Im Wortlaut: "Die Welt ist keine Ware - eine andere Welt ist möglich!"
Die neue "Plattform" von Attac-Deutschland - Ein Diskussionsangebot
Am 26. Mai 2002 hat Attac Deutschland bei seinem "Ratschlag" in Frankfurt a.M. eine neue inhaltliche Plattform verabschiedet. "Mit der neuen Plattform tragen wir der
Entwicklung Rechnung, dass Attac sich mittlerweile dem gesamten
Spektrum der Globalisierungskritik widmet und zudem ein Teil der
Friedensbewegung ist", erklärte Attac-Pressesprecher Felix Kolb. Neben
den traditionellen Attac-Forderungen nach der Einführung der
Tobinsteuer, der Lösung der Schuldenkrise der Entwicklungsländer und
der Schließung der Steueroasen enthält die Plattform eine Reihe neuer
Forderungen. Zu diesen Forderungen gehören die Ablehnung der
Privatisierung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge - wie des
Bildungs- und des Gesundheitssystems, die Ablehnung einer
Militarisierung der Außenpolitik und von Kriegseinsätzen der
Bundeswehr. Wir dokumentieren im Folgenden die "Plattform" im Wortlaut und hoffen auf kritische Reaktionen aus dem Wissenschafts- und "Bewegungs"-Bereich.
Attac-Plattform:
Die Welt ist keine Ware - eine andere Welt ist möglich!
Was will Attac?
Die Globalisierung ist ein Umbruch von historischen Dimensionen. Sie
verändert die Gesellschaft mit enormem Tempo und greift tief in unsere
Lebensbedingungen ein.
Sie wird bisher einseitig von mächtigen Wirtschaftsinteressen
dominiert, von großen Banken, Investmentfonds, Transnationalen
Konzernen und anderen großen Kapitalbesitzern. Ihr Leitbild ist der
Neoliberalismus. Nach dieser Ideologie lassen sich die
gesellschaftlichen Probleme am besten lösen, wenn man sie dem Markt
und den Privatunternehmen überlässt.
Das neoliberale Versprechen, die Globalisierung bringe Wohlstand für
alle, hat sich jedoch nicht erfüllt, im Gegenteil:
-
Die soziale Kluft zwischen Nord und Süd wird tiefer. Während die
Reichen immer reicher werden, wächst die Armut in der Dritten Welt.
Durch Finanz- und Wirtschaftskrisen werden über Nacht ganze
Volkswirtschaften ruiniert und verlieren Hunderttausende ihren
Arbeitsplatz.
- Die Armut ist in die Industrieländer zurückgekehrt. Auch bei uns
nehmen soziale Unsicherheit, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit zu. Die
sozialen Sicherungssysteme werden abgebaut und sind von Privatisierung
bedroht. Renten, Gesundheit, Bildung sollen zur Ware werden.
- Demokratie wird untergraben, weil Global Players mit der Drohung,
den "Standort" zu wechseln, zunehmend die Politik diktieren.
- Neue Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern entstehen. Die
Deregulierung der Arbeitsmärkte und der Sozialabbau werden wesentlich
mithilfe unter- und unbezahlter, flexibler Frauenarbeit vollzogen.
Auch Männerarbeit wird zunehmend nach diesem Modell der weltweit
ungeschützten flexibilisierten Billigjobs dereguliert und
globalisiert.
- Die Globalisierung hat zu einer krassen Zunahme sexistischer und
struktureller Gewalt gegen Frauen wie z. B. des transnationalen
Handels mit Frauen und Kindern geführt. Die Opfer der neuen,
globalisierten Kriege sind ebenfalls in überwiegender Mehrheit Frauen
und Kinder.
- Die Lösung der Umweltprobleme wird verschleppt. Die natürlichen
Lebensgrundlagen werden durch die Unterwerfung unter die Marktlogik
zerstört.
- Kulturelle Vielfalt wird durch eine ökonomisch mächtige
Kulturindustrie eingeebnet. Die Suggestivkraft von Werbung und
Markenlogos bestimmt immer stärker Wertorientierungen und
gesellschaftliche Leitbilder.
- Neben anderen Gründen sind es hegemoniale Interessen und neue
Rohstoffquellen (Öl und Gas), zu deren Sicherung reiche
Industriestaaten zunehmend militärische Planungen und kriegerische
Interventionen durchführen.
Die neoliberale Globalisierung hat sehr viele Verlierer und nur wenige
Gewinner hervorgebracht. Sie begünstigt damit politische
Destabilisierung und ist ein Grund für Gewalt, Krieg und Terrorismus.
Dies führt zur Rechtfertigung von weltweiter Aufrüstung, von
Militarisierung und zur Aushöhlung demokratischer Rechte.
Wir brauchen eine andere Politik
Die neoliberale Globalisierung ist keineswegs schicksalhaft und
alternativlos. Sie ist von den Regierungen der großen Industrieländer
und mit Hilfe von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und
Welthandelsorganisation (WTO) zielgerichtet betrieben worden.
Deutschland und die EU spielen dabei sowohl nach innen
(Liberalisierung der Binnenmärkte) als auch bei der neoliberalen
Zurichtung der Weltwirtschaft eine maßgebliche Rolle.
Dazu gab und gibt es wirtschafts- und gesellschaftspolitische
Alternativen. Wir setzen uns ein für eine ökologische und solidarische
Weltwirtschaftsordnung. In ihr gibt es mehr gleichberechtigte
internationale Zusammenarbeit und eine nachhaltige, umweltgerechte
Entwicklung des Nordens wie des Südens. Wir wollen eine Welt, in der
Demokratie für alle Menschen gewährleistet ist und kulturelle Vielfalt
erhalten bleibt.
Diese Ziele sind nur durchsetzbar, wenn es eine starke, international
handelnde gesellschaftliche Bewegung gibt. Attac ist Teil dieser
Bewegung, die sich in Seattle, Prag, Genua sowie anderen Orten
formiert hat und sich unter anderem im Weltsozialforum von Porto
Alegre weiter entwickelt.
-
Attac will als Teil der außerparlamentarischen Bewegung einen
Beitrag für eine umfassende Demokratisierung der Gesellschaft leisten.
- Attac streitet für eine neue Weltwirtschaftsordnung, in der der
Reichtum der Welt gerecht verteilt und ökologisch genutzt wird.
- Attac ist Bestandteil der Antikriegs- und Friedensbewegung, denn
eine gerechte Welt ist ohne Frieden nicht möglich.
Attac setzt sich ein für:-
Ein Ende der neuen Kriegsvorbereitungen und Kriege und für zivile
und friedliche Konfliktlösungen. Eine Militarisierung der Außenpolitik
und Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland lehnen wir ab.
- Die Einführung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen,
sog. Tobinsteuer und die Verwendung der Einnahmen für internationale
Umwelt- und Entwicklungsaufgaben.
- Die Schließung der Steueroasen, die Regulierung von Derivaten und
das Verbot von hochspekulativen Fonds (sog. Hedge-Fonds).
- Die stärkere Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen.
- Die Lösung der Schuldenkrise der Entwicklungsländer, die Beendigung
der neoliberalen Strukturanpassung sowie die Ablösung der Diktatur der
Gläubiger durch ein faires und transparentes Verfahren.
- Eine Welthandelsordnung, die den Interessen der Entwicklungsländer,
sozial Benachteiligten und der Umwelt Vorrang einräumt.
- Internationale Institutionen, die diesen Zielen und nicht den
Interessen von Industrieländern, Konzernen und korrupten Eliten
dienen.
- Ein demokratisches und soziales Europa, das sich an den Bedürfnissen
der Menschen und der Solidarität mit den anderen Teilen der Welt
orientiert. Wir wehren uns gegen die Einschränkung des
Demonstrationsrechtes, der Bewegungsfreiheit, des Rechts auf freie
Meinungsäußerung. Wir weisen die Kriminalisierung der Bewegung gegen
die neoliberale Globalisierung zurück.
- Eine demokratische Reform der öffentlichen Dienstleistungen. Wir
setzen uns ein für ein Niveau sozialer Sicherung, das allen ein
menschenwürdiges Leben ermöglicht. Wir wenden uns gegen Privatisierung
öffentlicher Dienste und der Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge
z. Bsp. des Gesundheits- und Bildungssystems sowie der
Wasserversorgung, wie sie im Rahmen des GATS-Abkommens droht. Die
Privatisierung öffentlicher Güter und genetischer Ressourcen lehnen
wir ab.
- Ein System der solidarischen Alterssicherung.
- Umverteilung und Umbewertung von Erwerbs- und unbezahlter Arbeit im
Rahmen der Internationalen und geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung.
- Eine soziale und ökologische Gestaltung der Landwirtschaft.
Gentechnisch veränderten Produkte und Patente auf Leben lehnen wir ab.
- Die Regulierung und Einschränkung der Macht transnationaler Konzerne
und ökonomischer Machtzusammenballungen durch Kartelle und Fusionen.
Wir fordern u.a. höhere Unternehmenssteuern, existenzsichernde Löhne,
Arbeitsrechte und Mitentscheidungsrechte für Beschäftigte,
Gleichstellungsauflagen, soziale und ökologische Standards.
Nehmen wir gemeinsam die Zukunft unserer Welt in die Hand!
Zurück zur "Globalisierungs"-Seite
Zurück zur Homepage