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"Für seinen seit Jahren beharrlichen Kampf für eine Welt ohne Atomwaffen"
"For his steadfast work over many years for a world free of nuclear weapons"

Alternativer Nobelpreis für ehemaligen neuseeländischen Ministerpräsidenten David Lange
The 2003 Right Livelihood Honorary Award honours New Zealand’s former Prime Minister David Lange

Der frühere neuseeländische Ministerpräsident David Lange erhält einen der diesjährigen Alternativen Nobelpreise. Er werde für "seinen seit Jahren beharrlichen Kampf für eine Welt ohne Atomwaffen" ausgezeichnet, erklärte die Jury am 2. Oktober. Die anderen so genannten Right Livelihood Awards gehen an zwei Menschenrechtsaktivisten aus den Philippinen, eine Bürgerrechtsbewegung aus Südkorea und eine ägyptische Unternehmensvereinigung.

Lange machte international Schlagzeilen, als die von ihm geführte Regierung 1984 alle mit Atomwaffen ausgerüsteten Schiffe und Flugzeuge von neuseeländischem Territorium verbannte. Er war von 1984 bis 1989 Regierungschef in Wellington und betrieb eine umfangreiche Anti-Atom-Politik. Die USA brachen daraufhin alle militärischen und geheimdienstlichen Beziehungen sowie hochrangige Gespräche mit seinem langjährigen Verbündeten ab. Der Militärpakt ANZUS, dem neben Neuseeland auch Australien und die USA angehören, suspendierte die Mitgliedschaft Neusseelands. Die vorher guten Beziehungen sind auch nach fast zwei Jahrzehnten nicht völlig wiederhergestellt. Erst kürzlich bat ein US-Abgesandter Neuseeland, es möge im Interesse des Kampfes gegen den Terrorismus seine Häfen wieder für atomgetriebene US-Kriegsschiffe öffnen.

Am 3. Oktober bekräftigte Lange noch einmal seine strikte Ablehnung von Atomwaffen: "Wahnsinn, wie manche Leute denken, es sei großartig, mit einer Atommacht verbündet zu sein", sagte er. "Ich kann mir nichts Dümmeres vorstellen."

Die philippinischen Menschenrechtler Walden Bello und Nicanor Perlas werden für ihren Einsatz als Globalisierungskritiker ausgezeichnet. Der 1945 geborene Bello gilt als profiliertester Globalisierungskritiker in Asien und wurde in den achtziger Jahren bekannt, als er gegen Kredite der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds an das Marcos-Regime auf den Philippinen protestierte. Auch der fünf Jahre jüngere Perlas begann seine politischen Aktivitäten im Kampf gegen die Diktatur unter Marcos. Er leitet heute ein Zentrum zur Förderung alternativer demokratischer Initiativen.

Aus Südkorea wird die "Bürgerkoalition für wirtschaftliche Gerechtigkeit" geehrt, die neben neben dem Kampf um soziale Gerechtigkeit auch für die Versöhnung mit Nordkorea arbeitet. Sie wurde 1989 vor allem mit Blick auf krasse Ungerechtigkeiten bei der wirtschaftlichen Entwicklung Südkoreas gegründet und setzt sich mit inzwischen 35.000 Mitgliedern auch für Umweltschutz und demokratische Strukturreformen ein.

Das ägyptische Agrar-Unternehmen SEKEM und sein Gründer Ibrahim Abouleish erhalten einen Alternativen Nobelpreis für die Ausbreitung biodynamischer Anbaumethoden. SEKEM hält beim Anbau "Demeter- Standards" ein und produziert neben Bio-Lebensmitteln und Kräutertees auch Öko-Textilien aus ägyptischer Baumwolle, die unter anderem nach Deutschland und in die Schweiz exportiert werden.

Die Alternativen Nobelpreise werden seit 1980 nach einer Stiftung des Deutsch-Schweden Jakob von Uexküll für Leistungen beim Umweltschutz, der Friedenssicherung und der Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit vergeben. Die diesjährigen Preisträger erhalten ihre Auszeichnungen am 8. Dezember in Stockholm. Einen Tag später sind sie Gäste der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin.

Quelle: APA, dpa; Der Standard, 3. Oktober 2003


David Lange - scharfzüngiger Prediger gegen Atomwaffen

Über Großbritanniens "Eiserne Lady" Margaret Thatcher sagte er einmal, sie habe ihn angeschnauzt, als wären sie auf dem "Parteitag von Nürnberg". Und in der US-Regierung des älteren George Bush, so behauptete Neuseelands ehemaliger Premier David Lange, hätten ihm sogar manche nach dem Leben getrachtet, weil er in seiner Amtszeit (1984-89) den Inselstaat im Südpazifik zur atomwaffenfreien Zone machte. Für seinen "unerschütterlichen" Einsatz für eine atomwaffenfreie Welt wurde Lange (61) gestern in Stockholm der Alternative Nobelpreis zugesprochen.

Der Ehrenpreis der "Stiftung für richtiges Leben" kommt damit einem Mann zu, der auf ein ziemlich turbulentes zurückblickt. 1942 als Nachfahr von deutschen Einwanderern im neuseeländischen Auckland geboren, studierte er dort Jus und verdiente sich in einem Schlachthof den Lebensunterhalt. Als Anwalt arbeitete er zunächst in London, wo er seine erste Frau Naomi kennen lernte.

Der bald dreifache Familienvater eröffnete in einem Armenviertel Aucklands eine Anwaltspraxis und schärfte seine Rhetorik als methodistischer Laienprediger sowie bei Protesten gegen den Vietnamkrieg und gegen französische Atomtests im Mururoa-Atoll.

1977 für die Labour Party ins Parlament in Wellington gewählt, trug er dazu bei, die regierende Nationalpartei zu überholen. 1984 wurde er zum Premier gewählt. Das danach erlassene Gesetz, das Schiffen mit Atomwaffen den Zugang zu den Häfen Neuseelands verbot, lähmte praktisch den Anzus-Verteidigungspakt mit Australien und den USA.

Auch mit Paris legte sich Lange an, nachdem französische Agenten 1985 das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior" im Hafen von Auckland versenkt hatten. Auf Vermittlung der UNO holte er eine Entschuldigung Frankreichs und sieben Millionen Dollar Entschädigung heraus.

Innenpolitisch hatte der schwergewichtige Politiker (der zeitweilig 168 Kilo wog, ehe er sich einer Magen-Bypass-Operation unterzog) weniger Erfolg. Im Streit mit seinem Finanzminister, der drastische neoliberale Reformen durchzog, trat er 1989 von der politischen Bühne ab.

Danach setzte er sich in Büchern und Vorträgen (u. a. vor der UNO-Generalversammlung) für ein Ende der atomaren Rüstung ein, die er "moralisch nicht zu verteidigen" nannte. Als Delegierter von "Global Action" versuchte er Staatsmänner von der Atomwaffenfreiheit zu überzeugen, an die sich Neuseeland bis heute hält. Vergangenes Jahr war er so krank, dass seine zweite Frau Margaret schon Medienberichte über seinen bevorstehenden Tod dementieren musste. Heuer geht es ihm wieder gut genug, um Neuseelands Premierministerin Helen Clark in ihrer US-Kritik wegen des Irakkriegs lautstark zu unterstützen.

Erhard Stackl in: DER STANDARD, Printausgabe, 3.10.2003



2003 Right Livelihood Awards to Pioneers for a Saner World.

The 2003 Right Livelihood Awards go to individuals and organisations from New Zealand, the Philippines,South Korea and Egypt working for disarmament, justice, partnership and environmental sustainability.

The 2003 Right Livelihood Honorary Award honours New Zealand’s former Prime Minister David Lange, whom the Jury recognises "for his steadfast work over many years for a world free of nuclear weapons"

Four recipients share the 2003 Right Livelihood cash Award of SEK 2 million:
  • Walden Bello and Nicanor Perlas from the Philippines play crucial and complementary roles in developing the theoretical and practical bases for a world order that benefits all people. The Jury honours Bello and Perlas "for their outstanding efforts in educating civil society about the effects of corporate globalisation, and how alternatives to it can be implemented".
  • The Citizens’ Coalition for Economic Justice (South Korea) has since 1989 worked successfully to make Korean economic development more just, inclusive and democratic. The Jury commends "the rigour with which it has developed and disseminated its wide-ranging reform programme, based on social justice and accountability and the skill with which it is now applying the same values to promoting reconciliation with North Korea".
  • SEKEM (Egypt) shows how a modern business can combine profitability and engagement in world markets with a humane and spiritual approach to people and respect for the natural environment. The Jury sees in SEKEM "a business model for the 21st century in which commercial success is integrated with and promotes the social and cultural development of society through the ‘economics of love’ ".
Founded in 1980, the Right Livelihood Awards are presented annually in the Swedish Parliament and are often referred to as "Alternative Nobel Prizes". They were introduced "to honour and support those offering practical and exemplary answers to the most urgent challenges facing us today". Jakob von Uexkull, a Swedish-German philatelic expert, sold his valuable postage stamps to provide the original endowment. Alfred Nobel wanted to honour those whose work "brought the greatest benefit to humanity". Von Uexkull felt that the Nobel Prizes today ignore much work and knowledge vital for our world and future.


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