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Entschließung des 25. Gewerkschaftstages der GEW 2005:

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!

Die Pädagogen- und Wissenschaftler-Gewerkschaft GEW gehört zu den kleinen Gewerkschaften innerhalb des DGB. Dies hindert sie nicht, entschiedener als manch größere Gewerkschaft, Stellung zu aktuellen Zeitfragen zu nehmen. Auf dem jüngsten Gewerkschaftstag im April verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, in der u.a. auch die Ablehnung der EU-verfassung gefordert wird. Wir dokumentieren den Beschluss im Wortlaut.



"Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.

Am 8. Mai 2005 jährt sich der Tag der Befreiung von Nazi-Faschismus und Krieg zum 60. Mal. Die Delegierten des Gewerkschaftstages der GEW rufen alle Beschäftigten in den Bildungs- und Forschungseinrichtungen auf, sich an den Kundgebungen und Demonstrationen anlässlich dieses Gedenktages aktiv zu beteiligen.

Politik und Justiz sind aufgefordert, entschieden gegen geplante Aufmärsche rechtsextremer Parteien und Gruppierungen vorzugehen. Rechtsradikale rassistische, ausländerfeindliche und antisemitische Gruppierungen und Parolen müssen gehindert werden, sechs Jahrzehnte nach dem Ende dieses unvergleichlich barbarischen Krieges, der von Nazi-Deutschland ausging, erneut Angst und Schrecken zu verbreiten. 60 Jahre nach der militärischen Zerschlagung der braunen Diktatur, die systematisch den staatlich organisierten rassistischen industriellen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas und den Sinti und Roma betrieb und mit ihrer mörderischen und menschenverachtenden Politik den Tod von über 60 Millionen Menschen zu verantworten hat, zeigen die vielfältigen Aktivitäten rechtsradikaler Gruppen, dass wir nach wie vor sehr wachsam sein müssen.

Wir als ErzieherInnen und LehrerInnen, WissenschaftlerInnen, Studierende und ErwachsenenbildnerInnen, sind in besonderer Weise gefordert, die Menschenrechte zu verteidigen und dem rassistischen Gedankengut durch Informationen und aktive Auseinandersetzung den Boden zu entziehen.

Der 8. Mai 2005, der 60. Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg, soll in den Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen nicht nur ein Tag des Gedenkens und Erinnerns an Krieg, Holocaust und Zerstörung sein, sondern auch der aktiven Auseinandersetzung mit Menschenrechten in der heutigen Zeit in Deutschland und in der Welt dienen.

Es ist unsere Aufgabe als PädagogInnen und WissenschaftlerInnen in den nächsten Jahrzehnten, diese Lehren wach zu halten, auch und gerade wenn die Überlebenden nicht mehr da sind. Doch wir leben in einer Zeit, in der Krieg auch von demokratisch gewählten Regierungen immer noch als ein Mittel zur Wahrung und Durchsetzung eigener vor allem ökonomischer Interessen eingesetzt wird, wie im Falle des mit Beteiligung Deutschlands geführten völkerrechtswidrigen Krieges gegen Jugoslawien. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der USA und ihrer Verbündeten auf den Irak hat weder Frieden noch Demokratie gebracht, dafür aber unendliches Leid vor allem für die Zivilbevölkerung mit ihren mehr als 10.000 Toten. Die US-Militärdoktrin verletzt das Völkerrecht auf massive Weise. Sie missachtet rechtsstaatliche Prinzipien und schürt bewusst Hass gegen die Völker der sog. „Achse des Bösen“.

Wir fordern den sofortigen Abzug allen Militärs aus dem Irak. Der Schutz des friedlichen Aufbaus soll mit Unterstützung der Vereinten Nationen geschehen.

Die deutsche Regierung wird aufgefordert, sich jedem völkerrechtswidrigem Krieg zu widersetzen und statt dessen die Militärausgaben massiv zu senken und die Mittel für die Entwicklungshilfe deutlich anzuheben

Armut, Hunger, Krankheiten, Analphabetismus, globale soziale Ungerechtigkeiten, ethnische und religiöse Unterdrückung können so wirkungsvoll bekämpft werden. Sie sind die eigentlichen Wurzeln von Terror und Gewalt.

Krieg, Terror und ethnische Verfolgung stellen gleichermaßen unerträgliche und nicht hinnehmbare Verletzungen der Menschenrechte dar. Die Mittel für Maßnahmen der Konfliktprävention, Friedensforschung und friedlichen Konfliktlösung sind aufzustocken. Viele Menschen wünschen sich eine friedliche und soziale Welt, die ganze Welt. Europa ist die Zukunft unserer Kinder. Es muss die Lehren aus seiner kriegerischen Vergangenheit ziehen und aktiv für Frieden und Gerechtigkeit in der Welt arbeiten.

Wir fordern die Bundesregierung auf, den Weg auch in Deutschland frei zu machen für ein Referendum zur EU-Verfassung. Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit diskutieren und mit entscheiden dürfen, welches Europa sie wollen.

Wir fordern die Bundesregierung, die Parlamentarier in Deutschland und in Europa auf, sich einer Verfassung zu widersetzen, die die Militarisierung Europas festschreibt und die Möglichkeit eröffnet, ökonomische Interessen mit Waffengewalt in aller Welt durchzusetzen. Eine europäische Verfassung, die die Durchsetzung neoliberaler Wirtschaftsinteressen verfolgt, kann kein Europa des Friedens, der Demokratie und sozialen Gerechtigkeit für die Menschen begründen.

Die Lehren aus der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft zu ziehen – dazu wollen wir den 8. Mai 2005, den 60. Jahrestag der Befreiung von Nazi-Faschismus und Krieg nutzen.

Beschlossen am 24. April 2005


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