das geeignete Instrument, das es nun zu finanzieren gelte.

»Unser Bericht zeigt, dass die Ausgaben für Grundbildung noch immer viel zu gering und schlecht investiert sind«, sagt David Archer, Autor des Berichts der Globalen Bildungskampagne in Kopenhagen. In der dänischen Hauptstadt trafen sich Anfang dieser Woche Vertreter von Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGO) und den Vereinten Nationen im Rahmen einer Geberkonferenz für die GPE.

Jenseits der PISA-Diskussionen in Deutschland und Europa ergeben sich insbesondere in Entwicklungsländern ganz andere Bildungsprobleme. Der Zugang zu Bildung ist für viele Kinder noch immer eine unüberwindbare Hürde. Im September dieses Jahres wurde die »Education for All - Fast Track Initiative«, die 2002 auf Initiative der Weltbank gegründet wurde, am Rande der UN-Vollversammlung in »Global Partnership for Education« (Globale Partnerschaft für Bildung) umbenannt. Das Prinzip von GPE ist es, dass die Regierungen armer Länder nationale Bildungspläne entwickeln und einheimische Mittel mobilisieren. Derzeit sind die Bildungspläne von 46 Ländern angenommen worden, deren Umsetzung nun mit Geldern aus dem GPE-Fonds unterstützt werden soll.

Die Initiative verweist darauf, dass seit Gründung allein in Afrika fast 20 Millionen Kindern ein Zugang zu Bildung ermöglicht wurde. Um jedoch das Millenniumentwicklungsziel einer Primarschulbildung für alle zu erreichen, fehlen ausreichende Finanzierungsmittel. So wurde im Vorfeld der Konferenz in Kopenhagen seitens der NGOs kritisiert, dass die Bundesregierung für 2012 bislang nur fünf Millionen Euro für den GPE-Fonds zugesagt hat. Zu wenig sei dies für ein G8-Land, meint die GPE, die 25 Millionen Euro fordert. Finanzierungszusagen von 2,5 Milliarden US-Dollar über die nächsten drei Jahre seien angestrebt, um zumindest einen Teil des globalen Bedarfs zu decken. Mit dieser Summe sei es beispielsweise möglich, 50 Millionen Bücher zu kaufen, 600 000 neue Lehrer auszubilden und 25 Millionen Kinder einzuschulen. Das beste Instrumentarium nutze nichts, »wenn es finanziell nicht ausreichend ausgestattet ist«, sagt Dorothea Schönfeld von der Kindernothilfe.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verweist auf das deutsche Engagement der letzten Jahre. So seien im Jahr 2009 im Rahmen der Entwicklungsbeiträge Deutschlands 1,23 Milliarden Euro in den Bildungssektor geflossen, davon 106 Millionen in die Grundbildung. Außerdem seien im Rahmen bilateraler Zusagen die Mittel für die Grundbildung in »GPE-qualifizierten Partnerländern« im Jahr 2010 auf 99 Millionen Euro gestiegen.

Während der Regierungsentwurf für 2012 nur die genannten fünf Millionen Euro als direkten deutschen Beitrag zum GPE vorsehe, unterstütze Deutschland »deren Ziele durch seine hohen Beiträge zu multilateralen Entwicklungsorganisationen« wie der Weltbank und dem Europäischen Entwicklungsfonds. Auf diesem Wege würden ebenfalls Investitionen in die Bildungssysteme der Partnerländer fließen.

Carol Bellamy, frühere UNICEF-Direktorin und jetzt Vorstandsvorsitzende der GPE, sagte vor der Kopenhagener Konferenz: »Bildung wurde für eine Zeit von anderen Sorgen überschattet. Es ist nun Zeit, dass die Bildung wieder nach vorne kommt.« In vielen ärmeren Ländern passiert dies schon. So hat die Regierung Südafrikas im Haushalt 2011, wie schon in den Jahren zuvor, das Bildungsressort mit den höchsten Zuwendungen bedacht. Bis zu 80 Prozent der Bildungsausgaben werden mittlerweile von den ärmeren Ländern selbst getragen.

Das BMZ betone laut Dorothea Schönfeld immer wieder, dass Bildung der Schlüssel zur Entwicklung sei. Nun könne »die Regierung beweisen, wie ernst es ihr damit ist«. Die Geberländer hätten es in der Hand, den Ländern des Südens durch mehr und bessere Bildung bessere Entwicklungschancen zu ermöglichen.

* Aus: neues deutschland, 9. November 2011


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