Elisabeth Zöller erhält den Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher 2005 ...
... für ihr Buch "Anton oder Die Zeit des unwerten Lebens"
Manchmal sind es die kleinen Preise, die mehr Aufmerksamkeit verdienten als die großen. So auch der Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher. Im Folgenden dokumentieren wir die Presseverlautbarung über die Preisverleihung, die am 7. November 2005 in Essen stattgefunden hat.
Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher 2005: Minister Armin Laschet zeichnet Elisabeth Zöller für das Buch "Anton oder Die Zeit des unwerten Lebens" aus
Minister Armin Laschet hat am 7. November 2005 in Essen Elisabeth Zöller mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher ausgezeichnet. Die in Münster lebende Elisabeth Zöller erhält den Preis für ihr Buch "Anton oder Die Zeit des unwerten Lebens". Das im Verlag Fischer Schatzinsel erschienene Buch erzählt die Geschichte eines behinderten Kindes, das während der nationalsozialistischen Diktatur in Gefahr gerät, als "unwertes Leben" getötet zu werden. Das Buch zeige, so Minister Laschet, dass es moralischen Muts bedurft habe, um Verfolgte wie den Jungen Anton vor dem Zugriff des nationalsozialistischen Regimes zu retten. Es zeige aber auch, dass Zivilcourage und Toleranz, ein waches politisches Bewusstsein, die Bereitschaft, sich einzumischen und Unrecht nicht tatenlos hinzunehmen, wichtige Voraussetzungen seien, damit sich Geschichte nicht wiederhole.
Die Jury hat sich für "Anton oder die Zeit des unwerten Lebens" entschieden, weil das Buch den Auswahlkriterien des Gustav-Heinemann-Friedenspreises in jeder Hinsicht entspricht. Es hat einen Bezug zum Friedensgedanken, ist von überzeugender literarisch-ästhetischer Qualität und wurde ausdrücklich für die Zielgruppe Kinder geschrieben. Die Jury hob hervor, dass es Elisabeth Zöller geglückt sei, eine authentische Geschichte so unkonventionell und lebendig zu erzählen, dass deutsche Alltagsgeschichte zwischen 1933 und 1945 am Beispiel einer Beamtenfamilie aus Münster detailgetreu erfahrbar werde.
Der Gustav-Heinemann-Friedenspreis ist nach dem Deutschen Jugendliteraturpreis die wichtigste Auszeichnung für deutschsprachige Kinder- und Jugendbücher. Ausgezeichnet werden Romane oder Sachbücher, die Wissen vermitteln, wie Gewalt entsteht und wie sie wirkt, die Kinder und Jugendliche ermutigen, sich auch für Andersdenkende und gesellschaftliche Minderheiten einzusetzen, und die Zivilcourage und gewaltlose Formen der Konfliktlösung aufzeigen und unterstützen. Gustav Heinemann war von 1969 bis 1974 Bundespräsident. Der Preis der nordrhein-westfälischen Landesregierung, der an das friedenspolitische Engagement von Gustav Heinemann erinnert, wird in diesem Jahr zum 22. Mal vergeben. Er ist mit 7.500 Euro dotiert.
Die Autorin: Elisabeth Zöller, 1945 in Brilon geboren, studierte Deutsch, Französisch, Kunstgeschichte und Pädagogik in Münster, München und Lausanne. 17 Jahre war sie als Lehrerin an einem Gymnasium tätig, bevor sie sich ganz für das Schreiben entschied. Neben Beiträgen für Zeitschriften und Anthologien hat sie eine Reihe von Kinder- und Jugendbüchern veröffentlicht, die sich zum Teil mit eher heiteren Alltagsgeschichten, zum Teil aber auch mit sensiblen oder tabubeladenen Themen (Gewalt, Sexualität, Essstörungen etc.) befassen. Besonders bekannt wurde "Schwarzer, Wolf, Skin", ein Buch, das Elisabeth Zöller unter dem Pseudonym Marie Hagemann nach Recherchen in den Skinheadszene schrieb. Das Buch stand auf der Bestenliste des Zürcher Jugendbuchpreises "La vache qui lit" und trug der Autorin ein Arbeitsstipendium des Landes Niedersachsen ein. Für das Buch "Die Chaosfamilie lebe hoch" erhielt Elisabeth Zöller 1998 den "Paderborner Hasen", "Anna rennt" wurde 2001 mit dem Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet.
Das Preisbuch:
Elisabeth Zöller: Anton oder Die Zeit des unwerten Lebens. Mit einem Nachwort von Ernst Klee. S. Fischer: Frankfurt/M. 2004; 12,90 Euro.
Das Buch ist empfohlen für Kinder ab 12 Jahren.
Quelle: Website der Landesregierung von NRW: www.nrw.de
In "Anton oder die Zeit des unwerten Lebens" erzählt Elisabeth Zöller die Kindheitsgeschichte ihres Onkels, geboren 1932, der als Bube in die Straßenbahn gelaufen ist. Seither will ihm der rechte Arm nicht gehorchen. Er stottert und hat es verlernt "ich" zu sagen. Aus nationalsozialistischer Sicht gilt er trotz seiner mathematischen und künstlerischen Begabung als "lebensunwert". Damit läuft er Gefahr ermordet zu werden. Am Ende wird Anton nur überleben, weil ein barmherziger Arzt bereit ist, ihm einen Totenschein auszustellen.
Die Jury hält dieses Buch für auszeichnungswürdig, weil es der Autorin geglückt ist, eine authentische Geschichte so zu erzählen, dass deutsche Alltagsgeschichte zwischen 1933 und 1945 sinnlich erfahrbar wird. Durch ihre Technik der Collage verbindet Elisabeth Zöller historische Gegebenheiten mit fiktionalen Elementen. Das macht es ihr möglich wahlweise zu erzählen, zu berichten, zu reflektieren und zu kommentieren.
So entsteht eine Art literarisches Doku-Drama, das nach Ansicht der Jury geeignet erscheint, auf anregende und spannende Weise einen Dialog zwischen den Generationen über jene "Zeit des unwerten Lebens" zu fördern.
Elisabeth Zöller, 1945 in Brilon geboren, studierte Deutsch, Französisch, Kunstgeschichte und Pädagogik in Münster, München und Lausanne und war 17 Jahre als Lehrerin an einem Gymnasium tätig, bevor sie sich ganz für das Schreiben entschied.
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