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Philipps-Universität Marburg verlieh Peter-Becker-Preis für Friedens- und Konfliktforschung

Hamburger Politkwissenschaftler Herbert Wulf ist zweiter Preisträger eines der höchst dotierten sozialwissenschaftlichen Preise Deutschlands

"Die Ausführungen des diesjährigen Preisträgers sind nicht nur ein Erlebnis der Erkenntnis, sondern vor allem auch der Handreichung für Aktivitäten, denn von Herbert Wulfs Forschungsergebnissen kann man lernen, die eigenen Aktivitäten in der aktiven Friedensgestaltung besser einzusetzen", resümierte der Stifter des gleichnamigen Preises nach der Verleihung des Peter-Becker-Preises für Friedens- und Konfliktforschung am Freitag Abend in der Alten Aula. Zum zweiten Mal verlieh die Philipps-Universität diesen Preis, den der Marburger Rechtsanwalt Dr. Peter Becker 2005 gestiftet hatte und der mit einem Preisgeld von 10.000 Euro nicht nur zu den höchst dotierten sozialwissenschaftlichen Preisen Deutschlands gehört, sondern auch zu den bedeutendsten Auszeichnungen der Philipps-Universität.

Der diesjährige Preis würdigt den Hamburger Politikwissenschaftler Prof. Dr. Herbert Wulf sowohl für sein Lebenswerk als auch für sein jüngstes Buch, so die aus Mitgliedern des Zentrums für Konfliktforschung der Philipps-Universität zusammengesetzte Jury.

Der international ausgewiesene Friedensforscher und Experte für Sicherheitspolitik habe sich in seinem Buch „Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden“ einem der wichtigsten sicherheitspolitischen Probleme unserer Zeit gewidmet: Wulf zeige, dass der neoliberale Trend zum Outsourcen inzwischen auch das Militär erreicht habe. Mittlerweile sei vor allem in den USA und in Großbritannien eine starke Privatisierung in diesem Bereich erkennbar. Damit werde jedoch das staatliche Gewaltmonopol, das die Sicherheit der Bürger garantiere, unterminiert. Für eine vermeintlich kostengünstigere Dienstleistung nehme der Staat in Kauf, dass sich die privaten Akteure weitgehend der öffentlichen Kontrolle entzögen. Wulfs großes Verdienst sei es, nicht nur nüchtern zu analysieren, sondern auch Wege aufzuzeigen vom staatlichen zum öffentlich kontrollierten Gewaltmonopol.

Genau diese Ambivalenz von wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn über Entstehung, Verlauf und Bearbeitung von Konflikten einerseits und die Eröffnung von Handlungsmaximen für die praktische Umsetzung der Konfliktlösungen andererseits würdigt der Peter-Becker-Preis. "Initiativen wie diese Preisstiftung sind gerade in diesen Tagen immer wichtiger, um herausragende Ergebnisse angemessen akzentuieren zu können", lobte Prof. Dr. Ulrich Wagner, der Geschäftsführende Direktor des 2001 gegründeten Zentrums für Konfliktforschung der Philipps-Universität.

Der 68-jährige Wulf war lange Jahre als Praktiker in der Entwicklungszusammenarbeit tätig und arbeitete als Wissenschaftler am Institut für Friedensforschung und Sicherheits­politik an der Universität Hamburg sowie am renommierten internationalen Friedens­forschungs­institut SIPRI in Stockholm. 1994 wurde er zum Gründungsdirektor des Internationalen Konversionszentrum Bonn - Bonn International Center for Conversion (BICC) - berufen und leitete das Institut, das sich Abrüstungsfragen und deren praktischer Umsetzung widmet, bis 2001. Seitdem führt Wulf ein Forschungsprojekt zur Internationalisierung und Privatisierung von Krieg und Frieden an der University of Queensland im australischen Brisbane durch. Dem dortigen Australian Centre for Peace and Conflict Studies werde er auch die Hälfte seines Preisgeldes stiften, die andere Hälfte gehe an die Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden".

Quelle: Website der Uni Marburg; www.uni-marburg.de (Zuletzt aktualisiert: 12.02.2007; Viola Düwert)

Forscher tritt für Zivilisierung des Umgangs mit Konflikten ein

Auszug aus einem Artikel der Oberhessischen Presse (Autor: Manfred Hitzeroth)

Der Preisstifter, der Marburger Anwalt Dr. Peter Becker, war begeistert von dem Vortrag des Preisträgers Herbert Wulf. Spontan ergriff Becker am Ende des Vortrags das Wort: "So eine Analyse zeigt genau, wie wir aus dem Irrsinn der Kriege auf der Welt herauskommen", sagte Becker.

Wulf hatte zuvor einen neuen Weg skizziert, wie die Schaffung eines öffentliches Gewaltmonopols mit von der internationalen Staatengemeinschaft geprägten Friedensnormen mit dazu beitragen könne, Kriege einzudämmen. Dies sieht der Friedens- und Konfliktforscher als einen Weg an, der Dominanz der privaten Sicherheitsfirmen auf dem militärischen Sektor zu begegnen.

Lothar Brock von der Deutschen Stiftung für Friedensforschung bezeichnete Herbert Wulf als einen Wissenschaftler und Politikberater, der sein ganzes Leben lang gegen eine Anpassung an die Gewalt angekämpft habe. Dreh- und Angelpunkt seines Wirkens sei es. für die Zivilisierung des Umgangs mit Konflikten einzutreten, sagte Brock in seiner Laudatio.
Am Anfang von Wulf Berufsleben stand zunächst eine mögliche Karriere als Bankbeamter, wie Brock erläuterte. Doch nach der erfolgreich absolvierten Banklehre schlug Herbert Wulf einen anderen Weg ein: Er arbeitete für den Deutschen Entwicklungsdienst in Indien und Nepal.
Es schlossen sich ein Studium der Betriebswirtschaft und Soziologie sowie eine Promotion in Politikwissenschaft in Berlin an, die er 1978 abschloss. So begann Wulfs Laufbahn als Friedens- und Konfliktforscher, die maßgeblich durch die Leitung des Bonner „International Conversion Centers“ geprägt war, dem Wulf bis 2005 vorstand. (...)

Auszüge aus: Oberhessische Presse, 10. Februar 2007




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