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BND ausgebremst? Irrtum!

Ausbau der elektronischen Aufklärungsfähigkeiten geht planmäßig voran

Von René Heilig *

Für 300 Millionen Euro will der BND bis 2020 seine elektronische Spionage ausbauen. Er bekomme nur sechs Millionen, sagt der »Spiegel« und meint, das Parlament habe den Dienst ausgebremst. Ein Irrtum.

Nur sechs Millionen Euro habe das Vertrauensgremium des Bundestages dem Bundesnachrichtendienst für 2014 zugebilligt, um seine Strategische Initiative Technik (SIT) vorzubereiten. Damit, so meldet der »Spiegel «, habe das Parlament die BNDPläne zur technischen Aufrüstung vorerst »gedämpft«. Die Nachrichtenagentur dpa behauptet, der Dienst habe mit der Bestätigung der vollen Summe gerechnet. Die jetzt bewilligten Gelder reichten für eine Vorfestlegung aber nicht aus. Die Berufung der dpa auf »Geheimdienstkreise « ist wahrlich kein Beleg für Seriosität. Im Gegenteil.

Der BND hat in seiner Vorlage, deren Geheimhaltung übrigens erst im Jahr 2074 endet, für das Jahr 2014 genau diese sechs Millionen Euro gefordert, die ihm von den zuständigen Haushältern des Bundestages zugestanden wurden. 3,3 Millionen Euro sollen für die Aufklärung durch technische Signalerfassung (SIGINT) ausgegeben werden. Insgesamt schluckt der SIGINT-Ausbau über die Hälfte der bis 2020 geplanten 300 Millionen Euro.

Von den nun erst einmal bewilligten sechs Millionen gehen 1,5 Millionen in den Ausbau der Datenanalyse (AIDA), 0,6 Millionen Euro sind im Bereich Cyberfähigkeit verplant, für die Aufrüstung im Bereich Biometrie will man 0,4 Millionen Euro und für technische Fortschritte auf dem Gebiet der Sensorik 0,2 Millionen Euro verwenden.

Der Finanzierungsbedarf von 300 Millionen Euro bis 2020 erreicht erst ab 2015 eine relevante Größe von 28 Millionen Euro. 2016 will man 44 Millionen, in den Folgejahren 54 Millionen, 58 Millionen, 58 Millionen und 52 Millionen Euro Steuergelder erhalten, um den BND »im Cyberbereich auf Augenhöhe mit den Partnern « zu bringen.

In diesen Jahresscheiben betrachtet, scheint das Programm, über das »nd« bereits Mitte Mai informiert hat, seine Brisanz zu verlieren. Und genau darauf setzt die Meldung über das angebliche Ausbremsen des BND durch das Parlament. Dessen Vertrauensgremium – es besteht aus vier Abgeordneten der Union, drei SPDParlamentariern sowie je einem von Linkspartei und Grünen – erwartet für die Wirtschaftsplanungen 2015 vom Auslandgeheimdienst, der dem Kanzleramt direkt unterstellt ist, einen Bericht über die Vorbereitungen für sein SIT sowie eine ausführliche Begründung der geplanten Maßnahmen. Der Aufwand ist eigentlich kaum zu rechtfertigen, denn dem geheim tagenden Haushältergremium liegt ein solcher bereits mit dem Antrag vor.

Wichtiger wäre eine juristische Klarstellung darüber, ob der deutsche Geheimdienst diese elektronischen Spionageoperationen überhaupt vornehmen darf. Schließlich tut der BND nichts anderes als die derzeit so viel gescholtene NSA. Der BND brüstet sich sogar, durch die »praktizierte Vereinigung der verschiedenen Beschaffungsarten sowie der Auswertung unter einem Dach« der NSA sowie dem britischen Partner GCHQ überlegen zu sein.

Nicht nur die Opposition zweifelt an der Rechtmäßigkeit solchen Tuns und hält die gesetzlichen Grundlagen für die Arbeit des BND zumindest für lückenhaft. Durchaus berechtigt ist in diesem Zusammenhang auch die Anmerkung von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): »Wer mitlesen will, braucht dafür gesetzliche Grundlagen.«

* Aus: neues deutschland, Mittwoch 11. Juni 2014


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