Lizenz zum Töten für BND?
54 Prozent der Deutschen würden Geheimdienst-Killerkommandos akzeptieren
Von René Heilig *
Ermittlungspannen und mögliche Verstrickungen in den Naziterror sowie die Bespitzelung von Linkspartei-Mandatsträgern haben den Verfassungsschutz in Bedrängnis gebracht. Der Auslandsgeheimdienst BND dagegen scheint bestens gelitten bei den Bürgern.
Gesucht werden »freiberufliche Mitarbeiter/innen mit hervorragenden Sprachfertigkeiten für arabische Sprachen, ostafrikanische Sprachen und Dialekte sowie Chinesisch und Koreanisch«. Auch Informatiker oder Volljuristen sind beim BND gefragt. Bis zum Umzug nach Berlin gilt Pullach als offizieller Arbeitsplatz. Wo der Job wirklich erledigt wird, ist geheim.
Die Stellenausschreibungen lassen Rückschlüsse auf die künftige Arbeit des Bundesnachrichtendienstes zu. Obwohl der BND inzwischen offen im Internet um Mitarbeiter wirbt und diverse soziale Vorteile wie einen soliden Beamtenstatus offeriert, können sich nur 15 Prozent der Befragten vorstellen, als Geheimagent zu arbeiten. 82 Prozent wenden sich ab.
Dabei ist die Fähigkeit, Menschen eiskalt umzubringen, in den Ausschreibungen gar nicht verlangt. Morde im BND-Auftrag - auch das sind Offizialdelikte - würde indessen die Mehrheit der Deutschen nicht stören. 54 Prozent sind der Meinung, dass der deutsche Geheimdienst zur Abwendung großer Gefahren auch töten darf. Bei den unter 24-Jährigen liegt die Bereitschaft, Killerkommandos zu akzeptieren, sogar bei 70 Prozent.
Die Daten sind durchaus repräsentativ. Sie wurden von der Forschungsgruppe Wahlen für die ZDF-Dokumentation »Der Spion, den ich liebte« erhoben, die gestern Abend auf dem Programm stand. Die Demoskopen gelten als seriös, ihre regelmäßigen vor Wahlen veröffentlichten Prognosen treffen zumeist ins Schwarze.
Die Daten wurden vor Bekanntwerden der Morde der rechtsextremistischen NSU-Zelle erhoben und sind so auch ein Hinweis darauf, warum Nachrichtendienste hierzulande so unkontrolliert agieren können. 75 Prozent der Bürger meinen, dass Deutschland einen Geheimdienst benötigt. Die Mehrheit fühlt sich vom BND sogar gut bis sehr gut (67 Prozent) vor Terroristen geschützt.
Im internationalen Vergleich liegt der BND mit zwölf Prozent auf Platz drei der deutschen Hitliste. Der israelische Mossad, mit dem der BND seit Jahrzehnten sehr eng kooperiert, führt das Ranking der Bürger mit 27 Prozent vor der CIA (20 Prozent).
68 Prozent der Befragten wissen, was die Abkürzung BND bedeutet. Die Kenntnisse über den Dienst und dessen Herkunft aus Nazi-Reihen scheinen sehr begrenzt. In ihnen dienten zahlreiche zum Teil hochrangige Nazis, die sogar die Lizenz zum Massenmord hatten: so der »Schlächter von Lyon« Klaus Barbie und der SS-Hauptsturmführer Walter Rauff.
In der vergangenen Woche legte die Linksfraktion im Bundestag einen Antrag zur Offenlegung sämtlicher BND-Akten zum Thema NS-Vergangenheit vor. Er wurde mit der Koalitionsmehrheit von Union und FDP bei Enthaltung der SPD abgelehnt.
* Aus: neues deutschland, 01.02.2012
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