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EU-Parlament trotzt der Troika

Legitimität der Aktivitäten von EZB, IWF und Brüssel in Frage gestellt *

Im Europaparlament ist deutliche Kritik an den Aktivitäten der sogenannten Geber-Troika in den Euro-Krisenländern laut geworden. Im Wirtschaftsausschuss stellten Sprecher mehrerer Fraktionen die demokratische Legitimität der aus Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU-Kommission bestehenden Troika in Frage.

Die Arbeit dieses Gremiums sei nicht transparent, es sei auch keiner Kontrolle durch das Europaparlament unterworfen, betonte der österreichische Christdemokrat Othmar Karas. »Wer trifft in der Troika Entscheidungen und auf welcher Grundlage?« fragte Karas. Obwohl seit 2009 ein EU-Krisengipfel den anderen gejagt habe, hätten die Bürger nicht das Gefühl, dass ein Ende der Krise abzusehen sei, erklärte der SPD-Finanzexperte Udo Bullmann. Mehrere Abgeordnete warfen der Troika vor, sie habe mit ihren strikten Sparauflagen die Euro-Krisenländer weiter in die Rezession getrieben. Die Folgen seien immer höhere Arbeitslosenquoten und eine soziale Krise.

Der Vertreter der EZB in der Troika, Klaus Masuch, wies die Vorwürfe zurück. Es habe keine Alternative zu den Strukturreformen in den Euro-Krisenländern gegeben. In Griechenland etwa seien die Gehälter und Renten im öffentlichen Dienst viel zu hoch gewesen, was zu einer »enormen Staatsverschuldung« geführt habe. Im Übrigen zeigten die Programme nun erste Erfolge – in Irland, Portugal und Spanien habe sich die Lage verbessert, in Griechenland sei im ersten Halbjahr 2014 wieder mit Wirtschaftswachstum zu rechnen. »Es gibt Licht am Ende des Tunnels.«

Die »wirtschaftlichen Anpassungsmechanismen« in den Euro-Krisenländern seien »notwendig und unumgänglich«, betonte auch der Vertreter der EU-Kommission, Servaas Deroose. Ohne diese Programme wären die Auswirkungen der Krise inzwischen viel schwerwiegender. Der IWF war nach Angaben aus dem Ausschuss nicht bereit, einen Vertreter zu der öffentlichen Anhörung zu entsenden.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 7. November 2013


Von Misstrauen und Hass

Von Katja Herzberg **

Die Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds ist das Hassobjekt Nummer eins in Griechenland und anderen von der Krise betroffen Ländern. Am Mittwoch machten die Menschen in Hellas erneut ihrem Unmut Luft. Dass weit weniger Menschen als noch im letzten Jahr auf die Straßen gingen, bedeutet nicht etwa, dass die Arbeit der Troika an Akzeptanz gewonnen hat. Im Gegenteil, die geringe Beteiligung zeugt von Rat- und Hoffnungslosigkeit der Menschen gegenüber einem Gremium, das weder demokratisch legitimiert ist noch sonst Anlass bietet, die Betroffenen von der Notwendigkeit der von ihm durchgedrückten Maßnahmen überzeugen zu lassen.

Während die Gegenwehr der Bevölkerungen nachzulassen scheint, nehmen nun einige EU-Abgeordnete die Troika genauer unter die Lupe. Wenn sie ihren Bericht im Frühjahr vorlegen, werden womöglich Details über die interne Entscheidungsfindung zu Stellenstreichungen und Sozialbbau bekannt. An dem Grundproblem, der erforderlichen Neuausrichtung der EU-Krisenpolitik, wird er nichts ändern. Dazu könnte eine Stärkung der prosozialen Kräfte bei der anstehenden Europawahl beitragen und vielleicht ein/e neue/r Kommissionspräsident/in. Doch der chancenreichste Alternativkandidat zum derzeitigen Kommissionschef Barroso, Martin Schulz (SPD), biederte sich bereits dem Rat an. Seine Mitglieder, die Staats- und Regierungschefs, waren es, die die Troika einst einsetzten.

** Aus: neues deutschland, Donnerstag, 7. November 2013 (Kommentar)


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