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Gewalt hinterlässt tiefe Spuren

Der UNFPA-Weltbevölkerungsbericht verdeutlicht, wie wichtig die Unterstützung für Frauen ist

Von Antje Stiebitz *

Der am Mittwoch (20. Okt.) in Berlin vorgestellte Weltbevölkerungsbericht des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) erzählt Geschichten von Menschen, die bewaffnete Konflikte, Vergewaltigung und Naturkatastrophen überlebten. Um das Leben danach zu gestalten, bedürfen vor allem Frauen der Unterstützung, betonen die Vertreterinnen des UNFPA, der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW) und des Entwicklungsministeriums.

Frauen führten selten einen Krieg, litten aber zu oft unter seinen schlimmsten Folgen, steht im diesjährigen UNFPA-Weltbevölkerungsbericht. Geschlechtsspezifische Gewalt wird immer häufiger zur Kriegsführung eingesetzt. Das verdeutlichten nicht zuletzt die jüngsten Geschehnisse in Kongo, erinnerte UNFPA-Vertreterin Bettina Maas.

Unter dem Titel »Krise, Frieden, Wiederaufbau: Gesellschaften im Wandel« hat der UNFPA-Weltbevölkerungsbericht geschlechtsspezifische Gewalt zum Themenschwerpunkt gewählt. Denn genau vor zehn Jahren hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die alle Parteien bewaffneter Konflikte aufrief, vor allem Mädchen und Frauen vor Gewalt zu schützen. Der Bericht zieht eine Zwischenbilanz.

Facettenreich untersucht der Bericht – erstmals in Form von Reportagen – Schicksale von Menschen in Ländern, die sich nach Krieg und Naturkatastrophen auf dem Weg der Stabilisierung befinden: Bosnien-Herzegowina, Liberia, Uganda und Osttimor. Auch die Palästinensischen Autonomiegebiete, Jordanien und das im Januar von schweren Erdbeben heimgesuchte Haiti werden beschrieben.

Aus dem Bericht gehe hervor, »wie die durch Vergewaltigungen erlittenen Traumata weit über das Kriegsende hinauswirken und ganze Gesellschaften destabilisieren«, erklärte Bettina Maas. »Damit die Betroffenen wieder ins normale Leben zurückkehren können, ist gesellschaftliche Unterstützung entscheidend: beispielsweise durch die Familie und Freunde, aber auch durch Nichtregierungsorganisationen und internationale Helfer.«

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung, die einen weiteren Aspekt aufgriff, sterben jedes Jahr 350 000 Frauen an den Folgen von Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt. 99 Prozent von ihnen in Entwicklungsländern. Medizinische Betreuung und Familienplanung könnten die meisten der Todesfälle verhindern. Doch gerade in Krisengebieten verlangsame sich der Zugang zu reproduktiver Gesundheitsfürsorge, betonte Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung. Zu oft mangele es an Verhütungsmitteln, Schwangerenbetreuung und Geburtshilfe. »200 Millionen Frauen auf der Welt wollen verhüten, haben aber keinen Zugang zu Verhütungsmitteln und 80 Millionen Frauen werden ungewollt schwanger.« Sie verwies auf die unglückliche Verquickung von Bevölkerungswachstum, Armut, der Notwendigkeit von Ressourcen und den damit vorprogrammierten Konflikten. Familienplanung sei ein bisschen aus der Mode gekommen und gerade deswegen sei es gut, dass der Bericht sich damit beschäftige.

Gudrun Kopp, Staatssekretärin beim Entwicklungsministerium, verwies auf eine entstehende Initiative, die sich in Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Stiftungen der selbstbestimmten Familienplanung durch Schulungen und Kampagnen widmen werde. 80 Millionen Euro sollen dafür zu Verfügung gestellt werden.

In vielen Ländern, so der Bericht, veränderten sich durch die Krise die Geschlechterrollen. Viele der Frauen führten ihre Familien durch die Krise und gewännen dadurch neues Selbstvertrauen. Den Frauen, so Kopp, komme eine Schlüsselposition zu. In vielen Ländern seien sie die »tragenden Säulen« der weiteren Entwicklung. Deswegen müssten sie gestärkt werden. Außerdem, betonte sie, sei es oft wichtiger, kulturelle und religiöse Hintergründe, beispielsweise bei der Ausbildung von Hebammen, zu beachten, als ein Krankenhaus zu bauen. Auch wenn solches Tun weniger sichtbar sei.

* Aus: Neues Deutschland, 21. Oktober 2010

Hier geht es zum ganzen Report (pdf-Datei, englisch)

Im Folgenden dokumentieren wir die Presseerklärung anlässlich der Vorstellung des Reports:

New UNFPA Report Links Peace, Security and Development to Women’s Rights and Empowerment

LONDON, 20 October 2010 — When women have access to the same rights and opportunities as men, they are more resilient to conflict and disaster and can lead reconstruction and renewal efforts in their societies, according to The State of World Population 2010, published today by UNFPA, the United Nations Population Fund.

The report’s release coincides with the 10th anniversary of the United Nations Security Council’s landmark resolution 1325, which aimed to put a stop to sexual violence against women and girls in armed conflict and to encourage greater participation by women in peacebuilding initiatives.

“When women and girls suffer deep discrimination, they are more vulnerable to the worst effects of disaster or war, including the weapon and humiliation of rape, and less likely to contribute to peacebuilding, which threatens long-term recovery,” said UNFPA’s Executive Director Thoraya Ahmed Obaid at the launch of the report.

“If we’re serious about preventing conflicts, recovering from war and natural disaster and building lasting peace, we need to empower women, as well as the young and the elderly, to become agents of positive change,” Ms. Obaid added.

Through the stories of individuals affected by conflict or catastrophe in Bosnia and Herzegovina, Haiti, Iraq, Jordan, Liberia, the Occupied Palestinian Territory, Timor-Leste and Uganda, the report shows how communities and civil society are healing old wounds and moving forward. However, more still needs to be done to ensure that women have access to services and have a voice in peace deals or reconstruction plans.

Security Council resolutions guide the international community’s response to conflict and establish the framework for actions to protect women and assure their participation in peacebuilding and reconciliation, “but they are not a substitute for grass-roots efforts to empower women and to build long-term resilience to crises of any sort,” Ms. Obaid wrote in the foreword to the report.

“Governments need to seize opportunities arising out of post-conflict recovery or emerging from natural disasters to increase the chances that countries are not just rebuilt, but built back better and renewed, with women and men on equal footing, with rights and opportunities for all and a foundation for development and security in the long run,” the report argues.

While conflict and disaster can worsen inequalities between men and women, Ms. Obaid said, “recovery from conflict and disaster also presents a unique opportunity—an opportunity to rectify inequalities, ensure equal protection under the law, and create space for positive change.”

***

UNFPA, the United Nations Population Fund, is an international development agency that promotes the right of every woman, man and child to enjoy a life of health and equal opportunity. UNFPA supports countries in using population data for policies and programmes to reduce poverty and to ensure that every pregnancy is wanted, every birth is safe, every young person is free of HIV/AIDS, and every girl and woman is treated with dignity and respect.

Source: Website of UNFPA; www.unfpa.org


Kopp: Deutschland räumt der selbstbestimmten Familienplanung höchste politische Priorität ein

Weltbevölkerungsberichts des UNFPA vorgestellt

Im Zentrum des diesjährigen Weltbevölkerungsberichts des UNFPA, dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, steht die Resolution 1325. Diese Resolution des UN-Sicherheitsrats hatte im Jahr 2000 erstmals alle Parteien bewaffneter Konflikte aufgefordert, Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt zu schützen und sie in Friedensverhandlungen einzubeziehen.

Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) stellte den Bericht am Mittwoch gemeinsam mit UNFPA und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Berlin vor. Anlässlich des 10. Jahrestages der Resolution 1325 wirft der Bericht einen Blick auf die Entwicklungen seit ihrer Verabschiedung. Der neue Bericht präsentiert auch eine Untersuchung zum Zugang zu reproduktiver Gesundheitsfürsorge.

Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesentwicklungsminister, Gudrun Kopp, betonte: "Die Bilanz zeigt, dass Fortschritte erzielt wurden: Die neuesten Daten verdeutlichen: Die Müttersterblichkeit konnte seit 1990 um ein Drittel reduziert werden. Ziel des MDG 5 ist es jedoch, eine Reduzierung um drei Viertel bis 2015 herbeizuführen. Hier sind wir alle weiter gefordert, um dieses Ziel zu erreichen. Der Bericht gibt klar Auskunft darüber, welche Faktoren sich besonders auf die gesundheitliche Versorgung und damit auch auf den reproduktiven Gesundheitszustand von Menschen auswirken: Bildungsstand, Einkommen und Wohnort. Deshalb setze ich mich auch für eine ganzheitliche Betrachtung der Millenniumsziele ein. Bildung, Einkommensmöglichkeiten, sauberes Wasser und die Stärkung von Frauenrechten sind für die Gesundheit ebenso wichtig wie der Zugang zu kurativen Dienstleistungen."

Deutschland räumt der selbstbestimmten Familienplanung höchste politische Priorität ein. Darum sollen die jährlichen Finanzmittel zur Unterstützung der selbstbestimmten Familienplanung und reproduktiven Gesundheit ab 2011 auf 80 Millionen Euro im Jahr verdoppelt werden und zudem die Förderung der Bildungsarbeit für Familienplanung erhöht werden. Die Parlamentarische Staatssekretärin betont: "Aber es geht nicht nur um Beträge – wichtig ist auch eine hohe Wirksamkeit der für die Entwicklungszusammenarbeit in der Familienplanung eingesetzten Mittel zu erreichen."

Die Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere zur Förderung der Resolution 1325, zielen darauf ab, Opfer von sexueller Gewalt und ehemalige weibliche Kombattanten zu unterstützen, zum Beispiel durch psychologische und medizinische Beratung, Maßnahmen zur Reintegration oder der Schaffung von geschützten Räumen wie Frauenhäusern. Zudem fördert Deutschland den Zugang zu Rechtsprechung für Frauen: Dazu werden die Rechtsberatungsangebote und Informationsmöglichkeiten für Frauen ausgebaut und es werden Möglichkeiten für Opfer geschaffen, als Nebenklägerinnen im Prozess mitzuwirken. Strafverfolgungsinstitutionen werden in Post-Konfliktländern unterstützt.

Quelle: Website des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), 20.10.2010; www.bmz.de




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